Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Die EU sollte abgeschafft werden“, Zitat Elon Musk, Überreicher und Faschistenfreund, der aktuell massiv gegen die Europäische Union hetzt.
(Stephan Brandner [AfD]: Herr Präsident, Sie hat Faschist gesagt! Faschist darf man nicht sagen!)
Warum er das macht? Tja, die Europäische Union hat sich erdreistet, geltendes Recht durchzusetzen, konkret den Digital Services Act, mit dem Nutzer/-innen im Internet geschützt werden sollen und gegen den Musk mit seiner Höllenplattform X, vormals Twitter, verstoßen hat. 120 Millionen Euro Strafe soll das Unternehmen zahlen, lächerlich für jemanden wie Musk, der mittlerweile 510 Milliarden Euro besitzt – 510 Milliarden! Zum Vergleich: Der Bundeshaushalt umfasst circa 525 Milliarden Euro. Ein Mann allein verfügt über so viel Geld, wie die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt in einem Jahr ausgibt, und nutzt die damit verbundene Macht, um demokratische Institutionen anzugreifen und Rechtsextremen Einfluss und Reichweite zu verschaffen. Wenig überraschend also, dass seine Schoßhündchen hier im Deutschen Bundestag am Freitag direkt die Abschaffung des von Musk so verhassten Digital Services Act zum Thema machen. Brav!
(Beifall bei der Linken)
Ich lehne mich mal ganz weit aus dem Fenster und sage: Erstens. Ich finde, es sollte keine Milliardäre geben.
(Beifall bei der Linken – Lachen bei der AfD – Jens Spahn [CDU/CSU]: Vorwärts immer ...!)
Zweitens. Kein Mensch sollte allein die Geschicke einer riesigen Kommunikationsplattform lenken.
Dass die EU endlich mal ihre eigenen Gesetze umsetzt, ist Ausdruck eines funktionierenden Gemeinwesens. Noch besser wäre es, in der Europäischen Union würden generell die Interessen der Mehrheit im Vordergrund stehen und nicht die Profite Einzelner. Denn wo Deutschland, also diese Regierung, versagt, versagt auch die Europäische Union. Die Ungleichheit ist viel zu groß. Überreiche haben auch hier zu viel Macht, und wichtige Investitionen, zum Beispiel in Soziales, werden durch die Schuldenregeln der EU in den Mitgliedstaaten verhindert.
Aber an einem Punkt war die Europäische Union ja unbestreitbar eine Erfolgsgeschichte: Es gab zwischen ihren Mitgliedern zwar immer wieder Differenzen, aber seit ihrem Bestehen niemals eine kriegerische Auseinandersetzung. Deswegen ist doch ganz klar: Die EU muss ihre Rolle als Friedensprojekt ausweiten. Aber mehr noch: Wir brauchen eine EU mit besseren Löhnen und Arbeitsbedingungen für alle und keinen Unterbietungswettbewerb, der auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen wird.
(Beifall bei der Linken)
Wir brauchen eine Europäische Union, die die Verantwortung für echten Klimaschutz nicht immer weiter auf die folgenden Generationen abwälzt. Das heißt, wir brauchen eine sozialere, eine demokratischere Union in Europa und auch hier im Bundestag.
(Beifall bei der Linken)
Das, was wir aber ganz sicher nicht brauchen, ist ein Kanzler, der dem Despoten Trump auch noch nach dem Mund redet, wenn der vom Untergang der Europäischen Union faselt: Europa muss vorsichtig sein, Europa geht in eine schlechte Richtung. – Ja, leider. Herr Merz, sich nach diesen und anderen Aussagen hinzustellen und zu sagen: „Wenn ihr mit Europa nichts anfangen könnt, dann macht wenigstens Deutschland zu eurem Partner“, ist doch fatal. Deutschland spielt in der EU eine besonders wichtige Rolle. Gerade deshalb ist es Ihre Aufgabe als Kanzler und auch die der Regierung, die Europäische Union zu verteidigen, statt sie Trump zum Fraß vorzuwerfen.
(Beifall bei der Linken)
Wenn Sie sich auf Kosten der EU bei Trump anbiedern, verraten Sie damit die Idee der Europäischen Union. Und wofür? Für einen Platz am Katzentisch. Denn nichts fürchten Trump, Putin und Co mehr als ein vereinigtes Europa. Also, wenn es je ein gutes Argument für die EU gegeben hat, dann liegt es jetzt auf dem Tisch.
(Beifall bei der Linken)
Die EU steht aber nicht nur von außen unter Beschuss. Rechtsextreme Parteien aus ziemlich allen Mitgliedsländern versuchen alles, um dieses Projekt zu Fall zu bringen. Diesen Feinden, liebe Union, reicht man nicht die Hand, weder hier im Bundestag noch in der EU. Aber genau das haben Sie wieder getan, schon Anfang des Jahres hier im Bundestag und jetzt wieder im Parlament der Europäischen Union. Herr Spahn, Sie können sich hierhinstellen, Reden halten und fragen, welcher Nazi gerade die Fraktion anführt, aber das ändert nichts an Ihrem Handeln, und das ist das Problem.
(Beifall bei der Linken)
Die konservativen Parteien haben Mehrheiten mit den Rechten organisiert, um gegen die Interessen der Mehrheit die Agenda der Großkonzerne durchzusetzen, im Zweifel also mit den Faschisten gegen die Menschen. Im Pakt mit Rechtsaußen haben Sie Gesetze gegen Klimaschutz und Arbeitnehmer/-innenrechte durchgedrückt. Das ist schäbig.
(Beifall bei der Linken)
Gerade die letzten Tage zeigen, dass eine gemeinsam agierende EU von zentraler Bedeutung wäre. Es ist genau richtig, dass aktuell Gespräche mit dem ukrainischen Präsidenten, europäischen Amtskollegen und Unterhändlern aus den USA stattfinden. Aber viel zu lange hat die EU nur am Rand gestanden. Wenn sich Herr Merz jetzt hinstellt und sagt, mehr Diplomatie als in diesen Tagen habe es nie gegeben, dann ist das wirklich ein Armutszeugnis nach über drei Jahren dieses grausamen Krieges. Denn unterschiedliche Runden in unterschiedlicher Zusammensetzung, die sich auf Zuruf treffen, sind keine Diplomatie. Die Welt dreht sich, aber die EU hat nicht Schritt gehalten.
(Zuruf der Abg. Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Umso wichtiger, diese jetzige Chance zu nutzen und auch weitere Verhandlungspartner wie China an den Tisch zu holen,
(Beifall bei der Linken – Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach doch! Zu früh gefreut!)
um diesen Friedensprozess auf breite Beine zu stellen. Die EU muss der Akteur sein, der Ordnung in die diplomatischen Bemühungen bringt; denn weder Trump noch Putin haben ein Interesse daran.
(Zuruf der Abg. Agnieszka Brugger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Nur so kann Diplomatie erfolgreich sein. Denn eines ist klar: Das Töten in der Ukraine muss zu einem Ende kommen, und der Wiederaufbau des Landes muss schnellstmöglich beginnen. Dabei müssen ukrainische Interessen im Vordergrund stehen, und es darf nicht dazu kommen, dass das Land zwischen amerikanischen und russischen Investoren aufgeteilt wird.
(Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schön abgelesen!)
Deswegen sagen wir ganz klar: Die Ukraine braucht einen Schuldenschnitt. Es ist richtig, dass die EU darüber berät, welche Möglichkeiten es gibt, Russland auch finanziell zur Verantwortung zu ziehen. Die Debatten hätten schon viel früher stattfinden müssen. Aber tun Sie bitte nicht so, als sei das rechtlich so einfach. Schön wäre es ja. Aber das Völkerrecht muss geachtet werden. Viel einfacher wäre es, die massiven Vermögen der Oligarchen hinter Putin endlich konsequent zu konfiszieren. Das schadet ihm genauso, ist einfacher und rechtssicher.
(Beifall bei der Linken)
Ein Spiel mit dem Feuer aber ist Ihre Idee, dass europäische Truppen zur Absicherung des Waffenstillstands in der Ukraine stationiert werden sollen. Was würde das denn konkret bedeuten, wenn es tatsächlich zu einer Luftraumverletzung kommt? Dann müssten europäische und damit deutsche Truppen auf russische Truppen schießen. Das hat Herr Merz ja mittlerweile in diversen Interviews auch deutlich gesagt.
(Zuruf der Abg. Agnieszka Brugger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Damit hätten wir genau die Eskalation, vor der wir die ganze Zeit gewarnt haben.
Deswegen frage ich mich, warum in Ihren Überlegungen die UNO keine Rolle spielt.
(Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die UNO? Wo Russland mit im Sicherheitsrat sitzt! Meine Güte! Weil Russland ein Veto hat! Deswegen!)
Setzen Sie statt einer europäischen Truppe auf Blauhelmtruppen, bei denen nicht die Gefahr besteht, dass es zu einer direkten Auseinandersetzung zwischen russischen und NATO-Truppen kommt! Nur so kann eine dauerhafte Friedenssicherung gelingen, und das ist es, was die Menschen in der Ukraine so dringend brauchen.
(Beifall bei der Linken – Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Heidewitzka! Mit russischen Blauhelmen, oder was?)
Ich möchte zum Abschluss noch einen besonders wichtigen und guten Punkt hier zum Thema machen. Heute wurde im EU-Parlament über eine Bürgerinitiative abgestimmt, in der es um den sicheren und legalen Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen ging. Das Parlament hat der Initiative zugestimmt. Ich sage Ihnen auch hier wieder deutlich: My body, my choice. Streichen Sie endlich den unsäglichen § 218!
(Beifall bei der Linken)

