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Verprasst, verschleiert, geschwärzt: Spahns Masken-Milliarden

Rede von Ates Gürpinar,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es geht um mindestens 3,5 Milliarden Euro, die der Staat aufgrund eines groben Fehlverhaltens des heutigen Unionsfraktionsvorsitzenden und damaligen Gesundheitsministers Jens Spahn verloren hat. Und es geht um einen Untersuchungsbericht, der darüber angefertigt wurde. Nun geht es um einen Bericht über den Bericht, angefertigt vom nun CDU-geführten Gesundheitsministerium, und um ein Argumentationspapier aus den Reihen der Union, um in diesem ganzen Skandal Jens Spahn zu decken. Denn anstatt endlich Konsequenzen zu ziehen, versucht die Union, in Papieren und mit Verteidigung perfidester Art Frau Dr. Sudhof in den Dreck zu ziehen, und schreckt dabei auch vor neuen Unwahrheiten und Verschleierungen nicht zurück. Lassen Sie mich darauf ein bisschen genauer eingehen, um anschließend meine Forderungen an die demokratischen Fraktionen in diesem Bundestag deutlich zu machen.

Erstens, noch fast eine Kleinigkeit. Sie werfen der Berichterstatterin Frau Dr. Sudhof vor, nur vereinzelt mit Quellen zu arbeiten, schwärzen in diesem Bericht aber die Quellen, mit denen die Kollegin gearbeitet hat, und machen dies für die Abgeordneten damit nicht überprüfbar.

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das zumindest ist schon mal ein bisschen absurd.

Zweitens. Sie behaupten, dass die Berichterstatterin sich in ihrem Bericht nicht an die Aufgabenstellung gehalten hätte. Sie werfen ihr quasi vor, zu viel gemacht zu haben, um Spahn zu beschädigen, sich auch mit Handlungen des damaligen Ministers befasst zu haben, was gar nicht ihre Aufgabe gewesen sei. Um die vermeintlich kleinere Aufgabenstellung zu belegen, zitieren Sie selbst aus einer Antwort auf Ihre Kleine Anfrage zum Sudhof-Auftrag vom letzten Jahr – übrigens auch ohne Quellenangabe –, aber das tun Sie auch noch unvollständig. Wenn man sich nämlich die gesamte Antwort anschaut, erkennt man, dass Sie einen relevanten Teil auslassen. Dort ist zu lesen, dass Frau Dr. Sudhof „die Vorgänge und Verträge sowie die Prozessführung zu dem im Jahr 2020 durchgeführten Open-House-Verfahren zur Deckung des Bedarfs an medizinischer Schutzausrüstung überprüfen“ soll. Sie geben die Aufgabenstellung an die Berichterstatterin bewusst verkürzt wieder

(Dr. Janosch Dahmen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ganz genau!)

und behaupten dann, dass sie über das Ziel hinausgeschossen sei. Wie absurd ist das denn!

(Beifall bei der Linken und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Drittens – einen habe ich noch –: Sie behaupten nun in Ihrem tollen Argumentationspapier, dass die Ampel in der eben schon benannten Antwort auf Ihre Kleine Anfrage behauptete, dass Steuermittel und die Beschaffung von Schutzmasken in der Pandemie verantwortungsvoll eingesetzt worden wären. Nur, das steht da gar nicht drin. Dort wird sich explizit nur auf den damaligen Finanzminister Olaf Scholz und nicht auf die Maskenbeschaffung unter Spahn bezogen. Noch einmal: Wie absurd ist das denn!

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sie schwärzen, Sie verkürzen, Sie verschleiern, um davon abzulenken, dass Ihr Fraktionsvorsitzender – es ist irgendwie passend, dass sein Stuhl leer ist, aber ich glaube, er hört ein bisschen zu – den Staat um Milliarden Steuergelder erleichtert hat.

Aber in einem haben Sie in Ihrem Bericht vollkommen recht: Sie beschweren sich, dass Frau Dr. Sudhof Jens Spahn nie befragt habe. Ich mache Ihnen ein Angebot: Lassen Sie uns diesen Fehler wiedergutmachen!

(Christian Görke [Die Linke]: Richtig!)

Lassen Sie uns in einem von den demokratischen Kräften des Hauses eingesetzten Untersuchungsausschuss

(Beifall bei der Linken und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jens Spahn rauf und runter befragen! Wenn die Union moniert, dass Spahn nicht befragt wurde, kann der Fraktionsvorsitzende der Union ja sicher für Zustimmung in seiner Fraktion sorgen. Ich gehe davon aus, dass die Kolleginnen und Kollegen der SPD ein Interesse an Aufklärung haben dürften, insbesondere da die Verfasserin des Berichts eine ehemalige Staatssekretärin der SPD ist, die durch das Gesundheitsministerium offensichtlich demontiert werden soll.

3,5 Milliarden Euro, verprasst von einem Menschen, der jedem Erwerbslosen den letzten Rest Würde nehmen möchte,

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

wenn er einen Termin beim Jobcenter verpasst. Sie könnten ihr mehr als 320 000 Jahre das Bürgergeld finanzieren, errechnete eine Kollegin. Sie könnten die Finanzierung des Deutschlandtickets für über ein Jahr garantieren – vollständig! Sie könnten, Sie könnten, Sie könnten.

Herr Spahn könnte sich vielleicht mal einen Moment vorstellen, er wäre ein von der Kürzung Betroffener, er wäre jemand, der sich die Miete nicht mehr leisten kann, weil das Geld nicht mehr reicht aufgrund seiner Politik. Er wäre einer derjenigen, für die bei der Pandemie nur ein Klatschen übrig war. Stellen Sie sich das doch einen Moment vor – und fühlen Sie dann die Debatte!

Und jetzt, abschließend für Sie und vor allem für den hoffentlich zuhörenden Herrn Spahn, hören Sie einmal auf Friedrich Schiller!

(Lachen der Abg. Dr. Christina Baum [AfD])

Friedrich Schiller schrieb über Charakter:

"„Strenge gegen sich selbst, mit Weichheit gegen andre verbunden, macht den wahrhaft vortrefflichen Charakter aus. Aber meistens wird der gegen andere weiche Mensch es auch gegen sich selbst, und der gegen sich selbst strenge es auch gegen andere sein; weich gegen sich und streng gegen andre ist der verächtlichste Charakter.“"

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ordnen Sie sich ein, Herr Spahn! Ordnen Sie sich ein und prüfen Sie, ob solche Charaktere Leitungsfunktionen in diesem Staat erfüllen sollten!

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)