Zum Hauptinhalt springen

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.

Rede von Cem Ince,

Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben! Produktsicherheit ist vorbetrieblicher Arbeitsschutz. Wer über sichere Produkte redet, redet über sichere Arbeit – über das, was Beschäftigte tagtäglich in den Händen halten, über Leitern, Maschinen, Werkzeuge.

Gefährliche Arbeit ist kein Unfall – sie ist Geschäftsmodell. Wer am Schutz spart, senkt Kosten und steigert damit den Profit der Bosse. Am Ende zahlen Kolleginnen und Kollegen mit ihrer Gesundheit oder ihrem Leben. Arbeitsschutz ist keine rein technische Angelegenheit; er steht im Kontext mächtiger Klassenverhältnisse.

Die Arbeitsministerin Bärbel Bas forderte vor Kurzem völlig zu Recht, dass wir kämpfen müssen. So ist es auch beim Arbeitsschutz. Er wird erkämpft – gegen Widerstände, gegen Profitinteressen, gegen systemische Verantwortungslosigkeit.

(Beifall bei der Linken)

Doch bereits in der ersten Aussprache zum Produktsicherheitsgesetz wurde deutlich: Ihr Ministerium setzt auf zu viel Vertrauen und zu wenig Kontrollen von Unternehmen! Genau diese Haltung prägt auch den staatlichen Arbeitsschutz seit Jahren. Doch Vertrauen führt zu nichts, wenn dieses System Unternehmen aufgrund des Wettbewerbs dazu zwingt, wo es geht, Kosten auf dem Rücken der Beschäftigten einzusparen.

Das Herzstück des Arbeitsschutzes ist die Gefährdungsbeurteilung; denn Arbeitgeber müssen Gefahren am Arbeitsplatz frühzeitig erkennen. Obwohl diese gesetzlich verpflichtend ist, wird sie in jedem dritten Betrieb nicht durchgeführt.

Frau Bas, genau auf diese Gefährdungsbeurteilung verweisen Sie, wenn es um die Abschaffung der Sicherheitsbeauftragten geht. Sie haben gesagt, dass Sicherheitsbeauftragte nicht wegfallen werden, wenn im Betrieb eine Gefahrenlage erkannt wurde. Wie soll das gehen, wenn diese Gefährdungsbeurteilung häufig gar nicht erst durchgeführt wird?

Im Schnitt kontrolliert die Arbeitsschutzaufsicht einen Betrieb nur alle 40 Jahre. Nur mit viel Glück erlebt ein Kollege, bevor er in Rente geht, dass sein Arbeitsplatz wenigstens einmal kontrolliert wurde. Wir fordern mehr Kontrollen, damit alle ihre Rente genießen können, und zwar ohne bleibende Schäden aus dem Arbeitsleben.

(Beifall bei der Linken)

Wir sehen es jeden Tag: Paketboten, die viel zu lange arbeiten und unter Zeitdruck schwere Lasten schleppen; Erzieherinnen, die aufgrund psychischer Belastungen ausfallen;

(Zuruf des Abg. Kai Whittaker [CDU/CSU])

Industriearbeiterinnen, die mit gefährlichen Maschinen arbeiten und Verletzungen erleiden. Sie alle werden im Stich gelassen, wenn wir Arbeitgebern nur vertrauen.

Darum fordern wir erstens mehr Personal für die Arbeitsschutzaufsicht und mehr unangekündigte Kontrollen, zweitens hohe Bußgelder und strafrechtliche Konsequenzen für kriminelle Geschäftsmodelle,

(Beifall bei der Linken)

drittens mehr Mitbestimmung von Betriebsräten im Arbeits- und Gesundheitsschutz, viertens keine Abschaffung der Sicherheitsbeauftragten sowie eine zentrale Arbeitsinspektion, damit sich gefährliche Arbeitsbedingungen nicht länger lohnen.

(Beifall bei der Linken)

Solange Profite wichtiger sind als Menschen, solange Vertrauen Kontrolle ersetzt, solange gefährliche Arbeit ein Geschäftsmodell bleibt, werden wir Arbeiter/-innen weiterkämpfen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linken – René Springer [AfD]: Arbeiterin Ince!)