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Industriestrompreis mit Verantwortung: Klimaschutz und Arbeitsplätze sichern

Rede von Jörg Cezanne,

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das deutsche exportorientierte Wirtschaftsmodell ist in die Krise geraten. Es basierte zum Teil auf billigem Gas aus Russland, das bekanntlich nicht mehr fließt. Es kam zum Energiepreisschock bei Erdgas, Strom und Heizöl. Wir sollten das und den Klimaschutz als Herausforderung sehen und zum Anlass nehmen, die Abhängigkeit von Energieimporten zu verringern und den Gasausstieg einzuleiten.

(Beifall bei der Linken)

Es sind natürlich nicht nur die gestiegenen Energiepreise, aber sie bedrohen wichtige Wirtschaftszweige in besonderer Art und Weise. Klimaneutralen Stahl und Zement werden wir aber auch in Zukunft für Windräder, Schienen und Verkehrswege benötigen. Die klimaneutrale Produktion von Aluminium oder Glas liefert wichtige Vorprodukte für Werften, Züge und E-Autos. Diese industriellen Fähigkeiten verfügbar und im Land zu halten, ist elementar für unsere Zukunft und den erfolgreichen ökologischen Umbau.

Im Industriesektor sind gute Arbeit und hohe Tariflöhne noch der Standard. Die Linke will diese Arbeitsplätze erhalten. Die Linke will die drohende Deindustrialisierung stoppen.

(Beifall bei der Linken)

Deshalb ist ein Industriestrompreis mehr als überfällig. Wir schlagen einen solchen Strompreis für die begrenzte Gruppe besonders energieintensiver Unternehmen vor. Da geht es um die Chemie- und Metallindustrie, es geht um Kokereien und Hersteller von Glas, Keramik, aber auch Papier und Pappe. Im Gegenzug müssen sich diese Unternehmen aber zum Erhalt von Arbeitsplätzen, Standorten und zu messbaren Dekarbonisierungsmaßnahmen verpflichten. Die billigste Kilowattstunde ist schließlich immer noch die, die gar nicht erst produziert und verbraucht wird.

Wir wollen einen atmenden, einen flexiblen Industriestrompreis, der sich in Abhängigkeit vom jeweils aktuellen Börsenstrompreis in einem Korridor zwischen 4 und 6 Cent pro Kilowattstunde bewegt. Damit werden auch Anreize gesetzt, unter Beachtung von Arbeitsschutzregeln netzdienlich zu produzieren und die Stromnachfrage dem Angebot am günstigsten erneuerbaren Strom anzupassen. Das schafft Planbarkeit und sichert Arbeitsplätze.

Meine Damen und Herren, Strom aus erneuerbaren Quellen ist bereits jetzt die günstigste Energiequelle, und mit dem weiteren Ausbau wird der Börsenstrompreis weiter sinken. Wesentlicher Kostentreiber sind aber die Netzentgelte. Für Haushalte und die vielen Unternehmen, die nicht von Ausnahmen beim Netzentgelt profitieren, hat sich die Netzumlage in den letzten zehn Jahren fast verdoppelt.

(Dr. Rainer Kraft [AfD]: Warum steigen die Preise denn?)

Für die Senkung der Netzentgelte brauchen wir aber eine dauerhafte Lösung, nicht einen einmaligen Zuschuss, der nur den Zustand von vor zwei Jahren wiederherstellt.

Schauen wir es uns genauer an. Derzeit liegt der Ausbau der Übertragungsnetze, der großen Stromautobahnen von Nord nach Süd, in den Händen von vier Netzbetreibern. Wettbewerb gibt es dort nicht. Die vier sind in ihrem Gebiet natürliche Monopole. Eine solche staatlich garantierte Monopolkonstruktion ist wirtschaftlich unsinnig.

Ein staatliches Unternehmen könnte diese Leistung so erbringen, dass die Kosten gedeckt werden, aber kein Gewinn erzielt werden muss. Ein öffentlich kontrolliertes Unternehmen könnte zu wesentlich günstigeren Bedingungen Kredite zur Finanzierung des notwendigen Ausbaus aufnehmen. Die hohen Renditen für Investmentfonds könnten wir uns sparen. Liebe Bundesregierung, greifen Sie bei TenneT zu! Kümmern Sie sich um die großen Übertragungsnetzbetreiber! Stärken Sie sie mit öffentlichem Eigenkapital!

(Beifall bei der Linken – Zuruf des Abg. Sepp Müller [CDU/CSU])

Ergänzend muss endlich die Stromsteuersenkung auf alle Haushalte und auch kleine Unternehmen ausgeweitet werden. Wenn wir über hohe Strompreise reden, müssen wir auch über die Preisbildung an der Strombörse sprechen. Derzeit setzt das teuerste Kraftwerk, also meistens das zugeschaltete Gaskraftwerk, den Preis für alle. Auch der viel günstigere Strom aus Wind und Sonne wird dann zum teuren Preis abgerechnet. Übergewinne in der gesamten restlichen Stromerzeugungskette sind die Folge.

Zusammenfassend: Industriestrompreis, wo nötig, unter klaren Bedingungen, eine Energiepolitik, die uns unabhängig macht von Gas und die den Strompreis für Unternehmen und Verbraucher senkt. Das geht mit mehr Netzausbau und mit dem Ausbau der Erneuerbaren.

(Beifall bei der Linken)