Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kurz vor der Klimakonferenz in Brasilien warnt die UN, dass wir aktuell auf 2,8 Grad Erderwärmung zusteuern. Das 1,5-Grad-Fenster schließt sich. Und mit jedem Zehntelgrad mehr werden die Folgen dramatischer: Hitze, Dürren, Fluten, Ernteausfälle. Die UN spricht von dem Risiko eines Klimakollaps. Die dramatischen Folgen des Klimawandels sind längst Realität. Sie schaffen Naturkatastrophen, Hungersnöte, Konflikte und immer neue Fluchtursachen.
Und was fordert die AfD? Sie leugnet den menschengemachten Klimawandel und will erneuerbare Energien zurückdrängen. Sie wollen zurück zur Atomenergie,
(Marc Bernhard [AfD]: Nee, Kernenergie! – Enrico Komning [AfD]: Ja, wollte die CDU auch mal!)
erklären die Klimakrise zur Hysterie, Windräder zum Problem und machen sich auf einmal Sorgen um das Recycling von Solarpanels sowie um Müllprobleme und hohe Rückbaukosten beim Abriss von Windrädern.
(Marc Bernhard [AfD]: Die werden gar nicht zurückgebaut! Das ist ja das Problem!)
Die Rückbaukosten für Atomkraftwerke betragen übrigens 1 Milliarde Euro – pro Anlagenblock, wohlgemerkt.
(Zuruf des Abg. Enrico Komning [AfD])
Und da sind die Kosten für die Endlagerung des Atommülls noch nicht mal mit drin. Die Geschichte vom billigen Atomstrom und den teuren Erneuerbaren ist eine Mär, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD)
Aber von Tatsachen lassen Sie sich in Ihrem Weltbild ja bekanntlich nicht beirren.
(Dr. Michael Kaufmann [AfD]: Warum sind dann unsere Strompreise so hoch?)
Und dann die plötzliche Liebe zum Naturschutz, die immer dann erwacht, wenn irgendwo ein Windrad geplant ist; denn dann ist der Wald auf einmal heilig. Wenn es um Straßenbau oder um Tagebau geht, kann fröhlich abgeholzt werden. Aber wenn ein Windrad aufgestellt werden soll, dann wird die AfD zum Waldschützer.
(Leif-Erik Holm [AfD]: Weil es nicht funktioniert! Warum sollen wir Wald abholzen, wenn es nicht funktioniert?)
Also das ist doch wirklich absurd!
(Beifall bei der Linken)
Ich sage Ihnen: Klimaschutz ist Naturschutz. Die größte Gefahr für Wälder, Arten und Ernten ist der Klimawandel
(Marc Bernhard [AfD]: Nee, das sind die Grünen!)
und doch nicht das Windrad am Horizont.
Und der Antrag der AfD ist wirklich auf allen Ebenen daneben. Sie beantragen, dass der Bundestag die Bundesregierung auffordert, das Klimaschutzgesetz und das Erneuerbare-Energien-Gesetz
(Zuruf von der AfD: … zu streichen!)
„aufzuheben“.
(Dr. Michael Kaufmann [AfD]: Weg damit!)
Ich empfehle Ihnen, den Begriff „Gewaltenteilung“ mal zu googeln. Die Bundesregierung kann keine Gesetze „aufheben“.
(Sepp Müller [CDU/CSU]: Ja!)
Gesetzgeber ist der Deutsche Bundestag. Ich weiß, mit den Grundregeln der Demokratie haben Sie es nicht so. Aber vielleicht schauen Sie das noch mal nach.
(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Sepp Müller [CDU/CSU]: Da sollten die Referenten wirklich mal gut nachprüfen, was sie aufschreiben in den Anträgen! Lächerlich ist das, was die AfD schreibt!)
Anträge unterlaufen ja normalerweise in den Fraktionen einer Rechtsprüfung, und die Rechtsprüfung soll abgleichen, ob die Forderungen mit geltendem Recht übereinstimmen. Ich habe so ein bisschen den Eindruck, bei Ihnen in der AfD bedeutet Rechtsprüfung nicht, abzugleichen, ob es mit geltendem Recht vereinbar ist, sondern Rechtsprüfung bedeutet bei der AfD offenbar, zu prüfen, ob der Antrag auch rechts genug ist. Und dann kommt eben so was dabei raus.
(Beifall bei der Linken – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Leif-Erik Holm [AfD]: Das ist ja ein Hammergag!)
Zur Wahrheit gehört aber auch: Die Bundesregierung bremst die Energiewende aus. Wirtschaftsministerin Reiche spricht gern von Technologieoffenheit und plant dann Gaskraftwerke in einer Größenordnung, die Milliarden bindet und neue Abhängigkeiten zementiert. Was wir brauchen, sind ein schneller Ausbau der Erneuerbaren, sind starke Netze und verlässliche Speicher statt Gaslobbyismus.
Sonst redet die Ministerin immer gerne von Investitionssicherheit für die Wirtschaft. Aber wenn es um Zukunftstechnologien geht, um Wärmepumpen oder um Solarenergie, ist Ihnen Planungssicherheit für die Unternehmen und auch der Verlust von Arbeitsplätzen offenbar egal. Deshalb wurden Sie, wie ich hörte, beim Branchentreff der Heizungsbauer ausgebuht – in Abwesenheit, aber vollkommen zu Recht.
Frau Reiche, Sie sagen, Klimaschutz sei überbetont worden und die Klimaziele würden den Wohlstand gefährden. Ich sage Ihnen: Nichts gefährdet den Wohlstand so sehr wie der Klimawandel. Bis 2050 drohen Klimaschäden in Höhe von 900 Milliarden Euro! Das sagt eine Studie der Bundesregierung. Schon in den nächsten 25 Jahren zahlen wir damit sechsmal mehr für die Schäden, als es kosten würde, die Erwärmung auf 2 Grad zu begrenzen. Ja, Klimaschutz kostet Geld, aber kein Klimaschutz ist viel teurer!
(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der AfD: Blödsinn!)
Schon jetzt: Der Versicherer Münchener Rück bzw. Munich Re beziffert die Schäden durch Naturkatastrophen allein im ersten Halbjahr dieses Jahres auf 131 Milliarden Euro. Die Allianz warnt, dass ganze Weltregionen quasi unversicherbar werden. Das sind Kosten, aber vor allem: Das gefährdet die Lebensgrundlagen der Menschen, meine Damen und Herren.
Der AfD-Antrag ist also völliger Unsinn. Natürlich fragen Menschen trotzdem zu Recht: Warum ist denn der Strom manchmal so teuer,
(Zuruf von der AfD: Manchmal?)
wenn doch Sonne und Wind nichts kosten? Das liegt nicht am fehlenden Atomstrom, sondern das liegt an der Gestaltung der Strombörse. Da kommen nämlich zuerst die günstigsten Kilowattstunden zum Zug, also aus Wind und Solar, dann die teureren und am Ende die teuersten – oft Gas, weil die Gaskraftwerke oft einspringen, wenn es eng wird.
(Zuruf von der AfD)
Das Problem: Das letzte noch benötigte, teuerste Kraftwerk setzt den Preis für alle. Wenn am Ende also Gas gebraucht wird, wird auch der günstige Windstrom zu diesem Preis abgerechnet. Und das ist einfach absurd!
(Beifall bei der Linken)
Stellen wir uns mal vor, ich hole mir in der Kantine ein belegtes Brötchen, und Herr Koller – er schaut mich gerade so freundlich an – holt sich auch ein belegtes Brötchen; dann sind die Brötchen aus, und irgendein anderer Abgeordneter isst stattdessen Kaviar.
(Adam Balten [AfD]: Wir sind hier nicht in der Kantine!)
Und das würde dann bedeuten, dass Herr Koller und ich für unsere belegten Brötchen den gleichen Preis wie für den Kaviar zahlen müssten. Ungefähr so funktioniert der Strommarkt, meine Damen und Herren. Das Grenzpreisprinzip gilt den Freunden der Marktwirtschaft als effizient, aber es führt eben dazu, dass Strom teurer wird. Das wollen wir ändern durch günstige Erzeugung und mehr Speicher. Dann sinkt der Preis. Energie muss bezahlbar sein, meine Damen und Herren!
(Beifall bei der Linken)
Die Energiewende ist für uns nicht nur ein Austausch der Energieträger. Wir wollen auch die Eigentumsstrukturen ändern: Energie in öffentlicher Hand, dezentral, Stadtwerke starkmachen, Menschen vor Ort an den Erträgen beteiligen – für bezahlbare Energie, sichere Versorgung und echten Klimaschutz.
Ich komme zum Schluss.
Vielen Dank.
(Beifall bei der Linken)

