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Menschenwürde verteidigen, Armut stoppen!

Rede von Cansin Köktürk,

Herr Präsident! Abgeordnete der demokratischen Fraktionen!

(Stephan Brandner [AfD]: Hallo!)

Als langjährige Sozialarbeiterin und Teil einer kritisch-wachsamen linken Opposition sehe ich es als meine Pflicht an, der CDU/CSU-Fraktion und besonders Herrn Merz die tiefere Bedeutung des Wortes „sozial“ zu erklären

(Dr. Hendrik Hoppenstedt [CDU/CSU]: Das ist sehr freundlich! Danke!)

und Sie in den nächsten vier Jahren immer wieder daran zu erinnern, was es bedeutet, Politik für Menschen zu machen und nicht für Milliardäre.

(Beifall bei der Linken)

Als jemand, der vermutlich mehr Aktienpakete hat, als dass er wirklich mit armutsbetroffenen Menschen gesprochen hat, hat Merz absolut keine Ahnung, wovon er da eigentlich redet. Aber was soll man auch erwarten, wenn Manager und Lobbyisten plötzlich Sozialpolitik machen wollen?

(Beifall bei Abgeordneten der Linken)

Ihre gestrige Regierungserklärung ist ein sozialpolitisches Armutszeugnis. Aber ich hole Sie mal kurz zurück in die Realität. Und die sieht für viele Menschen in diesem Land ganz anders aus, als Sie es sich in Ihrem Privatjet vorstellen.

Sie wollen bei den Ärmsten kürzen – nicht bei Rüstung, nicht bei Konzernsubventionen, sondern beim Bürgergeld,

(Peter Aumer [CDU/CSU]: Wir wollen, dass die mehr haben als bei euch!)

spürbar bei Menschen, die sich am wenigsten wehren können, die keine Lobby haben.

(Marc Biadacz [CDU/CSU]: Wir wollen Arbeit schaffen, Frau Köktürk! Arbeit schaffen!)

Ihre Koalition will den vollständigen Leistungsentzug. Sie wollen Menschen bestrafen, statt ernsthaft Probleme zu lösen. Wer krank ist, Kinder alleine großzieht, einen Termin verpasst oder keinen miesen Job annehmen kann, dem drohen null Euro. Und das Absurdeste daran ist: Sie erzählen das mit einer arroganten Selbstverständlichkeit, als seien Menschen nur Zahlen.

(Beifall bei der Linken)

Herr Merz, das ist kein Sparprogramm, das ist vor allem verfassungswidrig, und es ist zutiefst unmenschlich. Was Sie offenbar nicht verstanden haben, in der gesamten Regierung: Armut ist real. Sie betrifft Millionen Menschen, Menschen, die schuften, pflegen, sich aufopfern, Menschen, die mit dem letzten 10-Euro-Schein überlegen, ob sie das Kind noch satt bekommen oder lieber die Stromrechnung zahlen.

Und an dieser Stelle ein deutlicher Appell an Sie, Frau Ministerin Bas: Ich war viele Jahre an der Front als Sozialarbeiterin in den Familien unterwegs. Ich habe mit Menschen gearbeitet, deren Kühlschrank leer ist, die sich das Schulessen für ihre Kinder nicht leisten können. Wenn Sie wirklich Sozialdemokratin sind, dann stehen Sie aktiv auf und sagen Nein zu dieser Merz-Agenda! Verraten Sie nicht den Sozialstaat!

(Beifall bei der Linken)

Die Ignoranz eines reichen Mannes gegenüber von Armut betroffenen Menschen darf niemals zur Handlungsgrundlage einer Bundesregierung werden. Und seien Sie sich sicher: Wir werden ganz laut dafür kämpfen, dass niemand in diesem Land unter das Existenzminimum fällt und vor allem niemand vergessen wird. Das ist nicht nur eine politische Frage, das ist auch eine Frage der Verfassung, der Menschenwürde und der Menschlichkeit.

Und abschließend: Wer unsere Verfassung verachtet, kann gar nicht über den Sozialstaat sprechen. Also, AfD: Einfach mal ein bisschen leise sein!

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linken)