Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte demokratische Kolleginnen und Kollegen! Ich hasse Staus, und ich hasse Verspätungen. Am vergangenen Wochenende war ich mit meinen Kindern von Stuttgart nach Konstanz mit dem Zug unterwegs – klimafreundlich und sozial. Statt die schöne Gäubahnstrecke zu erleben, gab es für Tausende Bahngäste ausgefallene Züge, überfüllte Züge, verspätete Züge. Kinder mussten auf dem Boden sitzen, Eltern waren völlig entnervt. Und dann sagte ein Kind beim wiederholten Warten am Bahnsteig einen Satz zu seiner Mutter, der sich mir eingeprägt hat: Mama, das nächste Mal fahren wir mit dem Auto.
(Zuruf von der AfD: Das funktioniert!)
Diese Aussage eines Kindes ist das Ergebnis Ihrer verfehlten Verkehrspolitik.
(Beifall bei der Linken)
Bei den Reden, die ich hier höre, frage ich mich, wann Sie alle hier eigentlich das letzte Mal Bahn gefahren sind.
(Zuruf des Abg. Michael Donth [CDU/CSU])
Wir alle, die wir tagtäglich mit der Bahn unterwegs sind, wollen einfach nur pünktlich und stressfrei zur Arbeit oder in den Urlaub fahren. Herr Minister Schnieder und Herr Lange, es ist Ihre Aufgabe, die Aufgabe der Bundesregierung, genau dafür zu sorgen – nicht mehr und nicht weniger.
Was Sie hier mit dem Allgemeinen Eisenbahngesetz planen, ist ein Rückschritt für alle, die auf eine funktionierende Bahn angewiesen sind. Es ist ein Geschenk an zwei ganz bestimmte Gruppen: an die Autolobby und – vor allem in meinem Wahlkreis Stuttgart – an die Wohnbaumafia.
(Michael Donth [CDU/CSU]: Was für ein Blödsinn!)
Wie wir wissen, sind das beides Gruppen, zu denen die CDU beste Kontakte pflegt.
(Beifall bei der Linken – Catarina dos Santos-Wintz [CDU/CSU]: Bitte? – Jorrit Bosch [Die Linke]: Endlich sagt es mal jemand!)
Das Immobilienprojekt Stuttgart 21 steht beispielhaft für das Versagen von Ihnen allen in der Bahn- und Wohnungspolitik. Die geplanten Wohnungen auf den bestehenden Gleisflächen vom Stuttgarter Bahnhof braucht es nicht.
(Beifall bei der Linken)
Was es aber braucht, sind oberirdische Gleisflächen für einen funktionierenden Zugverkehr.
(Jorrit Bosch [Die Linke]: Ganz genau!)
Hören Sie also auf, bezahlbares Wohnen gegen die Zukunft der Bahn auszuspielen!
(Michael Donth [CDU/CSU]: Das machen wir nicht! Sie spielen sie aus! – Björn Simon [CDU/CSU]: Sie spalten!)
Für bezahlbares Wohnen müssen 2 Millionen leerstehende Wohnungen endlich wiederbelebt werden, braucht es einen bundesweiten Mietendeckel und, ja, gehören Vonovia und Co endlich enteignet.
(Beifall bei der Linken)
Und auch anderswo zeigt sich die Absurdität Ihres Plans. Hier in Berlin fahren nachts Geisterzüge ohne Passagiere, weil die Abstellflächen fehlen, die man über Jahrzehnte verkauft hat.
Eines muss also endlich klar sein: Bahnflächen müssen Bahnflächen bleiben. Schieneninfrastruktur gehört uns allen und darf nicht verscherbelt werden, um die Geldbeutel von Immobilienhaien zu füllen.
(Beifall bei der Linken – Zuruf des Abg. Michael Donth [CDU/CSU])
Das braucht es für eine soziale, klimagerechte und zukunftsfähige Bahnpolitik. Und wie wir in Stuttgart sagen: Oben bleiben!
(Beifall bei der Linken)