Zum Hauptinhalt springen

Die Hütte brennt...

Rede von Kathrin Gebel,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Anwesende! Jeden Tag ein Femizid in Deutschland, Jahr um Jahr steigt die Zahl an Fällen von Gewalt gegen Frauen. Und die Antwort der Bundesregierung auf diese Krise ist Mutlosigkeit, Halbherzigkeit und vor allem Planlosigkeit.

(Beifall bei der Linken)

Die im vergangenen Jahr verabschiedete Gesamtstrategie ist lückenhaft und müsste dringend zu einem intersektionalen und langfristigen nationalen Aktionsplan weiterentwickelt werden. Statt sich da mal ranzumachen, klammert man sich lieber an irgendwelche symbolischen Strafverschärfungen und traut sich an die wahren Ursachen nicht ran. Die Hütte brennt, und die Bundesregierung kommt mit einem Glas Wasser angerannt. Was soll das denn?

(Beifall bei der Linken)

Schlimmer noch: Es ist Ihr Herbst der Kaltherzigkeit, der Frauen in Armut und Abhängigkeit treibt und damit in die Gewalt. Da hilft auch kein Reförmchen hier und keine Fußfessel da, um diese Menschenverachtung wieder wettzumachen. Was mich daran so ärgert: Den Plan gäbe es doch schon. Die Istanbul-Konvention macht doch klare Vorgaben, wo man wirklich wirksam ansetzen könnte. Was wir aber bräuchten, ist kein Glas Wasser, sondern Feuerlöscher wie Fördermaßnahmen für die finanzielle Unabhängigkeit von Frauen, wie ein Entgeltgleichheitsgesetz, ein Rückkehrrecht auf Vollzeit, Abschaffen des Ehegattensplittings; denn wir wissen doch alle, dass diese Besteuerung alte Rollenbilder weiter zementiert.

Wir brauchen natürlich eine Regulierung der Mietpreise. Wir als Linke hätten da Vorschläge: einen Mietendeckel zum Beispiel, damit Frauen auch wieder schnell aus dem Frauenhaus ausziehen und in ein neues Leben starten können, statt dort festzusitzen, weil sie sich die Miete für eine Wohnung für sich und ihre Kinder nicht leisten können, außerdem verpflichtende Fortbildungen für alle Berufsgruppen, die mit Gewaltbetroffenen in Kontakt kommen, insbesondere für Familienrichter/-innen, besser noch spezialisierte Gerichte im Umgang mit häuslicher Gewalt, so wie es in Spanien der Fall ist.

Ich möchte auch über die reden, die vom Gewaltschutz ausgeschlossen sind; denn es haben eben nicht alle denselben Zugang. Geflüchteten Frauen wird ein eheunabhängiges Aufenthaltsrecht verwehrt. Die Wohnsitzauflage und die Residenzpflicht verhindern, dass sie Schutz bekommen. Liebe Leute, das können wir doch nicht länger hinnehmen!

(Beifall bei der Linken sowie der Abg. Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Natürlich brauchen wir auch ein Paritätsgesetz und einen Gleichstellungscheck für Gesetze. Denn es ist doch klar, dass Gewalt gegen Frauen auch etwas mit der ganz realen Machtverteilung in unserer Gesellschaft zu tun hat.

Ich danke wirklich ganz herzlich der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen für das Einbringen dieses Antrags, vor allem da wir in der letzten Legislatur quasi denselben Antrag auch schon eingebracht hatten. Damals haben Sie den abgelehnt, aber wir dürfen ja alle dazulernen.

Diese Konvention ist kein optionales Wohlfühlpapier. Sie ist ein verbindlicher Vertrag, den wir ratifiziert haben – ein Versprechen, dass Frauen und benachteiligte Geschlechter in diesem Land frei von Gewalt leben können. Es ist endlich Zeit, dass wir dieses Versprechen einhalten

(Martin Reichardt [AfD]: Es ist ja schön, dass wir Männer endlich einmal als benachteiligtes Geschlecht hier genannt werden! Sehr gut!)

und die Konvention lückenlos umsetzen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linken sowie der Abg. Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])