Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Abgeordnete! Das Allerwichtigste zuerst: Das Einfrieren des russischen Staatsvermögens war vollkommen richtig. Putin darf nicht an das Geld kommen, weil es ihn stärkt und seinen brutalen Angriffskrieg verlängert. Das geht zulasten beider Zivilbevölkerungen sowie der Zukunft der Ukraine. Das müssen wir verhindern.
(Beifall bei der Linken sowie des Abg. Johannes Schraps [SPD])
Neben dem russischen Staatsvermögen müssen wir aber ehrlicherweise auch die Vermögenswerte russischer Oligarchen endlich in den Blick nehmen. Noch immer fehlt ein europaweites Immobilienregister, vom deutschen ganz zu schweigen. Wer allerdings Kriegsprofiteure treffen will, muss auch privates Vermögen systematisch erfassen, offenlegen und einfrieren.
(Beifall bei der Linken sowie des Abg. Johannes Schraps [SPD])
Ohne diese Maßnahmen entsteht ein Sanktionsregime, das unvollständig, ungerecht und ineffektiv bleibt. Das würde übrigens auch gegen Finanzkriminalität helfen.
Und ja, natürlich ist es vollkommen richtig, dass das eingefrorene russische Staatsvermögen zum Zweck der Reparations- und Entschädigungszahlungen genutzt werden soll. Offen ist jedoch nach wie vor die Frage: Welche Institution soll die Vermögenswerte wann und zu welchen Konditionen ausschütten? Bisher haben wir lediglich einen Kommissionsvorschlag, aber noch kein geeintes europäisches Vorgehen.
Diese offene Frage hat mindestens drei Dimensionen: erstens eine außenpolitische, zweitens eine finanzpolitische und drittens eine juristische.
Beginnen wir mit der außenpolitischen Dimension. Wir haben hier gestern bereits über den Verlauf des Krieges diskutiert. Was mir allerdings in der Debatte vollkommen fehlt, ist die sich abzeichnende humanitäre Notlage, vor der die Ukraine steht. Zerstörte Energieinfrastruktur, löchrige Flugabwehr, massive Strom- und Heizungsausfälle, Versorgungsengpässe – all das wird die Lage der Zivilbevölkerung dramatisch verschlechtern. Dabei dürfen wir nicht zuschauen. Das muss verhindert werden!
(Beifall bei der Linken)
Wenn wir jedoch über die Frage diskutieren, wie der Krieg in der Ukraine schnellstmöglich beendet werden und ob die Auszahlung der eingefrorenen russischen Staatsvermögen dabei unterstützen kann, dürfen wir die derzeit diskutierten Friedenspläne von Trump nicht außer Acht lassen.
Tatsächlich verfolgt Trump offenbar den Plan, dass Russland sogar einen Teil der Gelder zurückerhalten soll. Außerdem droht Russland mit der Beschlagnahmung von 263 Milliarden Euro westlicher Assets in Russland. Damit bleibt vollkommen offen, welche außenpolitische Wirkung diese Maßnahmen tatsächlich entfalten würden.
Kommen wir zur finanzpolitischen Dimension; darüber haben wir bereits gesprochen. Der belgische Premierminister Bart De Wever hat in den letzten Tagen sehr deutlich gemacht, dass der belgische Staat die Haftungsrisiken weder allein tragen kann noch möchte.
(Zuruf des Abg. Kay Gottschalk [AfD])
Wir finden: Ein gemeinsam getragenes Agieren der Mitgliedstaaten der EU muss auch eine gemeinsame Verantwortungsübernahme zur Folge haben, auch in diesem Fall.
(Beifall bei der Linken sowie der Abg. Johannes Schraps [SPD] und Deborah Düring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Tatsächlich vollkommen ausgeblendet wird bisher die Frage des Schuldenschnitts. Die Ukraine steht mit 60 bis 70 Prozent Auslandsschuldenquote bei einem Bruttoinlandsprodukt von nur 180 Milliarden US-Dollar schon heute am Limit. Das heißt, wir brauchen einen Schuldenschnitt,
(Kay Gottschalk [AfD]: Ah!)
um überhaupt ein tragfähiges Wiederaufbaukonzept zu entwickeln.
(Beifall bei der Linken)
Kommen wir zur juristischen Dimension. Ihr Antrag fordert Schritte, die juristisch ungeklärt und politisch schwer umsetzbar sind.
Deswegen können wir uns bei diesem Antrag nur enthalten.
(Beifall bei der Linken sowie des Abg. Johannes Schraps [SPD])
