Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Meines Erachtens sollte der Haushalt unter der Überschrift stehen: Was du heute kannst versprechen, darfst du morgen wieder brechen. – Denn das ist die Wahrheit Ihres Haushalts. Wenn ich daran erinnere: Ihr Kanzler, der es ja auch nicht für nötig hält, hier zu sein, hat im Wahlkampf versprochen: Keine neuen Schulden, kein Aushebeln der Schuldenbremse.
Er hat damals wie aus dem Handbuch der Neoliberalen gesagt: „Wir dürfen unseren Kindern nicht immer mehr Schulden hinterlassen.“ Oder: „Wie weit wollen wir das eigentlich noch treiben mit unserer Verschuldung?“ Da war er offensichtlich ein Oppositionslügner in Regierungslaune oder ein Drauflosredner ohne Sachverstand. Und beides finde ich zutiefst problematisch, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der Linken)
Das alles sagt Ihnen jemand, der ein dezidierter Gegner der Schuldenbremse ist. Ich bin für Investitionen – für die Kommunen, in die Infrastruktur, in Digitales usw., gar keine Frage. Aber das, was Sie machen, wird genau das nicht bewirken, was Sie hier erzählen.
Meine Damen und Herren, mit dem heute eingebrachten Haushalt und mit der mittelfristigen Finanzplanung wollen Sie bis 2029 847 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen. Allein in diesem und im kommenden Jahr sind das nach Ihrer Planung 170 Milliarden. Das ist keine Hypothek, Herr Middelberg, sondern das ist unfassbar. Ohne dass Sie die Herausforderungen eben wirklich angehen, meine Damen und Herren, trotz Rekordschulden kassieren Sie die Wahlversprechen schneller, als Usain Bolt jemals über 100 Meter gelaufen ist.
(Beifall bei der Linken)
Ein Beispiel ist die Senkung der Stromsteuer. Die Stromsteuer-Senkung gilt eben nicht für alle privaten Verbraucher und für alle Betriebe. Wir zahlen weiter die höchsten Strompreise in Europa; das ist die Wahrheit. Im Sommer schon hat der Kanzler, der, wie gesagt, nicht da ist, gesagt: Die Bürgerinnen und Bürger sollen spüren, dass sich etwas verändert im Land. – Ist das jetzt das, was sie spüren?
Ich will das noch mal verdeutlichen: Wir sind Strompreiseuropameister; das ist die Wahrheit.
(Zuruf von der AfD: Dank der Energiepolitik!)
Nirgendwo in der EU zahlen die Bürgerinnen und Bürger so viel Geld für Strom. Und ehrlich gesagt: Deutscher Strom ist kein Hochleistungsstrom; das ist einfach nur Strom.
Ich will mal aus Ihrem Koalitionsvertrag zitieren, damit man hört, wie Sie hier wirklich schlicht gelogen haben:
"„Wir wollen Unternehmen und Verbraucher in Deutschland dauerhaft um mindestens fünf Cent pro kWh mit einem Maßnahmenpaket entlasten. Dafür werden wir als Sofortmaßnahme die Stromsteuer für alle auf das europäische Mindestmaß senken und Umlagen und Netzentgelte reduzieren.“"
Sie haben schlicht gelogen. Das ist die Wahrheit.
(Beifall bei der Linken sowie der Abg. Jamila Schäfer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Meine Damen und Herren, wen trifft denn dieser Wortbruch am härtesten? Das ist immer die Frage: Wen trifft denn das? Das trifft nicht uns als Abgeordnete; wir haben gerade eine schöne Diätenerhöhung kassiert. Das trifft auch nicht die Kumpels von Herrn Merz von BlackRock. Es trifft die Familien, es trifft die Beschäftigten, es trifft die kleinen und mittleren Einkommen, die Rentnerinnen und Rentner, die Bürgergeldbezieher. Das ist die Wahrheit, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der Linken)
Wir haben doch in unserem Land eine irre Situation: 3 900 Menschen verfügen über mehr als 100 Millionen Euro Vermögen. Das sind 500 Menschen mehr als im letzten Jahr. Jeden Tag kommt mindestens einer dazu. Und bei diesen Menschen sind 3 Billionen Euro an Bankguthaben, Bargeld und Wertpapieren dabei. Wenn Ihnen die 5 Milliarden Euro für die Senkung der Stromsteuer fehlen: Wir hätten da wirklich eine Idee, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der Linken)
Gleichzeitig verdienen fast 9 Millionen Menschen in diesem Land weniger als 15 Euro pro Stunde. 20 Prozent sind es im Bundesland von Herrn Merz, in Nordrhein-Westfalen; in meiner Heimat Mecklenburg-Vorpommern sind es über ein Drittel. Das ist auch unfassbar. Liebe Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, Lars Klingbeil hat das hier noch gelobt. Sie haben im Wahlkampf 15 Euro versprochen. Es sind jetzt 13,90 Euro geworden. Das sind 1,10 Euro weniger. Für die Betroffenen ist das ein gewaltiger Unterschied. Das kampflos zu akzeptieren, akzeptieren zumindest wir nicht, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der Linken)
Einig ist sich die Koalition nur in einem: „Whatever it takes“ bei Waffen und Aufrüstung. 2014 war der Verteidigungsetat noch bei 32,4 Milliarden Euro. Bis 2029 wollen Sie sage und schreibe 152,8 Milliarden Euro in diesem Etat ausgeben. Was für ein Wahnsinn, kann ich da nur sagen!
(Beifall bei der Linken)
Ich will mal einen Vergleich ziehen: Indien hat ungefähr 1,3 Milliarden Einwohner mehr als Deutschland und im Übrigen auch nicht 31 NATO-Staaten, die im Zweifel an seiner Seite stehen würden. Indien gibt 80 Milliarden Euro für Verteidigung aus. Bei der Stromsteuersenkung, bei der Mindestlohnerhöhung, da knebeln Sie die Bürger. Aber die Kinder und Enkel werden die Panzer und Raketen noch abstottern, wenn das längst Metallschrott ist, meine Damen und Herren. Das ist leider die Wahrheit.
(Beifall bei der Linken)
Zur volkswirtschaftlichen Wahrheit lassen Sie mich das noch sagen: Die Schulden explodieren, die Wirtschaft stagniert bei mickrigen 0,4 Prozent im ersten Quartal. Sie wollen hier Milliarden und Abermilliarden investieren; das ist vernünftig. Aber selbst die besten Prognosen im nächsten Jahr gehen von 1,5 Prozent Wachstum aus. In der OECD sind es 3 Prozent. Na Donnerwetter! Trotz dieser Rekordschulden und Rekordinvestitionen kommen wir nicht mal auf die Hälfte des Durchschnittswachstums der OECD. Das zeigt, dass Ihr Haushalt falsch gestrickt wurde, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der Linken)
Herr Klingbeil, Ihr Haushalt ist auf Unwahrheiten gebaut. Ihr Haushalt investiert nicht in den sozialen Zusammenhalt, Ihr Haushalt ist kein Motor für Wachstum und für Wohlstand, und Ihr Haushalt ist ein Freifahrtschein für Rüstungskonzerne und wird noch Generationen belasten.
(Beifall bei der Linken)
Sie handeln nicht verantwortlich, sondern unverantwortlich. Wir als Linke werden diesen Haushalt in der Form ablehnen. Aber wir werden uns selbstverständlich umfangreich in die Haushaltsberatungen einklinken und sehr vernünftige Vorschläge machen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der Linken)