Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eines kann die neue Regierung schon genauso gut wie die vorherige: sich ordentlich auf die Schulter klopfen. Ich frage mich: Für was eigentlich? Was haben Sie denn in diesen knapp 100 Tagen geliefert außer Chaos, gebrochene Versprechen und jetzt diesen Haushalt der Hoffnungslosigkeit?
Mit diesem Haushalt haben Sie eines ganz deutlich gemacht: Sie kehren den Menschen in diesem Land den Rücken zu und machen Politik gegen deren Interessen. Klar, irgendwie müssen Sie die massive Aufrüstung und die Steuergeschenke für Superreiche und Konzerne ja finanzieren. Aber da machen wir nicht mit!
(Beifall bei der Linken)
Diese Militarisierung, die Sie vorantreiben, ist ein Spiel mit dem Feuer – auch finanziell. Gemäß NATO-Beschluss sollen 5 Prozent des BIP für Aufrüstung zur Verfügung stehen. Schon das 2-Prozent-Ziel war kaum zu schaffen. 5 Prozent des BIP, das werden über 220 Milliarden Euro sein – die Hälfte des Haushalts. Ich frage Sie: Wo soll das Geld denn herkommen? Sie haben doch angeblich immer keins, also zumindest nicht, wenn es um Investitionen im Gesundheitsbereich, in bezahlbares Wohnen und in den ÖPNV geht oder um die Finanzierung von Sozialleistungen wie Bürgergeld oder Elterngeld. Dafür gibt es im Haushalt nämlich nicht mehr, sondern im Gegenteil: Sie kürzen an allen Ecken und Enden, während der Verteidigungshaushalt schon jetzt um rund 10 Milliarden Euro wächst. Aber jeder Cent, der in die Rüstung fließt, fehlt an anderer Stelle. „Whatever it takes“ – die Rechnung zahlen die anderen. Das ist ein Skandal.
(Beifall bei der Linken)
Und das Geld, das im Haushalt nach Ihren Rüstungsorgien noch übrig bleibt, werfen Sie denen hinterher, die sowieso schon zu viel haben. Steuersenkungen für Unternehmen? Gar kein Problem. Aber Senkung der Stromsteuer, um die Mehrheit zu entlasten? Das ist dann leider nicht mehr drin. Sie verteilen von unten nach oben. Wir wollen von oben nach unten verteilen, damit alle ein gutes Leben haben und nicht nur einige wenige.
(Beifall bei der Linken)
Ich fand es ja ganz interessant, was ich da jetzt auch aus den Reihen der AfD gehört habe. Deswegen erlauben Sie mir, an dieser Stelle einmal zu sagen, wie unfassbar scheinheilig Sie mal wieder sind, denn: Wer stellt sich denn gegen einen armutsfesten Mindestlohn? Die AfD!
(Zuruf des Abg. Maximilian Kneller [AfD])
Wer bekämpft Gewerkschaften? Die AfD! Wer ist gegen eine Vermögensteuer? Die AfD! Wer will sogar den Soli abschaffen, den eh nur die reichsten 10 Prozent zahlen müssen? Lassen Sie mich überlegen: Die AfD!
(Zuruf des Abg. Maximilian Kneller [AfD])
Wer ist gegen eine Bürger/-innenversicherung? Die AfD! Alles, was Sie hier erzählen, ist pure Heuchelei; denn es geht Ihnen nicht um die Menschen in diesem Land.
(Beifall bei der Linken)
Die belügen Sie jeden Tag aufs Neue. Die sind Ihnen total egal. Es geht Ihnen um Ihren eigenen Vorteil. Frau Weidel, wie lebt es sich denn so in der Schweiz mit der doppelten Diät? Ihre rechtsextreme Heuchelei ist einfach nur billig.
(Beifall bei der Linken – Zuruf des Abg. Maximilian Kneller [AfD])
Aber genau deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen von Union und SPD, ist es so schlimm, dass Sie mit Ihrem Haushalt die Menschen in diesem Land im Stich lassen. Denen erklären Sie ja seit Jahr und Tag, dass Sie so gerne mehr für sie tun würden, es aber nicht geht, weil das Geld fehlt. Ein kleiner Tipp von uns Linken: Das Geld fehlt nicht, es wird nur falsch verteilt.
(Beifall bei der Linken)
Und neueste Zahlen beweisen das. Ein Viertel des Vermögens in diesem Land liegt in den Händen von gerade einmal 0,005 Prozent der Bevölkerung. Deren Vermögen ist im letzten Jahr sogar noch mal um 16 Prozent gestiegen. Gleichzeitig werden die Schlangen an den Tafeln immer länger, immer mehr Menschen verlieren ihre Wohnung, Kinder wachsen in Armut auf, Rentner/-innen sammeln Pfandflaschen, und wer arm ist, stirbt Jahre früher als jemand, der viel Geld hat.
(Zuruf von der Linken: Eine Schande ist das!)
Und Sie? Sie versuchen nicht mal, die Schere zwischen Arm und Reich zu schließen. Sie reißen sie immer weiter auseinander. Ich sage es mal wirklich direkt: Es kotzt mich langsam an, Ihre Ausreden dafür hören zu müssen.
(Beifall bei der Linken – Jörn König [AfD]: Das ist aber unparlamentarisch!)
Denn: Wo sind Ihre Vorschläge, um Steuerschlupflöcher zu schließen und Steuerbetrug zu verfolgen? Wo sind die Gesetzentwürfe für eine Erbschaftsteuerreform oder eine Vermögensteuer? Es ist beeindruckend, wie viel Energie Sie darauf verwenden, Ausreden zu finden. Stecken Sie die doch mal in die Suche nach Lösungen! Stellen Sie sich mal vor, wir hätten wenigstens diese Vermögensteuer. Geschätzt wären das jährlich, selbst wenn Sie eine sehr moderate Version ansetzen, 20 Milliarden Euro für die Bundesländer, und damit für Schulen, für Kitas, für Universitäten, für echte Bildungsgerechtigkeit. Das wäre ohne Probleme möglich. Was damit alles machbar wäre, wenn Sie den Mut hätten, diese Steuer, die ja nur ausgesetzt ist, endlich zu reaktivieren!
(Beifall bei der Linken)
Aber ich verstehe schon: Sie wollen sich nicht mit den Superreichen anlegen. Wir allerdings schon.
(Beifall bei der Linken – Jörn König [AfD]: Bingo!)
Es geht eben an dieser Stelle auch wirklich ums Wollen und nicht ums Können. Das haben wir auch bei der Schuldenbremse gesehen. Die heilige, die gottgegebene Schuldenbremse, die haben Sie einfach mal so ausgesetzt – zack –, aber natürlich nur für Rüstung. Dafür haben Sie sogar noch den alten Bundestag wieder einberufen, obwohl der neue schon gewählt war. Ich meine, das ist doch mal Engagement. Warum geht das an anderer Stelle nicht? Denn eigentlich soll ja noch eine Reform der gesamten Schuldenbremse folgen. Das steht zumindest in Ihrem Koalitionsvertrag. Aber was da so steht und was wirklich umgesetzt wird, damit nehmen Sie es ja nicht so genau. Das ist ja auch kein Wunder; denn die Union will das gar nicht, und die SPD schreibt es dann auf ihre Liste von Dingen, die sie leider mal wieder nicht durchsetzen konnte, wie den Mindestlohn von 15 Euro.
(Beifall bei der Linken)
Ich kann schon gar nicht mehr wütend auf euch sein, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD. Ihr tut mir einfach nur noch leid. Wie die Union euch auch noch das letzte Stück Sozialdemokratie nimmt, das schmerzt. Und Matthias: Ja, Kompromisse sind wichtig, aber die SPD geht in dieser Koalition unter. Das zeigt sich doch an dem vergifteten Lob von Herrn Merz, weil die SPD dem Familiennachzug zugestimmt hat.
(Beifall bei der Linken)
An dieser Stelle – und man kann es anscheinend nicht oft genug sagen –: Man bekämpft Rechtsextreme nicht mit rechtsextremer Politik. Man bekämpft sie, indem man sich hinter das Grundgesetz stellt und hinter das Asylrecht. Diese Politik brauchen wir in diesem Land!
(Beifall bei der Linken)
Aber eins muss ich Ihnen von der Union ja lassen – zumindest an dieser Stelle waren Sie immer ziemlich ehrlich –: Als es darum ging, die Schuldenbremse auszusetzen, haben Sie gesagt: Wir müssen jetzt konsolidieren, wir müssen sparen. – Sparen, das klingt immer so schön, gerade in Deutschland. Die Leute hier sparen gerne, zumindest wenn sie am Ende des Monats überhaupt noch Geld dafür übrig haben. Denn ein Drittel der Menschen in diesem Land hat am Ende des Monats keinen einzigen Cent mehr auf dem Konto. Wenn die Preise steigen, wenn die Mieten steigen, wenn die Waschmaschine kaputtgeht, wenn das Kind auf eine Klassenfahrt will, dann stellt das diese Menschen vor Herausforderungen, die sie nicht bewältigen können.
Wenn Sie vom Sparen reden, dann bedeutet das eben Sparen auf Kosten dieser Menschen, und das müssen Sie den Leuten auch so ehrlich sagen.
(Beifall bei der Linken)
Denn es gibt mal wieder viel zu wenig Geld für den sozialen Wohnungsbau – und nein, die zahnlose Mietpreisbremse hilft da nicht –, es gibt wieder keine Erhöhung beim Elterngeld, es gibt keine Finanzierung fürs Deutschlandticket. Das bedeutet Ihre Sparpolitik: Ohne Rücksicht auf Verluste wird alles gekürzt und gestrichen.
Besonders krass fand ich eine Aussage von Ihnen, Herr Merz, auf einem Kommunalkongress vor wenigen Wochen. Da sprachen Sie davon, dass die Kosten für die Jugend- und Eingliederungshilfe in den letzten Jahren immer um rund 10 Prozent gestiegen sind. Sie sagten, das müsse man auf den Prüfstand stellen, da sei doch Potenzial. Jetzt hoffe ich wirklich, Herr Merz, dass Sie einfach nicht gewusst haben, wovon Sie reden; das wäre wirklich noch die beste Option an der Stelle.
(Zuruf von der CDU/CSU: Quatsch!)
Denn Jugendhilfe heißt zum Beispiel Kita. Das System ist sowieso schon kurz vorm Kollaps und wird nur dank der Mitarbeitenden aufrechterhalten. Wir müssen die Zahl der Plätze ausbauen und Personal gewinnen. Und hier wollen Sie kürzen?
Jugendhilfe heißt auch Unterstützung für Kinder und Jugendliche, die es sowieso schon schwer genug haben. Und ich weiß, wovon ich rede; ich habe da jahrelang gearbeitet.
(Zuruf von der AfD)
Das sind junge Menschen mit psychischen Krankheiten, die aus schwierigen Familien stammen, die traumatische Erfahrungen gemacht haben.
(Marcel Queckemeyer [AfD]: Gerade dann!)
Wir brauchen hier viel mehr Angebote. Und hier wollen Sie kürzen?
Und die Eingliederungshilfe! Da reden wir über Inklusion, über Teilhabe von Menschen mit Behinderung. Egal ob in der Schule, im Arbeitsmarkt, beim ÖPNV: Diese Menschen haben noch so viele Barrieren vor sich. Die müssen abgebaut werden. Und hier wollen Sie kürzen? Das ist Ihr Angebot an die Menschen da draußen?
Die Menschen, die Unterstützung brauchen, bekommen sie nicht. Das bedeutet es, wenn Sie hier so nett vom Sparen reden.
(Beifall bei der Linken sowie der Abg. Simone Fischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Und das zieht sich auch wie ein schwarzer Faden durch den Haushalt. Bei den Freiwilligendiensten kürzen Sie zum Beispiel auch. Durch jede Talkshow tingeln und einen Pflichtdienst verlangen, aber die Freiwilligenangebote nicht richtig ausfinanzieren: Das ist genau mein Humor.
(Beifall bei der Linken)
Auch beim Elterngeld gibt es die dringend notwendige Erhöhung für Menschen, die Kinder erziehen, mal wieder nicht. Aber die gab es ja auch die letzten 18 Jahre nicht. Wahrscheinlich denken Sie sich, die Familien haben sich schon daran gewöhnt, dass es vorne und hinten nicht reicht.
Und für wen ist in Ihrem Haushalt auch kein einziger Cent vorgesehen? Für Frauen, die von Gewalt betroffen sind. Ich schätze, Sie ruhen sich darauf aus, dass 2027 das Gewalthilfegesetz in Kraft tritt, und bis dahin ignorieren Sie einfach die steigende Gewalt gegen Frauen, den Mangel an Frauenhausplätzen und Beratungsangeboten.
Übrigens: Wer ist noch massiv von Gewalt betroffen? Queere Menschen. Während Sie hier vom „Zirkuszelt“ reden, Herr Merz, werden diese Menschen bedroht und angegriffen. Das Mindeste, was sie von Ihnen als Kanzler verlangen können, ist doch ein bisschen Solidarität.
(Beifall bei der Linken)
Die Menschen in diesem Land leisten so unfassbar viel – ob bei der Erwerbsarbeit oder bei der Sorgearbeit. Trotzdem ruft ihnen ihr Kanzler zu: Mit Work-Life-Balance können wir unseren Wohlstand nicht halten. – Wessen Wohlstand meinen Sie damit eigentlich, und von welcher Work-Life-Balance reden Sie, wenn die Alleinerziehende zwischen Job, Kita und Schule hin- und herrennen muss, wenn der Rentner mit über 70 Jahren noch an der Supermarktkasse steht, weil es sonst für die Miete nicht reicht, und wenn die Reinigungskraft abends noch Pakete ausfährt, weil ein Job eben nicht genug ist?
Sie könnten diese Probleme angehen, zum Beispiel mit einem armutsfesten Mindestlohn. Aber stattdessen spielen Sie die, die wenig Geld haben, gegen die aus, die gar kein Geld haben. Am härtesten trifft es die Menschen im Bürgergeld; auf die prügeln Sie hier immer härter ein. Aber ein kleiner Realitätscheck: Über die Hälfte der Eltern im Bürgergeld hat schon mal auf Essen verzichtet, damit die Kinder genug haben. – Was ist das für ein Armutszeugnis!
(Beifall bei der Linken)
Das sind die Menschen, auf die Sie immer wieder eintreten – in jeder Talkshow, in jeder Rede, an jedem Stammtisch wahrscheinlich auch.
Ich sage Ihnen mal: Der Betrug im Bürgergeld kostet uns laut Studie 270 Millionen Euro im Jahr. Das ist nicht okay; ja, alles klar. Aber Steuerbetrug kostet uns 100 Milliarden Euro, und ein Ex-Minister Jens Spahn kostet uns mutmaßlich mehrere Milliarden Euro. Vielleicht sollten Sie da mal so intensiv aufklären wie beim Bürgergeld.
(Beifall bei der Linken)
Aber ich verspreche Ihnen: Wir als Linke stehen immer an der Seite derjenigen, die am Ende des Monats im Supermarkt ganz genau rechnen müssen, ob es noch für den Einkauf reicht, die ihren Kindern keinen Urlaub ermöglichen können, die an den Kosten für das Pflegeheim ihrer Eltern verzweifeln und sich fragen, wie sie das alles noch schaffen sollen. Wir werden diese Menschen mit Ihrem Haushalt der Hoffnungslosigkeit nicht alleinlassen.
Gegen Ihre Politik der sozialen Kälte stellen wir unsere Solidarität – mit Sozialberatungen, unserem Mietwucherrechner, unserem Heizkostencheck, unserem Meldeportal für Mindestlohnbetrug, unserem Fraktionsverein. Denn für uns ist klar: Niemals allein, immer gemeinsam.
(Beifall bei der Linken)