Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Außenminister! Wir reden heute abschließend über die Verlängerung des Anti-IS-Einsatzes. Was mir aber total fehlt: Wir sprechen kaum darüber, wer eigentlich diesen heldenhaften Kampf geführt hat. Wir sollten nicht darüber reden, wer am Schreibtisch saß, sondern darüber, wer am Boden gekämpft hat, wer sozusagen den Häuserkampf geführt hat. Deshalb spreche ich hier von den kurdischen Kämpferinnen und Kämpfern. Mir fehlen gerade die Würdigung, die Demut und auch der Respekt.
(Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe es gerade in meiner Rede als Erstes gesagt!)
– Ich habe in keiner Weise gehört, dass irgendjemand hier die kurdischen Kämpferinnen und Kämpfer erwähnt hat. Und das ärgert mich, ehrlich gesagt, total.
(Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe die Peschmerga erwähnt!)
Sie haben selber die Bilder gesehen. Sie haben die kurdischen Frauen gesehen, die mit Kalaschnikows gegen den IS gekämpft haben, die sich deren Kämpfern in den Weg gestellt haben und somit Tausenden Jesidinnen und Jesiden das Leben gerettet haben. Das muss hier auch einmal anerkannt werden.
(Beifall bei der Linken – Jürgen Hardt [CDU/CSU]: Das tun wir ja!)
Damals haben die kurdischen Kämpferinnen und Kämpfer keine Sekunde überlegt. Sie haben sich dem IS in den Weg gestellt,
(Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit deutschen Waffen!)
während die damalige Bundesregierung noch ganz gemütlich darüber philosophierte, ob man die Türkei verärgere, wenn man die Kurdinnen und Kurden in diesem Kampf unterstütze.
Ich war zu der Zeit, als der IS durch den Irak, aber auch durch Syrien wütete, an der Grenze zu Kobanê. Ich habe miterlebt, wie der Islamische Staat eine militärische Stellung eroberte und seine Fahne hisste. Es war tatsächlich der Kampf um Kobanê, der strategisch und militärisch ein Wendepunkt in diesem Kampf war.
Sehr gerne.
Danke für die Erlaubnis, liebe Frau Kollegin. – Ist Ihnen bekannt, dass der Kampf der Peschmerga zum Schutz der Jesiden und anderer in der Region der Punkt war, an dem die deutsche Bundesregierung zum ersten Mal von ihrem Grundsatz abgewichen ist, keine Waffen in Krisengebiete zu liefern, und dass wir hier im Deutschen Bundestag – ich glaube, mit einer relativ breiten Mehrheit – entschieden haben, Waffen, unter anderem Panzerfäuste und Raketenabwehrsysteme, zu liefern, damit die Peschmerga diesen Kampf erfolgreich führen können? Würden Sie zubilligen, dass wir, im Nachhinein gesehen, richtig entschieden haben?
Herr Hardt, Sie wissen, ich habe einen kurdischen Hintergrund. Ich war von dieser Situation menschlich sehr betroffen. Deshalb habe ich die Debatte auch sehr genau beobachtet, mitverfolgt und war sehr aktiv. Dementsprechend ist mir klar, dass das passiert ist. Aber ich möchte in meiner Rede noch auf etwas hinweisen, was meiner Auffassung nach gerade die Maßnahme, die Sie erwähnt haben, aber auch den gesamten Einsatz ziemlich schwächt. Aus meiner Perspektive ist das ziemlich heuchlerisch, weil wir im Endeffekt gerade reaktionäre Kräfte stärken, die dem Islamischen Staat ideologisch nahestehen. Das steht meiner Auffassung nach der Maßnahme, die Sie jetzt gerade erwähnt haben, ziemlich im Weg. Das ist für mich, ehrlich gesagt, eine heuchlerische Politik. Ich habe das eben in Bezug auf die Kurdinnen und Kurden erwähnt, weil niemand hier darauf eingegangen ist, wo überhaupt dieser Wendepunkt war.
(Beifall bei der Linken – Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe „Peschmerga“ gesagt!)
Ich war ja gerade dabei, zu erzählen, dass ich zu dem Zeitpunkt an der Grenze zu Kobanê war und beobachtet habe, was für Gräueltaten der IS dort begangen hat. Ich habe einen kurdischen Hintergrund. Ich habe wirklich vieles erlebt; aber das hat wirklich alles an Gräueltaten übertroffen, was Kurdinnen und Kurden, Jesidinnen und Jesiden in ihrer Geschichte erlebt hatten. Ich möchte – auch weil jetzt die Fahne der freien kurdischen Frauen dort weht – noch mal Danke sagen. Mein Dank gilt vor allen Dingen den kurdischen Kämpferinnen,
(Beifall bei der Linken)
die dafür gesorgt haben, dass der IS am Boden besiegt wurde, und die jetzt versuchen, ihn wirklich kleinzuhalten.
(Jürgen Hardt [CDU/CSU]: Mit deutschen Waffen!)
– Deutsche Waffen waren leider auch in den Händen von Kämpfern des Islamischen Staates; auch das gehört zur Wahrheit. Entschuldigen Sie bitte!
Sie sagen ja, dass Sie mit Ihrer Außenpolitik für Stabilität sorgen. Aber, meine Damen und Herren, man sorgt nicht für Stabilität und kann den IS nicht bekämpfen und schwächen, wenn man diejenigen kriminalisiert, die den Kampf gegen ihn führen, und zwar innenpolitisch. Man kann den IS auch nicht bekämpfen und schwächen, wenn man seine ideologischen Verbündeten hofiert.
Dementsprechend ist diese Verlängerung für mich Teil einer heuchlerischen Politik. Wer Terror bekämpfen will, darf progressive Kräfte nicht schwächen und darf, wenn er Frieden möchte und sich wirklich als Friedensakteur betrachtet, –
– reaktionäre Kräfte nicht aufrüsten.
(Beifall bei der Linken)
