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Pandemie der Ungleichheit

Rede von Ates Gürpinar,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist gut, dass wir uns nun in einer Enquete-Kommission mit der Aufarbeitung der Pandemie beschäftigen wollen. Wir als Die Linke hatten einen Antrag zur Einsetzung einer solchen Kommission noch im Oktober 2024 vorgelegt. Dann kamen Neuwahlen. Umso besser, dass die Koalition diesen Gedanken in ihrem Koalitionspapier festhielt und nun selbst eine solche Kommission vorschlägt.

Die Pandemie wurde und wird zu Recht als eine Ausnahmesituation beschrieben. Die Ausnahmesituation hat bereits bestehende Unterschiede und Ungerechtigkeiten in dieser Gesellschaft noch deutlicher gemacht und vertieft. Benachteiligte Personengruppen hat es in dieser Situation besonders hart getroffen. Sie wurden oft kränker, starben häufiger, wurden in mehr Kontakte gezwungen und waren von den Einschränkungen härter betroffen. Dabei wurden sie von den damaligen Regierungen weitgehend alleingelassen.

Die Regierungen hatten für diejenigen, die den Laden am Laufen hielten, nur ein Klatschen übrig. Das war ein Hohn angesichts der Arbeit und der Gefahren, die die Gesundheitsarbeiter/-innen, die Erzieher/-innen und die Menschen im Einzelhandel tagein, tagaus zu bestehen hatten.

(Beifall bei der Linken)

Die Vereinzelung hat enorm zugenommen. Bis heute sind die Folgen insbesondere bei Kindern und Jugendlichen spürbar. Gleichzeitig nutzten andere selbst in dieser Zeit legale und illegale Möglichkeiten, um weiter Gewinne zu machen. Auch daher – da schließe ich mich Herrn Wagner an – sei an dieser Stelle noch mal einzuwenden: Eine Enquete-Kommission ersetzt nicht die Aufarbeitung von offensichtlichem Fehlverhalten, zum Beispiel vom ehemaligen Gesundheitsminister Jens Spahn. So etwas muss in einem Untersuchungsausschuss passieren, sehr geehrte Damen und Herren.

(Beifall bei der Linken und der AfD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vieles ist mir im Kopf geblieben: Eine mir sehr nahestehende Ärztin, die fast in Tränen ausbrach, als zum x-ten Mal nach einem langen Tag in der Corona-Intensivstation um 9 Uhr abends kräftig auf dem Balkon geklatscht wurde. Sie meinte, das klinge wie Hohn in ihren Ohren, weil sie in der Realität völlig im Stich gelassen würden. Oder eine Videokonferenz, als wir in der Partei von Schulschließungen sprachen. Eine sehr kluge Genossin meinte: Wenn Schulen geschlossen werden, gibt es manche, die keine Probleme haben, die lernen zu Hause, und es gibt welche, um die sich nicht gekümmert wird, die keinen Laptop, keinen Raum, keine Hilfe haben. Das sind die Menschen, um die wir uns kümmern müssen, weil sich sonst niemand um sie kümmert.

(Beifall bei der Linken)

Die Linke wird sich auch in der Enquete-Kommission vor allem darum bemühen, dass diejenigen berücksichtigt werden, die von den anderen Parteien nicht gesehen wurden: die Armen, die Alten, die Schwachen, jene, die in der Pandemie noch schwächer geworden sind.

Abschließend: Vieles ist angedacht in diesem Antrag, anderes vermisse ich. So werden die Folgen für die Erkrankten und die notwendigen Konsequenzen auch aufgrund der speziellen Art der Krankheit außen vor gelassen: ME/CFS und Post Covid werden auch von der jetzigen Regierung in diesem Antrag nicht berücksichtigt. Lassen Sie uns auch diejenigen mitnehmen, die jetzt noch unter den Folgen leiden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linken)