Zum Hauptinhalt springen

Klingbeils Trickle-Down nützt vor allem dem reichsten Prozent!

Rede von Christian Görke,

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Klingbeil, Sie sind ja jetzt hier alles: Vizekanzler, Ermöglichungsminister, Turboinvestitionsminister. Boah, das klingt wirklich toll!

(Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Das ist auch toll!)

Aber ich sage Ihnen auch: Ein solider Finanzminister sind Sie noch nicht; denn unser Land steckt in einer Krise, und die Menschen und auch die Wirtschaft erwarten eigentlich verlässliche Rahmenbedingungen.

Dazu gehört ein Bundeshaushalt für das Jahr 2025.

(Beifall bei der Linken)

Durch Ihre verantwortungslose Trödelei kommt es nun dazu, dass dieser jetzt erst im Herbst beschlossen werden kann. Neun Monate vorläufige Haushaltsführung für die größte Volkswirtschaft in Europa, neun Monate keine zusätzlichen Investitionen, neun Monate Unsicherheit bei Unternehmen, Kommunen, Verbänden und Vereinen – deshalb finden wir: Dieser „Investitionsermöglichungsminister“ Klingbeil, wie er sich selbst nennt, ist mit diesem verschleppten Haushalt, Herr Middelberg, die größte Blockade für Investitionen in Deutschland.

(Beifall bei der Linken)

Bleiben wir doch mal bei den Aufgaben eines Finanzministers. Dazu gehört die Gegenfinanzierung dieses Gesetzes. Wenn die ersten Teile dieses Gesetzes ihre volle fiskalische Wirkung entfalten, bedeutet dies 46 Milliarden Euro Steuermindereinnahmen für Bund, Länder und Kommunen.

(Zuruf des Abg. Dr. Klaus Wiener [CDU/CSU])

Und wenn dann die Absenkung der Körperschaftsteuer das erste Mal so richtig zuschlägt, entstehen von 2030 bis 2032 noch einmal insgesamt – für Bund, Länder, Kommunen – 61 Milliarden Euro Steuermindereinnahmen.

Diese Kosten trägt nicht der Bund bzw. nur zu einem geringen Teil. Die Hauptlast tragen die Länder und Kommunen, und denen – das hat der Kollege Audretsch gesagt – steht das Wasser bis zum Hals. Vielleicht noch mal bildlich gesprochen: Sie, Herr Bundesfinanzminister – und da setzen Sie die Politik von Christian Lindner fort –, bestellen hier ein ganz großes Konzert. Doch Sie haben nicht mal das Trinkgeld für den Stehgeiger, stattdessen legen Sie die Rechnung beim Nachbarn auf dem Tisch ab. So geht das nicht.

(Beifall bei der Linken)

Ihr Parteifreund Heiko Geue, der Finanzminister von Mecklenburg-Vorpommern, hat zu „t-online“ gesagt, die Finanzierung sei in Schieflage. Länder und Kommunen können nicht zwei Drittel der Entlastung tragen, der Bund müsse die Belastung ausgleichen. Sonst gebe der Bund Gas, und die Länder und Kommunen müssen bremsen, und zwar bei Schulen, bei Kitas und im Nahverkehr. – Ich finde, er hat recht.

(Beifall bei der Linken)

Deshalb, meine Damen und Herren, müssen wir die Bremsen lösen. Wir als Linke glauben, dass das mit diesen Rezepten nicht geht,

(Fritz Güntzler [CDU/CSU]: …, sondern mit Steuern!)

sondern mit Rezepten wie einem echten Konjunkturprogramm, mit der Stärkung der Kaufkraft und einer Steuerentlastung für die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen in diesem Land, die natürlich auch mit einer gerechten Besteuerung dieses mittlerweile bizarren Reichtums hier in Deutschland gegenfinanziert werden.

(Beifall bei der Linken)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die deutschen Unternehmen brauchen Kunden, die ihre Waren und Leistungen kaufen. Also muss man die Preise senken und die Kaufkraft stärken. Aber dazu ist in diesem Investitionsgesetz nichts zu finden. Ihre black-rote Regierung – Herr Middelberg, Sie sind ja schon ein so reifer Jahrgang wie ich – geht die Wirtschaftskrise mit Rezepten an, die oft gescheitert sind.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht! – Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Er sieht aber jünger aus!)

Deshalb erinnere ich Sie oder uns mal an die letzten großen Steuersenkungen der Jahre 2001 und 2008. Auch damals versprach man sich eine ganz große Investitionswelle, nur gab es die nie. Die private Investitionsquote – hören Sie gut zu! – lag im Jahr 2000 bei 20 Prozent der Wirtschaftsleistung. Sie ist seitdem immer wieder gefallen und nie wieder so hoch gewesen.

Oder nehmen wir doch mal den Abschreibungsbooster. Ich erinnere mich auch noch an das Wachstumschancengesetz, liebe Grünen. Wo ist denn hier der Aufschwung geblieben, liebe Kolleginnen und Kollegen? Jetzt wurde sogar die offizielle Steuerprognose für die nächsten Jahre gesenkt. Meine Damen und Herren, das Einzige, was bei Unternehmensteuerreformen immer passiert, ist, dass gerade große Unternehmen und deren Eigentümer die Steuergeschenke mitnehmen und bunkern.

(Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Quatsch!)

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung – ich glaube, über Parteigrenzen hinweg geachtet und keine Vorfeldorganisation der Linken – und Stefan Bach haben vorgerechnet, dass 72 Prozent der Steuervorteile der letzten Jahre an das reichste 1 Prozent der deutschen Bevölkerung geflossen sind.

(Zuruf des Abg. Kay Gottschalk [AfD])

Das wird – das verspreche ich Ihnen – auch diesmal so sein.

Dass ihr, liebe Sozialdemokraten, das hier so mitmacht und auch noch mit voller Inbrunst verteidigt, ist für uns und auch für viele draußen eine einzige Enttäuschung.

(Beifall bei der Linken)

Vielleicht solltet ihr euren Finanzminister zukünftig eher „Unternehmensminister“ nennen. Das wäre wenigstens ehrlich.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linken)