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Antifaschismus fängt bei der Stromrechnung an.

Rede von Ines Schwerdtner,

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Reiche und Herr Klingbeil – er ist jetzt nicht hier –, ich habe ja nicht viel von dieser Regierung erwartet. Aber zwei Wahlversprechen in zwei Wochen zu brechen – selbst für Ihre Verhältnisse –: Chapeau!

Sie haben versprochen, Strom für alle günstiger zu machen. Doch entlasten wollen Sie nur die Industrie. Familien, Handwerksbetriebe und Mieter zahlen weiter drauf, während große Konzerne Milliarden sparen. Das ist keine soziale Energiepolitik, das ist Klientelpolitik von oben.

(Beifall bei der Linken)

Und das ist nur der Auftakt für einen Haushalt, über den wir diese Woche beraten, der sich systematisch gegen die Mehrheit in diesem Land stellt. Noch nie hatte eine Bundesregierung so viel Geld für Investitionen, und noch nie hat eine Bundesregierung sie systematisch so ungerecht verteilt. Es ist lupenreine Umverteilung von unten nach oben.

(Beifall bei der Linken)

Katherina Reiche ist das Gesicht dieses politischen Kurses und das Gesicht des klassischen Drehtürprinzips. Sie wechselte direkt vom Regierungsamt in die Energiewirtschaft, erst als Chefin des Lobbyverbands der kommunalen Versorger, dann als Vorständin bei einem EON-Unternehmen. Heute ist sie zurück, als Wirtschaftsministerin. Und sie macht genau da weiter, wo sie aufgehört hat: Sie macht Politik für ihre alten Kontakte.

(Beifall bei Abgeordneten der Linken)

Sie verhandelt nicht mit der Energiewirtschaft, sie ist die Energiewirtschaft.

Was das bedeutet, sieht man ja ganz konkret: Im Koalitionsvertrag war eine Senkung der Stromsteuer für alle versprochen. Doch Ministerin Reiche sorgt dafür, dass eben nur die Industrie entlastet wird. Und dann zum sagenumwobenen Investitionsbooster, von dem Herr Klingbeil so gern spricht: 72 Prozent der Entlastungswirkung bei der Unternehmensteuerreform werden beim reichsten Prozent der Bevölkerung landen – beim reichsten Prozent! Das ist widerwärtig.

(Beifall bei der Linken)

Das ist keine sinnvolle Wirtschaftspolitik. Das ist ein Haushalt für Ihre Freunde, nicht für die Mehrheit in diesem Land. Und Sie, die Sozialdemokraten und auch Herr Klingbeil, machen mit. Wenn also Reiche, Merz und Klingbeil von „Wirtschaft“ sprechen, dann meinen Sie vor allem Vorstände, Verbände, Konzerne, nicht die Menschen im Schichtdienst, nicht Familien mit steigenden Rechnungen und nicht die Realität.

Wissen Sie, was der Unterschied ist zwischen Ihren Klienten und den Menschen, die wir vertreten? Die Menschen da draußen, die wollen kein Sonderrecht, die wollen keinen VIP-Zugang und auch keine Schlupflöcher. Sie wollen für ihre Arbeit etwas zurückbekommen.

(Dr. Rainer Kraft [AfD]: Ihre Wähler arbeiten doch gar nicht!)

– Sie brauchen von Wirtschaft gar nicht zu reden. –

(Maximilian Kneller [AfD]: Nee! Sie brauchen von Wirtschaft gar nicht zu reden!)

Sie wollen, dass es gerecht zugeht, dass sie nicht alleingelassen werden, wenn die Preise steigen, dass nicht immer die mit den besten Beziehungen gewinnen – Sie von der CDU kennen sich da ja aus –, sondern die, die den Laden am Laufen halten.

(Beifall bei der Linken)

Doch was erleben sie stattdessen? Entlastungen für die Konzerne und Steuergeschenke für die Reichsten. Und irgendwann sagen sie dann: Die da oben machen, was sie wollen. – Und sie haben recht. Die Enttäuschung ist nicht einfach eine Stimmung. Sie ist Realität, und sie ist brandgefährlich.

Ein aktueller Fall – Sie sprechen ja von positiven Signalen; aber vielleicht schauen Sie mal zur Chemieindustrie nach Ostdeutschland –: Der Chemiekonzern Dow macht zwei Werke in Ostdeutschland dicht. Tausende Menschen verlieren ihre Jobs und ihre Perspektive. – Die Bundesregierung sieht einfach dabei zu. Sie verliert nicht einmal ein Wort darüber und nimmt das billigend in Kauf.

(Zuruf des Abg. Raimond Scheirich [AfD])

Statt Strukturreformen anzupacken, lassen Sie ganze Regionen im Stich.

Wer die Demokratie schützen will, muss für die Interessen der vielen kämpfen.

(Ruben Rupp [AfD]: Das machen Sie nicht!)

Antifaschismus fängt bei der Stromrechnung an.

(Dr. Saskia Ludwig [CDU/CSU]: Bitte! – Maximilian Kneller [AfD]: Der fing vor ein paar Jahren mal mit der Mauer an, die Sie gebaut haben!)

Wir wollen, dass der Strompreis für alle sinkt, nicht nur für Fabriken, sondern auch für die Familien. Wir fordern massive Investitionen in Schulen, in Krankenhäuser, in Wohnungen und in gute Jobs.

(Beifall bei der Linken)

Wir fordern eine Industrie, die klimafreundlich umgebaut wird und die demokratisch kontrolliert wird, finanziert durch Steuern auf große Vermögen und nicht durch Kürzungen bei Armen; denn das ist erbärmlich.

(Beifall bei der Linken – Zuruf des Abg. Tilman Kuban [CDU/CSU])

Dieses Land funktioniert nur, weil Millionen Menschen alles geben. Geben Sie ihnen etwas davon zurück!

(Beifall bei der Linken)