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UNIFIL-Einsatz beenden und Zivilgesellschaft stärken!

Rede von Cansu Özdemir,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn wir uns die Situation vor Ort angucken, dann kann man jetzt, nach 19 Jahren Einsatz, feststellen, dass die Probleme sehr komplex sind, dass wir es hier mit multiplen Krisen zu tun haben und dass die Situation im Libanon nicht einfach militärisch zu lösen ist. Das sollte nach 19 Jahren Einsatz eigentlich ganz klar sein.

(Beifall bei der Linken)

Ich frage mich tatsächlich, warum es hier keine selbstkritische Aufarbeitung gibt. Manche sprechen ja von einer Waffenruhe; aber diese Waffenruhe sehe ich, ehrlich gesagt, nicht. Im Endeffekt greift die Hisbollah Israel an, und Israel schlägt scharf zurück. Die Leidtragenden sind die Menschen im Libanon und in Israel, und das bedeutet für sie, aber im Endeffekt auch für die Einsatzkräfte Angst, Gewalt, aber auch die Unsicherheit, gerade in diesen Tagen, was eigentlich als Nächstes passiert.

Ziel des Einsatzes während dieser 19 Jahre war ja, dass der Waffenschmuggel unterbunden wird. Aber der wurde gar nicht unterbunden, und von daher muss man sich doch mal die Frage stellen, was in diesen 19 Jahren eigentlich so sinnvoll war an diesem Einsatz. Also, das Ziel wurde nicht erreicht. Dieser Einsatz war wirkungslos.

Es gibt Konfliktursachen, und diese Konfliktursachen werden in Ihrer Politik überhaupt nicht adressiert. Es gibt keine kritische Reflexion. Deshalb kann man zusammengefasst sagen, dass wir hier von einer Symbolpolitik sprechen. Denn, meine Damen und Herren, die Ansätze passen nicht zusammen. Auf der einen Seite soll der Waffenschmuggel verhindert, unterbunden werden, auf der anderen Seite gibt es aber weiterhin Waffenexporte in diese Region, in der so viele Krisenherde sind. Das passt nicht zusammen, und das müssen Sie mal hinterfragen.

(Beifall bei der Linken)

Ich finde es sehr wichtig, einfach mal zu gucken: Wie sieht es eigentlich im Libanon aus? Welche Kräfte gibt es da? Und dann muss man doch auch mal über die traditionell starke feministische Bewegung im Libanon sprechen, die in den letzten Jahrzehnten wirklich viel bewirkt hat, zum Beispiel die Einführung des Frauenwahlrechts 1952. Aber auch: Nach Ende des Bürgerkriegs 1990 haben sich viele NGOs und feministische Initiativen gegründet, die sich 2015 im Zuge der Müllkrise, aber auch 2019 und 2020 im Zuge der Massenproteste gegen Korruption an die Spitze der Proteste gestellt und diese mit angeführt haben. Gerade Organisationen wie KAFA oder auch Nasawiya lehnen die Instrumentalisierung von Frauenrechten zur Legitimation internationaler Sicherheitspolitik ohne tatsächliche Verbesserungen für Frauen im Alltag ab. Und sie kritisieren ganz klar die Dominanz von Sicherheitslogiken.

Meine Damen und Herren, das tun wir auch. Wir schließen uns dieser Position an, weil wir gesehen haben, dass es auch nach 19 Jahren für die Menschen keine großen Verbesserungen gibt. Deshalb würden wir vorschlagen, dass auch Sie diese Position einmal hinterfragen.

(Beifall bei der Linken)