Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jede Woche stehen Sie hier mit dem nächsten Gesetz gegen sogenannte illegale Migration.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Josef Oster [CDU/CSU]: Genau! – Alexander Throm [CDU/CSU]: Genau!)
– Ja, Herr Throm, jetzt klatschen Sie.
(Alexander Throm [CDU/CSU]: Dass Sie das erleben, dass wir mal klatschen!)
Und jede Woche sage ich Ihnen: Was Sie beschließen wollen, verstößt gegen geltendes Recht,
(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
hilft keiner Kommune und wird niemanden davon abhalten, vor Verfolgung oder Not zu fliehen.
Während die Umfragewerte der SPD abstürzen und die AfD zulegt, liefern Sie der extremen Rechten die nächste Vorlage.
(Dr. Christian Wirth [AfD]: Können wir selbst!)
Sie, liebe SPD, haben in der letzten Sitzungswoche noch das Hauruckverfahren beim Gesetz zur Aussetzung des Familiennachzugs kritisiert; Sie sagten, das dürfe sich so nicht wiederholen. Und jetzt: ein neuer Gesetzentwurf, wieder eine Asylrechtsverschärfung, wieder im Eilverfahren und ohne vorherige Länderbeteiligung, ohne Anhörung der Fachöffentlichkeit.
Künftig soll die Bundesregierung Staaten per Verordnung als sichere Herkunftsstaaten einstufen können, ohne Beteiligung von Bundesrat oder Bundestag. Sie nennen es „Ideologierückabwicklungsgesetz“, Herr Dobrindt. Wir sagen: Damit umgehen Sie bewusst Artikel 16a Absatz 3 Grundgesetz, der die Zustimmung des Bundesrates verlangt.
(Beifall bei der Linken und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das Konzept schafft ein Asylverfahren zweiter Klasse – das muss man so sagen –, mit weniger Rechtsschutz, Arbeitsverbot und Ausschluss vom Bleiberecht. Ihnen geht es darum, vor allen Dingen ein Signal zu setzen: Seht her! Wir machen was.
Moldau bleibt weiterhin auf der Liste, obwohl Teile des Landes unter russischer Kontrolle stehen. Georgien gilt noch immer als sicher, obwohl dort Menschen brutal niedergeprügelt werden, wenn sie proeuropäisch demonstrieren. Das Verwaltungsgericht Berlin hat an dieser Einstufung bereits erhebliche Zweifel geäußert; aber dass Sie es mit Gerichtsurteilen nicht so genau nehmen, wissen wir schon längst.
(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Genau das kritisiert auch der Deutsche Anwaltverein.
Ihr Entwurf verfehlt wesentliche Anforderungen der EU-Asylverfahrensrichtlinie. So fehlt zum Beispiel die Voraussetzung, dass in einem Herkunftsstaat generell und durchgängig Sicherheit vor Verfolgung herrschen muss.
Und dann wollen Sie allen Ernstes die anwaltliche Pflichtverteidigung in Abschiebeverfahren wieder streichen. Der Grund: zu aufwendig für die Justiz. Es ist also zu aufwendig, wenn jemand seine Rechte geltend machen möchte. Das widerspricht dem Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes.
(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Es geht bei dem verpflichtenden Rechtsbeistand doch nicht um Abschiebungen,
(Helge Limburg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig!)
sondern ausschließlich darum, ob die Haft rechtmäßig war oder nicht.
Und dann sagen Sie ernsthaft, dass das möglich ist; dabei geht es hier um Freiheitsentzug, den schwerwiegendsten Grundrechtseingriff unseres Staates. Menschen, die keine Straftat begangen haben,
(Alexander Throm [CDU/CSU]: Doch! – Gegenruf der Abg. Dr. Lena Gumnior [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!)
werden hier eingesperrt – keine Straftat! Sie haben nichts verbrochen, außer dass sie vor Krieg geflohen sind. Jede zweite Abschiebehaft erweist sich als rechtswidrig. Das müssen Sie –
– zur Kenntnis nehmen. Sie wollen den Betroffenen den anwaltlichen Beistand ernsthaft verweigern.
Mein letzter Satz: Dass die CDU/CSU solche Gesetze schreibt, ist keine Überraschung. Aber dass die SPD, die sich Grundrechte und Solidarität auf die Fahnen schreibt, diesen Entwurf mitträgt, ist ein politisches Desaster. Wenn Sie noch einmal von Menschenrechten –
– sprechen wollen, dann handeln Sie auch so!
Vielen Dank.
(Beifall bei der Linken und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)