Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrter Herr Innenminister Dobrindt! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kaum ist er eine Woche im Amt, und schon weiß niemand mehr, welches Recht hier eigentlich noch gilt.
(Beifall bei der Linken sowie des Abg. Marcel Emmerich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Wir schon!)
Sie sagen, es gehe Ihnen um Ordnung. Aber was Ihre Regierung in der ersten Woche geliefert hat, war Chaos. Vergangenen Donnerstag hieß es, Kanzler Merz habe eine Notlage nach Artikel 72 AEUV ausgerufen. Noch am selben Tag wurde das dementiert. Gleichzeitig sagten Sie, Herr Dobrindt, europäisches Recht werde außer Kraft gesetzt, um Grenzkontrollen zu ermöglichen. Am Mittwoch konnte Vizekanzler Klingbeil hier im Haus nicht einmal die Rechtsgrundlage für die Zurückweisungen benennen. Wenn selbst Kanzler und Minister sich nicht einig sind: Wer soll diese Regierung eigentlich noch ernst nehmen?
(Beifall bei der Linken)
Sie wissen offensichtlich selbst nicht, was Sie tun. Aber Ihr Ziel ist klar: Grundrechte von Menschen auf der Flucht sollen an der Grenze ausgesetzt werden.
(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Unsinn!)
Sie wollen Menschen ohne Verfahren zurückweisen, obwohl sie Asyl beantragen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Asylgrundrecht ist eine Lehre aus Vertreibung, Vernichtung und Hitlerfaschismus.
(Beifall bei der Linken – Jens Spahn [CDU/CSU]: Dann lesen Sie das mal richtig vor!)
Und genau diese Lehre wollen Sie, Herr Dobrindt, abschaffen. Sie schaffen damit eine Praxis außerhalb des Rechts. Was Sie damit einführen, Herr Dobrindt, ist der Einstieg in eine Herrschaft des Unrechts.
(Beifall bei der Linken)
Wir als Linke werden uns immer gegen diese Politik der Entrechtung stellen. Für uns heißt „Nie wieder Faschismus!“, dass wir das Grundrecht auf Asyl immer verteidigen werden.
(Beifall bei der Linken)
Es liegt kein Notstand an der Grenze vor; das wissen Sie selbst. Die Antragzahlen sinken, die Unterkünfte in den Bundesländern sind halbleer.
(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Ich lade Sie mal in meinen Wahlkreis ein! So einen Unsinn hier zu erzählen! Das ist unglaublich! Sie sind offensichtlich nicht im Land unterwegs!)
Der Notstand besteht darin, dass Sie Grundrechte und Rechtsstaatlichkeit angreifen, und das mit fatalen Folgen in der gesamten EU; denn jetzt können wir lesen, dass auch Polen schon Menschen an der Grenze zurückweist. Studierende der Uni Frankfurt werden in Słubice zurückgewiesen und nicht auf den Campus in Polen gelassen. Das ist eine gefährliche Spirale der Entrechtung und Abschottung, die Sie hier vorantreiben.
(Beifall bei der Linken)
Der Notstand – das können wir sagen, und das wissen wir, weil wir mit den Bürgermeistern reden, Sie offensichtlich nicht –
(Lachen bei der CDU/CSU)
besteht in der neoliberalen Politik, die die Kommunen in den letzten Jahren hat ausbluten lassen. Was Sie hier betreiben, ist keine verantwortungsvolle Innenpolitik. Es ist eine politische Kapitulation vor der AfD.
(Beifall bei der Linken)
Sie übernehmen doch deren Forderungen: Zurückweisungen, Abschottung, Ende legaler Fluchtwege. Gleichzeitig – und das lesen wir auch – steigen die Angriffe auf Geflüchtetenunterkünfte. 2024 waren es so viele wie seit Jahren nicht mehr. Setzen Sie Ihre Rhetorik fort, Herr Dobrindt, werden diese Zahlen weiter steigen.
(Beifall bei der Linken – Alexander Throm [CDU/CSU]: Das Gegenteil ist der Fall!)
Die Angriffe auf Grundrechte kommen von rechts. Die Verteidigung liegt bei uns allen, die für eine Gesellschaft kämpfen, in der nicht das Recht des Stärkeren gilt, sondern alle das Recht haben, Rechte zu haben.
(Beifall bei der Linken – Dr. Alice Weidel [AfD]: Das sieht man an der Antifa, Ihrer Hammerbande und Schlägertrupps!)
Den Faschismus hält man nicht auf, indem man seine Forderungen übernimmt. Das sollte wirklich jeder in diesem Haus langsam verstanden haben. Das Gegenteil ist der Fall: Wer seine Sprache übernimmt, stärkt den Faschismus.
(Beifall bei der Linken)
Die Logik der AfD, Menschen auszugrenzen – auch hier im Parlament; wir haben gehört, was hier gerade gesagt wurde –, ihnen Rechte und Menschenwürde abzusprechen, verstößt gegen das Grundgesetz. Hierbei darf nicht länger zugesehen werden.
(Beifall bei der Linken)
Ein Verbotsverfahren gegen die AfD ist längst überfällig.
(Zuruf von der AfD: Macht doch!)
Aber vor allem werden wir uns gegen die unsoziale Politik von Herrn Merz stellen, damit die AfD hier im Hohen Haus bald Geschichte ist, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der Linken – Lachen des Abg. Steffen Janich [AfD])