Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um eines direkt festzustellen und Missverständnisse auszuschließen: Der Ausbau digitaler Infrastruktur muss beschleunigt werden. Es ist nicht hinzunehmen, dass ländliche Regionen abgehängt bleiben und vielen der Zugang zu digitaler Teilhabe verwehrt wird. Doch Ihre versprochene Beschleunigung wird vor allem eins schaffen: eine Überholspur für Telekommunikationskonzerne auf dem Weg zu risikoarmen Profiten. Und wer bleibt dabei auf der Strecke oder kommt unter die Räder? Soziale Versorgung, Umweltaspekte und Arbeitnehmer/-innenrechte. In Ihrem Geschwindigkeitsrausch übersehen Sie eines der skandalösesten Probleme: die katastrophalen Arbeitsbedingungen auf den Glasfaserbaustellen.
Im Digitalausschuss haben wir die Sachverständige Frau Danilova angehört. Sie berichtete von Menschen, die wochenlang in Zwölfstundenschichten arbeiten und am Monatsende keinen Lohn sehen, von sudanesischen Bauarbeitern in Rheinland-Pfalz, die so lange nicht bezahlt wurden, dass sie bei Anwohnerinnen und Anwohnern um Essen betteln mussten, von Beschäftigten, die nicht wissen, für wen sie überhaupt arbeiten, weil sie in vier- oder fünfgliedrigen Subunternehmerketten gefangen sind. Viele dieser Menschen leben in Angst, weil sie sich materiell in absoluter Abhängigkeit vom Arbeitgeber befinden. Sie haben keinen Arbeitsvertrag, keine Lohnabrechnung, keinen Versicherungsschutz, und ihnen wird der Zugang zu ihren Rechten systematisch verwehrt.
(Beifall bei der Linken)
Und was tun Sie? Nichts! Kein Wort im Gesetz dazu, kein Schutz, keine Verpflichtung für die Auftraggeber, keine Zerschlagung dieser ausbeuterischen Ketten. Angesichts seines Karrierewegs durch Chefetagen der Mobilfunkwirtschaft und CDU-naher Lobbyorganisationen ist anzunehmen, dass Herr Wildberger die Augen vor genau diesen Problemen verschließen wird, jenen Problemen, zu deren Lösung er nun eigentlich beitragen müsste.
(Beifall bei der Linken – Zuruf des Abg. Steffen Bilger [CDU/CSU])
Damit Herr Wildberger nicht als Minister für Digitalarmut und Staatsversagen in Erinnerung bleibt, haben wir mit einem eigenen Entschließungsantrag konkrete Vorschläge zur Verbesserung der Situation eingebracht. Darin fordern wir unter anderem eine Verpflichtung zur Einhaltung tariflicher Standards bei der Vergabe öffentlicher Aufträge,
(Jörn König [AfD]: Das ist doch heute schon so!)
eine klare Begrenzung der Subunternehmerketten auf maximal zwei Ebenen, eine gesetzlich verankerte Generalunternehmerhaftung bis ganz nach oben zu den Glasfaseranbietern sowie die klare rechtliche Einordnung der Glasfaserverlegung als Tiefbau, damit Tarifverträge gelten und die Beschäftigten abgesichert sind.
(Beifall des Abg. Sascha Wagner [Die Linke])
Unser Antrag verdeutlicht: Die katastrophalen Arbeitsbedingungen sind kein Nebenschauplatz, sie sind ein Skandal mitten im digitalen Aufbruch. Wer das ignoriert, macht sich mitschuldig.
(Beifall bei der Linken)
Wir als Linke stimmen daher diesem Gesetz nicht zu, nicht weil wir gegen den Ausbau sind, sondern weil wir für Gerechtigkeit stehen. Digitalisierung darf kein Deckmantel für Deregulierung sein. Öffentliche Infrastruktur braucht öffentliche Verantwortung, sozial, ökologisch und solidarisch.
Vielen Dank.
(Beifall bei der Linken)