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Scheinlösungen und Schulterschluss mit Rechtsextremen

Rede von Heidi Reichinnek,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer sich die letzten Jahre gefragt hat, wann der Punkt kommt, an dem unser Land in eine Richtung kippt, die ernsthaft gefährlich wird: Das ist der Punkt – heute, hier! Und dagegen müssen wir, die wir die Demokratie ernsthaft verteidigen, geschlossen zusammenstehen.

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Herr Merz, ich kann Ihnen nur sagen – jetzt ist er wieder weg –: Herzlichen Glückwunsch! Sie haben es geschafft! Sie haben dafür gesorgt, dass eine rechtsextreme Partei zum ersten Mal seit 1945 hier in diesem Land die Möglichkeit hat, ihre Politik aktiv durchzusetzen. Ich frage mich: Wie fühlen Sie sich gerade? Sind Sie stolz? Sind Sie zufrieden? Ist es Ihnen einfach total egal? – Sie haben gerade gesagt: Von meiner Partei reicht niemand der AfD die Hand. – Stimmt, Sie liegen sich ja schon lange glücklich in den Armen.

(Beifall bei der Linken und der SPD)

Ihre Rede hat es erneut eindrücklich gezeigt: Sie wiederholen jeden historischen Fehler, der dieses Land in seine dunkelste Zeit gestürzt hat. Sie verlassen die Mitte der Gesellschaft – und die Mitte der Gesellschaft verlässt Sie. Dass Sie mit einer Partei zusammenarbeiten, die offiziell in Teilen rechtsextrem ist – oder in meinen Worten: durch und durch faschistisch –, ist eine Schande, nicht nur für Ihre Partei, sondern für dieses Parlament und für unser Land.

(Beifall bei der Linken und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Seit der letzten Abstimmung ist Michel Friedman aus der Union ausgetreten – nach über 40 Jahren. Der Holocaustüberlebende Albrecht Weinberg gab sein Bundesverdienstkreuz zurück. Beide ertragen nicht, wohin Sie die Union treiben, wohin Sie dieses Land treiben wollen. Selbst Kai Wegner will dieses Gesetz im Bundesrat stoppen, nicht etwa, weil er die SPD an den Hacken hätte, sondern weil Sie die AfD im Schlepptau haben.

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD)

Die Menschen im Land gehen auf die Straße; manche sehen sich diese Debatte gerade entsetzt an und haben Angst, was als Nächstes kommt. Ich sage Ihnen noch mal: Der Weg, auf den Sie die Union geführt haben, ist brandgefährlich. Noch haben Sie die Chance: Kehren Sie endlich um!

(Beifall bei der Linken, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie hätten nach Mittwoch diesen Antrag zurückziehen können. Er hätte zurücküberwiesen werden können. Sie hätten jede Chance gehabt, diese Situation zu verhindern, und haben es nicht getan.

Ich erwarte nicht nur eine Entschuldigung von Ihnen, Herr Merz, wie Kollege Mützenich, ich erwarte, dass Sie als Kanzlerkandidat zurücktreten.

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Das ist ja lustig!)

Und wenn Sie dafür nicht das Format haben, Herr Merz, dann sage ich an die Basis der Union gerichtet ganz deutlich: Trennt euch von diesem Kanzlerkandidaten! Er zerstört alles, wofür eure Partei stehen will. – Und ja, ich richte mich an die Basis der Union; denn der Applaus Ihrer Fraktion hat ja gezeigt, dass auf sie in dieser Frage definitiv kein Verlass ist.

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sie wollen über die Inhalte Ihres Antrages reden. Dann erklären Sie mir doch bitte, wie Sie für Sicherheit sorgen, indem Sie den Familiennachzug aussetzen, indem Sie Frauen und Kinder zwingen, in Kriegs- und Krisengebieten zu bleiben. Warum bestrafen Sie diejenigen, die unseren Schutz brauchen? Ist das christlich?

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Auch diesmal versuchen Sie, die demokratischen Parteien zu erpressen. Sie stellen sich hin und fordern Zustimmung für diesen rechtswidrigen und menschenfeindlichen Antrag und sagen dann: Wenn ihr eure Werte nicht verraten wollt, dann gehe ich zu den Rechtsextremen. – Na, das ist ja wunderbar. Wer in drei Tagen so viel Chaos anrichtet wie Sie, Herr Merz, an dessen Kanzlerschaft will ich gar nicht denken.

(Beifall bei der Linken und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich komme zum Schluss. Der SPD und den Grünen sage ich deswegen ganz deutlich: Mit einer Union unter Merz könnt ihr nicht zusammenarbeiten, sagt das, weder vor der Wahl noch danach. Sagt das deutlich!

(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [Die Linke])

Diese Selbsthilfegruppe hier brauchen wir nicht.

Mein letzter Satz. Allen, die aufgrund dessen, was hier passiert, Angst um sich, um ihre Familie haben und denken: „Vielleicht muss ich hier weg“, sage ich: Nicht mit uns! Wir stehen zusammen!

Kein Fußbreit denen, die mit ihrem Hass entzweien wollen! Die Brandmauer, das sind wir.

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD)