Zum Hauptinhalt springen

TKG-Änderungsgesetz - Digitalarmut mit Ansage!

Rede von Anne-Mieke Bremer,

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Gesetzentwurf erklärt den Netzausbau zum überragenden öffentlichen Interesse. Was dieser Bundesregierung jedoch offenbar besonders am Herzen liegt, sind die überragenden Profitaussichten für Unternehmen. Minister Wildberger selbst war in Führungspositionen bei mehreren Mobilfunkkonzernen tätig. Er weiß genau, worum es geht. Wenn der privatwirtschaftlich organisierte Netzausbau kurzerhand zum überragenden öffentlichen Interesse erklärt wird, ohne dass dabei gemeinwohlorientierte Planung, soziale Standards oder ökologische Folgen eine Rolle spielen, dann wird dieser Begriff entkernt.

Überragendes öffentliches Interesse erfordert öffentliche Verantwortung, nicht den pauschalen Vorrang von Profitinteressen. Die sogenannte Mindestversorgung liegt weiterhin bei lächerlichen 15 Megabit pro Sekunde. Das mag für eine E-Mail oder eine kurze Recherche nach dem früheren Jahreseinkommen des Digitalministers reichen, nicht aber für Homeoffice, digitale Verwaltungsleistungen, Bildung oder gesellschaftliche Teilhabe im digitalen Raum.

(Beifall bei der Linken)

Und besonders absurd: Diese Mindestleistung muss nicht einmal in der Wohnung ankommen. Es genügt, wenn sie irgendwo außen am Haus verfügbar ist. Das ist Digitalarmut mit Ansage.

(Beifall bei der Linken)

Wer leidet darunter am meisten? Ältere Menschen, die auf Telemedizin angewiesen sind, Menschen mit Behinderung, die barrierefreie digitale Dienste brauchen, arme Menschen, die sich keine teuren Tarife leisten können, und Menschen im ländlichen Raum, die mangels lokaler Infrastruktur besonders auf digitale Angebote angewiesen sind und die vom Markt aus reinem Desinteresse ignoriert werden. Ein funktionierender Internetanschluss entscheidet über Bildung, Arbeit und soziale Integration.

Ich will zudem auf einen weiteren Missstand hinweisen: die oft skandalösen Zustände beim Glasfaserausbau. Löhne werden nicht gezahlt, Arbeitszeiten überschritten, Arbeiter/-innen eingeschüchtert. Das ist kein Einzelfall, das hat System: durch Subunternehmerketten, Lohndumping und fehlende Kontrollen. Eine Digitalisierung, die auf Ausbeutung basiert, ist kein Fortschritt. Wir fordern faire Löhne, verbindliche Tarifverträge und Mitbestimmungsrechte auch bei der digitalen Infrastrukturarbeit der Zukunft.

(Beifall bei der Linken)

Ein gerechter Netzausbau braucht mehr als beschleunigte Genehmigungen. Er braucht soziale Verantwortung, verbindliche Mindeststandards. Und für uns ist klar: Digitale Teilhabe regelt nicht der Markt; sie ist ein Grundrecht. Und gute Arbeitsbedingungen dürfen keine Option sein, sie müssen gesetzlich garantiert werden.

(Beifall bei der Linken)

Im Gesetzentwurf heißt es, die Bürgerinnen und Bürger seien gar nicht betroffen. Was für ein Zynismus! Wer auf dem Land auf lahmes Internet angewiesen ist, wer seine Miete nicht mehr zahlen kann, weil die Kosten für den Glasfaseranschluss aufgeschlagen werden, wer in Subunternehmen ausgebeutet wird, der ist sehr wohl betroffen. Denn auch das Unterlassen notwendiger Regelungen hat reale Folgen, und diese nimmt die Bundesregierung billigend in Kauf.

(Beifall bei der Linken)

Deshalb sagen wir: Dieses Gesetz muss besser werden – für die Menschen im Land, für die Beschäftigten im Ausbau, für eine digitale Zukunft, die niemanden zurücklässt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linken)