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Autoritäre Angriffe auf NGOs

Rede von Clara Bünger,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was die AfD hier heute erneut aufführt, ist kein parlamentarischer Beitrag, sondern ein Angriff und eine gezielte Kampagne aus Desinformation und Diffamierung gegen demokratische Institutionen und engagierte Menschen in Deutschland.

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

An den rechten Rand in diesem Parlament: Sie können sich sicher sein, dass wir als Demokratinnen und Demokraten diesem entschieden entgegenstehen, und wir werden auch Organisationen wie die „Omas gegen Rechts“ gegen Sie verteidigen.

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der AfD)

Aber worum geht in Ihrem Antrag wirklich? Nicht um Aufklärung, nicht um Transparenz, sondern um Einschüchterung. Seit Monaten verbreiten Sie von der AfD das Narrativ, Nichtregierungsorganisationen seien politisch gesteuert und mit öffentlichen Geldern gekauft. Das ist keine Kritik, das sind bewusste Desinformationen und grobe Unwahrheiten, die Sie hier verbreiten.

(Beifall bei Abgeordneten der Linken und der SPD – Tobias Matthias Peterka [AfD]: Ach so! – Stephan Brandner [AfD]: Dann verzichten Sie doch auf die öffentlichen Gelder! Öffentliche Gelder einfach weg und fertig!)

Und ausgerechnet Sie wollen sich hier als Aufklärer über angeblichen Steuergeldmissbrauch inszenieren. Das hat mich schon sehr gewundert.

Sie wollen einen Untersuchungsausschuss, weil die „Omas gegen Rechts“ Buxtehude in drei Jahren 5 000 Euro bekommen haben sollen,

(Luke Hoß [Die Linke]: Zu wenig! – Helge Limburg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum nur 5 000 Euro für das Engagement?)

verschleudern aber derweil für ein paar Tage in New York Zehntausende Euro an Steuergeldern, um sich dort als Kulturkämpfer ausbilden zu lassen und Party zu machen. Das ist ja an Lächerlichkeit überhaupt nicht mehr zu überbieten. Peinlich ist das!

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Tobias Matthias Peterka [AfD])

Und Sie schwadronieren immer über angeblich kriminelle Machenschaften der NGOs und des Staates. Dabei ist es doch Ihre Partei, die ein massives Problem mit Kriminellen in den eigenen Reihen hat. Sie verbreiten Antisemitismus und Rassismus, relativieren die Verbrechen des Nationalsozialismus und stellen organisierte Rechtsextremisten als Mitarbeiter ein, sogar verurteilte Gewalttäter.

(Sven Wendorf [AfD]: Was? Das sagt die Mauerschützenpartei! – Stephan Brandner [AfD]: Wir haben keine Mauermörder in unseren Reihen!)

Dieser Antrag ist kein Beitrag zur Transparenz. Er ist ein Angriff: auf den Rechtsstaat, auf die Demokratie und auf alle Menschen, die die Demokratie verteidigen.

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Helge Limburg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Sven Wendorf [AfD]: Wie in der Deutschen Demokratischen Republik!)

Und: Dieser Angriff der AfD auf Nichtregierungsorganisationen ist kein Zufall.

(Tobias Matthias Peterka [AfD]: Ja! Das stimmt!)

Was dahintersteht, würden Sie von der AfD niemals offen zugeben; denn es entspringt vor allem einem Gefühl: Angst. Sie haben Angst vor einer selbstbewussten, kritischen und solidarischen Zivilgesellschaft.

(Tobias Matthias Peterka [AfD]: Quatsch!)

Sie haben Angst vor Menschen, die sich organisieren, die Ihnen widersprechen, die sich einmischen und Ihrer Politik etwas entgegensetzen.

(Tobias Matthias Peterka [AfD]: Quatsch!)

Denn Sie wissen genau: Diese Menschen sind das Bollwerk zwischen Ihnen und dem ungehinderten Zugriff auf die Macht.

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD – Tobias Matthias Peterka [AfD]: Tja! Die wird bald weg sein!)

Wenn wir hier von Nichtregierungsorganisationen sprechen, dann reden wir nicht über abstrakte Konstrukte. Wir reden über große und kleine Vereine, über Menschen, die hier in Deutschland arbeiten, lokal, konkret, oft ehrenamtlich. Wir reden aber auch über Organisationen, die weit über Deutschland hinaus wirken. Allen voran sprechen wir über Menschen, die Verantwortung übernommen haben, nachdem zentrale Programme der internationalen Entwicklungszusammenarbeit weggebrochen sind. Dort, wo Hilfe gestrichen wurde, wo Staaten sich aus der Verantwortung gezogen haben, sind solidarische Strukturen eingesprungen. Und Sie diffamieren das als Luxus oder Ideologie. Tatsächlich verhindern diese Organisationen häufig das Schlimmste: Hunger, Flucht oder Tod.

Sehr geehrte Damen und Herren, was mich an der Stelle aber besonders fassungslos macht: Die menschenverachtenden Kampagnen stoßen bei der Union offenbar auf fruchtbaren Boden.

(Dr. Hendrik Hoppenstedt [CDU/CSU]: Was? Jetzt bin ich gespannt, was kommt! – Gegenruf des Abg. Stephan Brandner [AfD]: Jetzt seid ihr dran!)

Im Februar 2025 hat die Unionsfraktion eine Kleine Anfrage mit 551 Fragen zur politischen Neutralität staatlich geförderter Organisationen in den Bundestag eingebracht.

(Dr. Hendrik Hoppenstedt [CDU/CSU]: Das Stellen von Anfragen ist doch kein Verbrechen!)

Das ist die Realität, Herr Hoppenstedt. Sie haben diese Kleine Anfrage eingebracht.

(Dr. Inge Gräßle [CDU/CSU]: Das stimmt! Die Frage muss man doch stellen!)

Mit diesen Fragen haben Sie von der Union Organisationen gezielt unter Generalverdacht gestellt,

(Dr. Hendrik Hoppenstedt [CDU/CSU]: Was heißt „Generalverdacht“?)

und das nicht aus Interesse an Transparenz, sondern um diejenigen einzuschüchtern, die Rassismus benennen und das auch laut aussprechen.

(Beifall bei der Linken)

Gleichzeitig halbiert die Bundesregierung die Mittel für humanitäre Hilfe. Kinder hungern, weil diese Bundesregierung Aufrüstung priorisiert und Humanität zur Verhandlungsmasse macht. Der Angriff auf die Zivilgesellschaft ist damit das Ergebnis einer unheilvollen Arbeitsteilung: Die einen diffamieren NGOs mit Lügen und Kampagnen, die anderen entziehen ihnen die finanzielle Grundlage. Das Ziel ist dasselbe: eine Gesellschaft, die ihre Widerstandskraft gegen den autoritären Umbau verliert.

(Beifall bei der Linken)

Ja, sehr gerne.

Frau Kollegin, ganz herzlichen Dank. – Ich verwehre mich erst mal gegen den Vorwurf, wir würden hier irgendwelche Nichtregierungsorganisationen diffamieren. Es ist ein Unterschied, ob ich jemanden diffamiere oder ob ich ihm eine staatliche Förderung zukommen lasse.

Ich will Ihnen aus meiner persönlichen Erfahrung sagen, dass die „Omas gegen Rechts“, die hier heute schon so oft vorgekommen sind, mich zum Beispiel mehrfach von Demonstrationen ausgeladen haben mit der Argumentation, ich sei Angehöriger einer Partei und Fraktion, die antidemokratisch sei. Teilen Sie das?

(Stephan Brandner [AfD]: So schnell kann das gehen! – Weiterer Zuruf von der AfD)

Vielen Dank, Herr Hoppenstedt, für die Zwischenfrage. – Ich habe hier gesagt, dass die Union quasi dem, was die AfD macht, auf den Leim geht, indem sie selber eine Kleine Anfrage einreicht. Und ja, Sie haben 551 Fragen gestellt,

(Dr. Inge Gräßle [CDU/CSU]: Zu Recht! Zu Recht!)

in denen Sie Organisationen tatsächlich unter Generalverdacht gestellt haben, und das sage nicht nur ich, sondern das sagen auch die Organisationen selber, die sich dadurch eingeschüchtert gefühlt haben.

(Lachen bei Abgeordneten der AfD – Tobias Matthias Peterka [AfD]: Jemand, der Angst vor Fragen hat, der hat sich disqualifiziert für alles!)

Die Organisationen haben sich eingeschüchtert gefühlt und haben Angst, dass sie ihre Arbeit nicht fortsetzen können.

(Beifall bei der Linken)

Die Zivilgesellschaft braucht doch Unterstützung. Sie ist unter Druck von rechts. Die Rechten wollen die Zivilgesellschaft ausrotten; sie wollen sie ausmerzen.

(Lachen bei Abgeordneten der AfD – Peter Bohnhof [AfD]: Das ist eine Unverschämtheit! Echt! Nehmen Sie sich mal zusammen! – Sven Wendorf [AfD]: Was ist das für eine Wortwahl? – Zuruf des Abg. Stefan Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Sie wollen die Demokratie abschaffen. Deshalb müssen wir die Menschen, die hinter unserer Demokratie stehen, die die Demokratie verteidigen, auch verteidigen. Da können wir keine Kleinen Anfragen stellen und diese Personen unter Generalverdacht stellen. Ich war sehr verärgert, dass die Unionsfraktion das macht.

(Tobias Matthias Peterka [AfD]: Oh, da waren Sie sehr verärgert! Peinlich! Peinlicher Auftritt!)

Abgesehen davon habe ich bei Ihrem Beitrag auch geklatscht, weil Sie auch Sachen gesagt haben, denen ich zustimmen würde.

(Stephan Brandner [AfD]: Ui!)

Aber ich muss sagen: Zu dem, was Sie hier gemacht haben und wie Sie sich teilweise an die AfD annähern – mit Projekten wie R21, einem Projekt, das fördern soll, dass die AfD und die Union eine Koalition eingehen; das sind Projekte, die auf dem Tisch liegen; das sind Tatsachen –, müssen wir ganz klar Nein sagen. Da muss die Demokratie stark sein und darf so etwas nicht zulassen.

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD – Sven Wendorf [AfD]: Sie haben Angst vor dem Verlust linker Deutungshoheit! – Zuruf des Abg. Georg Schroeter [AfD])

Sehr geehrte Damen und Herren, aus diesen Gründen ist es wichtig – und das habe ich gerade schon gesagt –, dass die organisierte Zivilgesellschaft vor den Angriffen von der AfD, aber auch vor den Kürzungen der Bundesregierung geschützt wird. Sie braucht Unterstützung.

(Zuruf von der AfD: Nein!)

Denn die Menschen, die sich in diesem Land engagieren, sind das Rückgrat der Demokratie. Wir werden sie in den nächsten Zeiten noch brauchen, und deshalb brauchen sie unsere Unterstützung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linken sowie des Abg. Felix Döring [SPD] – Tobias Matthias Peterka [AfD]: Wie in der Volkskammer!)