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Wild, wilder, Wildberger - PR-Show statt digitaler Gerechtigkeit

Rede von Anne-Mieke Bremer,

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Leider ist es Herrn Wildberger bislang nicht gelungen, einen eigenständigen Haushaltsplan für das neugeschaffene Ministerium für Digitales und Staatsmodernisierung vorzulegen, geschweige denn, rechtzeitig zur Haushaltswoche einen belastbaren Überblick über dessen zukünftige Struktur zu geben. Auch bleibt weiterhin offen, welche Zuständigkeiten künftig beim Bund liegen sollen, welche bei Ländern und Kommunen verbleiben und welche anderen Bundesministerien überhaupt bereit sind, Zuständigkeiten abzugeben. Das muss wohl die vielbeschworene Start-up-Mentalität sein, von der er immer wieder spricht.

(Beifall bei der Linken)

Man hat ihm offenbar ein „Mini-sterium“ mit begrenzten Befugnissen geschaffen, als PR-Trick, um Handlungsfähigkeit zu inszenieren, nicht aber, um die Digitalisierung ernsthaft voranzubringen.

Mit Herrn Wildberger hat man einen Minister berufen, der aus seiner Zeit in den Chefetagen von Telekommunikations- und Elektronikkonzernen sehr genau weiß, wie öffentliche Gelder zuverlässig in die Bilanzen der Privatwirtschaft umgeleitet werden.

(Beifall bei Abgeordneten der Linken)

Von den 4 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen, die sein Ministerium verwalten soll, fließen über 3 Milliarden Euro in den Mobilfunk- und Breitbandausbau und damit indirekt zu den ehemaligen Arbeitgebern des Ministers. Auf meine schriftliche Frage, ob Herr Wildberger selbst noch Vermögenswerte an diesen Unternehmen hält, kam übrigens nur eine ausweichende Antwort – und die auch noch von seinem Staatssekretär Philipp Amthor, dem ausgewiesenen Experten in Sachen Interessenkonflikte.

(Beifall bei der Linken – Heiterkeit bei Abgeordneten der AfD)

Ich fasse den Start des neuen Ministeriums kurz zusammen: wild, wilder, Wildberger.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Linken – Armand Zorn [SPD]: Oh, come on! – Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Das ist Niveau-Limbo auf höchstem Niveau! Mein Gott! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Was für ein Niveau!)

Der erste große Rückschritt in Sachen digitale Teilhabe ist dabei vor der Verabschiedung des Haushalts längst vollzogen. Entgegen der Ankündigung im Koalitionsvertrag wurde kurzerhand darauf verzichtet, die Stromsteuer für Privathaushalte zu senken. Ohne bezahlbaren Strom wird für viele Menschen der Zugang zum Internet, zu digitaler Kommunikation, zum Homeoffice, Onlinelernen und zu digitalen Behördenleistungen zum Luxus. So sieht soziale Spaltung im digitalen Zeitalter aus.

(Beifall bei der Linken)

Doch all das wird überschattet von den gigantischen Ausgaben zur Kriegsvorbereitung. Allein in diesem Jahr sind es knapp 95,5 Milliarden Euro nach NATO-Kriterien, mit weiterem Aufwuchs auf über 150 Milliarden Euro in den nächsten Jahren und womöglich noch darüber hinaus – und das alles auf Kosten der sozialen Sicherungssysteme, Bildung, Gesundheit und digitalen Teilhabe.

Wir stellen uns dagegen. Wir sagen Nein zur Aufrüstung, Nein zum Kriegshaushalt und Nein zur Wehrpflicht. Wir stehen für eine friedliche und solidarische Gesellschaft.

(Beifall bei der Linken)