Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Gäste! Liebe Angehörige! Lieber Herr Botschafter! Heute, 30 Jahre nach dem Völkermord von Srebrenica, stehen wir in tiefer Trauer. Wir gedenken der Opfer in Demut und mit der klaren Verpflichtung, Verantwortung zu tragen. Wir gedenken der mehr als 8 300 Jungen, Männer und auch Frauen, überwiegend bosnische Muslime, die im Juli 1995 von serbischen Einheiten systematisch verschleppt und ermordet wurden. Die UN-Blauhelmsoldaten konnten keinen Schutz bieten. Vor den Augen der Weltöffentlichkeit wurden Menschen systematisch getötet. Das Leid der Opfer und ihre Namen dürfen niemals vergessen werden. Unser tiefstes Mitgefühl gilt den Familien, die ihre Angehörigen verloren haben.
Dieses Verbrechen geschah mitten in Europa. Es ist ein tiefer Einschnitt in die Geschichte der Länder des Balkans, und es ist zugleich eine bleibende Mahnung an die internationale Gemeinschaft. Was in Srebrenica geschah, war kein spontaner Ausbruch von Gewalt. Es war ein geplanter, systematischer Völkermord. Das zeigt uns in aller Brutalität, wohin Nationalismus und Rassismus führen können, wenn wir ihnen nicht entschlossen entgegentreten.
(Beifall bei der Linken)
Wir dürfen niemals schweigen, wenn Menschen aufgrund ihrer Herkunft oder ihres Glaubens ausgegrenzt werden; denn wir wissen, dass der Weg von Rassismus und Nationalismus immer zu Gewalt führt.
Das Kriegsverbrechertribunal für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag hat die Verbrechen von Srebrenica eindrucksvoll dokumentiert und kam zu dem Schluss: Ziel war es, bosnische Muslime als Gruppe zu vernichten. Zeugenaussagen, forensische Beweise und Aussagen von Überlebenden zeichnen ein Bild des Grauens. Was in Srebrenica geschah, war ein Völkermord.
Heute erleben wir, dass in Serbien und in der Republika Srpska Leugnung und Relativierung dieses Verbrechens als Staatspolitik betrieben werden. Kriegsverbrecher werden als Helden gefeiert. Das ist eine Verhöhnung der Opfer und ein Hindernis für Versöhnung und Frieden.
(Beifall bei der Linken)
Die fehlende Aufarbeitung der Kriegsverbrechen verhindert bis heute eine echte Aussöhnung zwischen den Volksgruppen in Bosnien und Herzegowina. Das Dayton-Abkommen hat ein fragiles, dysfunktionales Staatswesen hinterlassen, das ethnische Trennlinien stärkt. Anstatt dieses Konstrukt weiterhin militärisch durch die Bundeswehr abzusichern, braucht es endlich eine politische Initiative für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und echte Eigenverantwortung.
Meine Damen und Herren, die Tätigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien gilt zu Recht als Meilenstein in der internationalen Rechtsprechung. Auch wenn nicht alle Täter verurteilt wurden, setzte das Tribunal ein klares Zeichen: Kriegsverbrechen bleiben nicht folgenlos. Kein Regierungschef und kein Militärkommandeur steht über dem Gesetz.
Diese Lehre ist angesichts der aktuellen Kriege und Konflikte aktueller denn je. Mit Blick auf den Krieg Russlands gegen die Ukraine muss klar sein, dass auch diese Kriegsverbrechen nicht ungesühnt bleiben. Putin und seine Generäle müssen sich verantworten, und dabei darf es keine doppelten Standards geben.
Deshalb ist es für mich nicht nachvollziehbar, dass die Bundesregierung bei anderen Konflikten verurteilt, dass es zivile Opfer gibt, in Bezug auf die israelischen Kriegsverbrechen in Gaza aber die Augen verschließt. Diese Haltung untergräbt das Völkerrecht und schadet der außenpolitischen Glaubwürdigkeit Deutschlands.
Meine Damen und Herren, es ist absolut inakzeptabel, dass der Bundeskanzler Benjamin Netanjahu nach Deutschland einladen möchte, obwohl ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen ihn vorliegt.
(Widerspruch des Abg. Peter Beyer [CDU/CSU])
Es ist nicht hinnehmbar, dass Deutschland weiterhin Waffen nach Israel liefert, obwohl dort das Völkerrecht gebrochen wird. Auch das ist eine Lehre aus Srebrenica.
(Beifall bei Abgeordneten der Linken – Zuruf des Abg. Peter Beyer [CDU/CSU])
Es darf keine Ausnahmen geben, wenn es um Menschenrechte, zivile Opfer und Kriegsverbrecher geht, egal in welchem Krieg, egal in welchem Konflikt und egal von welcher Seite Kriegsverbrechen begangen worden sind.
Meine Damen und Herren, Srebrenica mahnt uns nicht nur zum Erinnern, es ruft uns auch zum Handeln auf: zum Handeln gegen jeden Versuch, Menschen aufgrund ihrer Religion, Herkunft oder Nationalität zu entmenschlichen. Deshalb müssen wir entschlossen für Menschenrechte eintreten und dürfen niemals akzeptieren, dass Gewalt gegen Zivilisten normalisiert und Kriegsverbrechen verharmlost werden.
Vielen Dank.
(Beifall bei der Linken sowie des Abg. Boris Mijatović [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])