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Entlastungen ohne Konzept, keine Ambition für die Bedürftigsten

Rede von Doris Achelwilm,

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden Steuererleichterungen weitgehend mit der Gießkanne verteilt. Die milliardenschweren Kosten gehen zur Hälfte auf die Kappe von Ländern und Kommunen, die natürlich nicht einverstanden sind, und wir als Linke sind mit dieser Verteilung auch nicht einverstanden.

(Beifall bei der Linken – Christian Görke [Die Linke]: Ganz meine Meinung!)

Liebe Damen und Herren von der Regierungsseite, Sie hatten im Koalitionsvertrag zugesagt, keine weiteren Gesetze zulasten der Kommunen zu machen. Es gilt eigentlich das sogenannte „Wer bestellt, der bezahlt“-Prinzip, bloß handeln Sie immer wieder dagegen. Damit sollten Sie nach Ihrem ersten Regierungsjahr wirklich aufhören. Den Kommunen steht das Wasser bis zum Hals.

(Beifall bei der Linken sowie der Abg. Karoline Otte [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Inhaltlich ist das Steueränderungsgesetz eine Sammlung mehr oder weniger sinnvoller Maßnahmen. Die Senkung der Mehrwertsteuer für Speisen in der Gastronomie auf sieben Prozent wurde sehr breit diskutiert. Branchenverbände hatten früh angekündigt, dass die Ersparnis nicht an die Gäste weitergegeben werde, und Sie als Regierung geben dafür in der Gesetzesbegründung auch komplett freie Fahrt – ich zitiere –:

"„Je nachdem, ob und wie stark die Steuersatzreduktion an die Kunden weitergegeben wird, können entweder die Margen der Unternehmen und damit ihre Investitionsspielräume steigen oder die Preise für Gastronomiedienstleistungen sinken […].“"

Ja, möglich ist dies oder jenes, aber was ist denn Ihr Ziel? Was wollen Sie denn? Es kann Ihnen doch nicht einerlei sein, ob auch die Verbraucher/-innen oder Beschäftigten etwas von der Gastrosubvention haben, ob die bedürftigen Betriebe zuerst und möglichst stark profitieren oder ob große Ketten weiter ihre Profite und ihre Marktmacht steigern und die anderen verdrängen können. Aber Sie geben „Schaun wir mal“ vor und wissen dabei, wer am meisten profitiert. Das ist gegenüber der großen Allgemeinheit, die nicht zur umsatzstarken Wirtschaft gehört, schon erschreckend ambitionslos. Auch bei der Entfernungspauschale helfen Sie unteren Einkommensgruppen nicht und Gutverdienern am meisten.

Egal wohin man schaut: Sie müssen endlich Prioritäten setzen, um gezielt und gerecht an die Bedürftigsten zu verteilen. Der Nachholbedarf ist nach diesem Jahr wirklich extrem.

Die überfälligen Entlastungen für Ehrenamtliche begrüßen wir mit Nachdruck. Wir finden, es bräuchte hier sogar mehr. Wir unterstützen auch, dass Beiträge für Gewerkschaftsmitglieder bei der Steuererklärung jetzt stärker berücksichtigt werden; das ist vernünftig. Möglichst viele Menschen sollten in die Gewerkschaften eintreten; wir brauchen sie dringend.

(Beifall bei der Linken sowie des Abg. Sascha Müller [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Was wir in einem Steueränderungsgesetz künftig sehen wollen, ist eine Steuerpolitik der ganz anderen Haltung: dass Riesenerbschaften nicht geringer besteuert werden als das vererbte Einfamilienhaus, dass Einkünfte aus Börsenspekulationen mindestens so besteuert werden wie die aus echter Arbeit. Sie sollten das Grundgesetz ernst nehmen und die Vermögensteuer wieder einsetzen. Sorgen Sie für Spielräume, um Menschen mit einfachen und mit niedrigen Einkommen zu entlasten, so wie es diese Menschen nach für sie viel zu teuren Jahren verdient haben!

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linken)