Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe linke Sozialdemokraten, jetzt müsst ihr ein bisschen tapfer sein. Stellt euch vor: Als Finanzminister und SPD-Chef kannst du 46 Milliarden Euro Steuern senken und entscheidest dich in den ersten sieben Wochen, Unternehmen Mehrgewinne in der Größenordnung von 46 Milliarden Euro zu lassen.
Angesichts eures Gerechtigkeitswahlkampfes fassen nicht nur wir als Opposition uns, sondern viele Progressive in diesem Land sich wirklich an den Kopf, was das für Prioritäten sind.
(Beifall bei der Linken)
Wie war das, liebe Sozialdemokraten, mit der Entlastung der kleinen und mittleren Einkommen? Die ist jetzt verschoben worden. Angesichts der Haushaltslage sage ich euch: Die wird auch nicht mehr kommen.
Wie gesagt, man muss sich das noch mal auf der Zunge zergehen lassen: Die Klingbeil’schen Sozialdemokraten bringen heute – der Kollege Middelberg hat es eben noch mal bestätigt – mit Steuergeschenken die größte Unternehmensteuerreform in den kommenden zehn Jahren von sage und schreibe 156 Milliarden Euro an den Start. Das ist nicht nur finanzpolitisch abstrus, sondern auch ökonomisch unsinnig.
(Beifall bei der Linken – Zuruf von der CDU/CSU: Das ist genau richtig!)
In dem aktuellen Finanzbericht der OECD wird Deutschland ausdrücklich aufgefordert, Kapital höher zu besteuern und vor allen Dingen im Gegenzug Arbeit endlich steuerlich günstiger zu machen. Ihr Gesetz, Herr Minister Klingbeil, steht im klaren Widerspruch zu diesen Empfehlungen. Es ignoriert alle wichtigen wirtschaftlichen Analysen, die nur eine geringe Wirksamkeit dieser Unternehmensteuersenkungen zeigen.
Herr Middelberg, zu den letzten großen Unternehmensteuersenkungen in den Jahren 2001 und 2008, die Sie angeführt haben: Auch damals versprach man eine große Investitionswelle. Doch die gab es nie! Die private Investitionsquote lag im Jahr 2000 noch bei 20 Prozent der Wirtschaftsleistung und ist trotz dieser so duften Unternehmensteuerreform seitdem gefallen und nie wieder so hoch gewesen. Das ist die Wahrheit.
Besonders pikant, Herr Finanzminister, ist, dass selbst Ihre Sachverständigen das Gesetz kritisieren – Zitat –:
"„[…], dass die Senkung der Körperschaftsteuersätze keine besonders zielgenaue und effiziente Art darstellt, private Investitionen zu fördern […].“"
Weiter heißt es bei der Hans-Böckler-Stiftung:
"„In der Summe dürften die Maßnahmen in erster Linie den Bezieher:innen höherer Einkommen zugutekommen.“"
(Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Vielleicht mal Frau Grimm zitieren!)
– Herr Kollege Güntzler, der Beleg, dass die Steuersenkungen bei dem reichsten 1 Prozent der Bevölkerung landen – Herr Middelberg hat das bestritten –: Stefan Bach vom DIW hat im Rahmen unserer Anhörung in seiner Stellungnahme auf Seite 4 geschrieben, dass die Steuersenkung zu 69 Prozent an das reichste 1 Prozent der deutschen Bevölkerung geht; schwarz auf weiß nachlesbar.
(Beifall bei Abgeordneten der Linken)
Liebe Sozialdemokraten, was sagt uns das noch? Für die Umverteilung von unten nach oben braucht es die FDP – sie ist ja jetzt außerparlamentarische Opposition – wirklich nicht mehr; denn es gibt ja jetzt die Sozialdemokraten mit dem Bundesfinanzminister und SPD-Vorsitzenden an der Spitze.
(Beifall bei der Linken – Zuruf des Abg. Sebastian Roloff [SPD])
Ich nehme noch mal die Argumente der Union auf: Internationaler Steuerwettbewerb
(Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Sehr richtig!)
bei den Unternehmen zwingt uns zur Senkung.
(Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Ja!)
– Herr Güntzler, Deutschland hat nicht die höchsten Steuern der Industriestaaten. Im Jahr 2023 haben deutlich mehr Staaten ihre Unternehmensteuern erhöht als gesenkt. Das sind Länder wie Großbritannien, Tschechien, Estland, Rumänien, Slowenien und, und, und.
Meine Damen und Herren – Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss –, wenn Sie sich im Bereich „internationale Steuerfragen“ verdient machen wollen, dann fragen Sie lieber mal, warum Tesla dank Steuersparmodellen kaum Steuern in Deutschland zahlt. Da müsste was gemacht werden. Wir werden diesen Gesetzentwurf nicht nur aus diesem Grund ablehnen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der Linken)