Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe als religionspolitischer Sprecher darum gebeten, dass ich das Wort ergreifen darf.
Der Pfau steht als Symbol für das Heiligste, was für Jesidinnen und Jesiden ihre Religion ausmacht. Die älteste monotheistische Religion der Welt ist gekoppelt an eine Form, die man als Abstammungsreligion verstehen muss. Was Jesidinnen und Jesiden eigentlich wollen, ist: Sie wollen in ihrer Heimat leben, und sie wollen in ihrer Heimat endlich nicht mehr verfolgt sein. Das sage ich aus tiefstem Herzen, weil ich in den zehn Jahren als Ministerpräsident mit meiner jesidischen Gemeinschaft immer zusammengestanden habe.
Ich will auch darauf hinweisen, dass ich dem Deutschen Bundestag dankbar war, dass der Genozid im Shingal festgestellt und anerkannt worden ist. Herr Kollege Silberhorn hat das gerade als Ausgangspunkt seiner Rede genommen.
(Beifall bei der Linken, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich danke auch dem Kollegen Demir von der SPD, der gesagt hat: Lasst uns darüber reden, wie der Weg sein könnte.
Ich will darauf verweisen: Es geht um ein sehr spezielles Thema, das in der ganzen Migrationsdebatte bitte nicht untergehen sollte. Es geht um verfolgte Menschen, die ihr Leben in Frieden leben wollen, aber permanent ausgegrenzt und unterdrückt werden. Im Shingal sind die Frauen vergewaltigt und versklavt worden.
Ich danke Winfried Kretschmann in Baden-Württemberg, der ein Sonderprogramm für vergewaltigte jesidische Frauen aufgelegt hat – ein Riesenproblem und eine riesige Kraftanstrengung, aber ein Hinweis darauf, dass es auch bei uns offensichtlich andere Möglichkeiten gibt, Lösungen zu finden; ob der Gesetzentwurf in diesem Zusammenhang schon ausreichend ist, weiß ich gar nicht.
(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich will Sie darauf hinweisen: Wir haben vorgestern im Paul-Löbe-Haus die Ausstellung „Gesetz zum Leben – Wie jüdische Kontingentflüchtlinge in Deutschland ankamen“ eröffnet. Es ist eine interessante Ausstellung, die zeigt, wie Jüdinnen und Juden auf Basis des Ergebnisses des Runden Tisches der DDR eingeladen worden sind, nach Deutschland zu kommen. Die Bundesrepublik Deutschland hatte auf Basis der Boatpeople-Entscheidungen – es ging um südvietnamesische Boatpeople – 1991 entschieden – der niedersächsische Ministerpräsident hat damals eine wunderbare humanitäre Entscheidung jenseits von Asylrecht und anderen Fragen getroffen, indem er einfach gesagt hat: „Wir müssen helfen“, und so ging es zum ersten Mal los mit den Kontingentflüchtlingen –: Wir laden Jüdinnen und Juden aus der zusammenbrechenden Sowjetunion ein. Weit über 300 000 Menschen sind so gekommen und unsere Bürger geworden. Ich lade Sie ein: Gucken Sie sich die Ausstellung an! Es lohnt sich.
Meine Bitte: Wenn wir über Jesidinnen und Jesiden reden, dann reden wir über verfolgte Menschen, über die älteste monotheistische Religion, die wir kennen, eine Religion, die niemand anderem aufgedrängt wird. Das ist der Unterschied – das sage ich als bekennender Christ –: Jeside kannst du nicht werden, du bist es durch Geburt. Deswegen ist das keine aggressive Form von Religion, die andere Menschen irgendwie einzwängen will. Diese Menschen leben bei uns. Und jetzt geht es darum: Schaffen wir einen Weg, wie sie bei uns bleiben können! Bitte helfen Sie, dass wir einen Weg finden.
Vielen Dank.
(Beifall bei der Linken, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

