Sehr geehrte Frau Präsidentin! Abgeordnete! Vor ein paar Wochen lag uns ein ähnlicher Antrag der AfD vor.
(Stephan Brandner [AfD]: Das hat Herr Müller schon gesagt!)
Vermeintlich wollte die AfD gegen die Sonderbehandlung von Politikerinnen und Politikern im Strafrecht vorgehen. § 188 StGB, der Politikerbeleidigungsparagraf, sollte abgeschafft werden. Das geht bei der AfD auch dann, wenn man wie Stephan Brandner oder Alice Weidel selbst Hunderte solcher Strafanzeigen gestellt hat.
(Stephan Brandner [AfD]: Auch das haben Ihre Vorredner schon alle wahrheitswidrig gesagt!)
Dass wegen Ihrer Anzeigen frühmorgens bewaffnete Polizisten vor der Haustür stehen und aufrechte Demokratinnen und Demokraten völlig verstört zurückgelassen werden, kommentierte Herr Brandner damals noch mit: „Kommt vor.“
Und jetzt die Kehrtwende! Die AfD ist plötzlich gegen Hausdurchsuchungen. Aber wie kommt das denn? –
(Dr. Christoph Birghan [AfD]: Bei Terroristen ist das richtig! – Zuruf des Abg. Stephan Brandner [AfD] – Gegenruf des Abg. Mahmut Özdemir [Duisburg] [SPD]: Aus Ihren Worten wird Terror! Da wäre ich vorsichtig!)
Tja, es geht der AfD nicht um die Politikerbeleidigung. Da wird weiter fleißig angezeigt, keine Sorge. Es geht allgemein um sogenannte ehrverletzende Äußerungen, vor allem um die reguläre Beleidigung.
(Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gibt genug Anlässe!)
Eine Hausdurchsuchung braucht man wohl nicht, wenn ein AfD-Bundestagsabgeordneter freitags einen sehbehinderten 57-Jährigen in der DB-Lounge rassistisch beleidigt. – Wo ist er denn eigentlich, der Herr Brucker? Ist er schon wieder am Hauptbahnhof unterwegs?
(Beifall bei der Linken und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Eine Hausdurchsuchung braucht man wohl auch nicht, wenn Ihr Berliner Kollege Kai Borrmann zwei Frauen rassistisch beleidigt und beißt. Man braucht sie wohl auch nicht, wenn Ihre Kollegen andere Menschen in Minenfelder schicken oder in Güllegruben ertränken wollen. Solche Menschen machen Politik für Sie.
Aber nein, die Hausdurchsuchungen braucht man gelegentlich, um Beweise zu sichern,
(Tobias Matthias Peterka [AfD]: Ach was!)
wenn die rechte Hetzbande wieder von der Tastatur aus Queers, Menschen mit Migrationsgeschichte, Frauen und alle sonst, die nicht in ihr völkisch-nationalistisches Weltbild passen, im Internet beleidigen.
(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der AfD: Vorsicht! Vorsicht!)
Sie wollen die Schwelle für Hass und Hetze gegen andere Menschen möglichst niedrig halten. Deshalb wollen Sie Hausdurchsuchungen in diesen Fällen abschaffen.
Ganz ehrlich: Warum kümmern Sie sich eigentlich nicht endlich mal um die echten Ungerechtigkeiten im Strafrecht?
(Stephan Brandner [AfD]: Da ist die Linke plötzlich für Hausdurchsuchungen! Ist auch irgendwie komisch!)
In Deutschland kommen Menschen ins Gefängnis, weil sie arm sind. Ein Beispiel: Eine Frau muss mit ihrem Kind vor ihrem gewalttätigen Partner ins Frauenhaus fliehen. Sie muss den ÖPNV nutzen, kann sich das Ticket aber nicht leisten und wird erwischt.
(Dr. Christoph Birghan [AfD]: Was nützt dieser Frau die Hausdurchsuchung?)
Was sagt unser Strafrecht dazu? Geldstrafe oder Gefängnisstrafe als sogenannte Ersatzfreiheitsstrafe. Die Strafe kann sie natürlich nicht bezahlen; sie konnte sich ja nicht mal das Ticket leisten. Das Kind muss sie also im Frauenhaus zurücklassen und ins Gefängnis.
(Clara Bünger [Die Linke]: Genau so sieht’s aus!)
Das ist die Realität außerhalb Ihrer Blase. Das ist die Realität von denen, die sich krummbuckeln und trotzdem nicht genug haben. Das ist die Folge von menschenfeindlichem Strafrecht.
(Beifall bei der Linken – Stephan Brandner [AfD]: Es geht hier aber um Strafverfahren, Herr Hoß, nicht um Strafrecht!)
Und Sie? Sie sind nur hier, weil Sie sich wie alle anderen einfach nur die Taschen vollmachen wollen.
(Stephan Brandner [AfD]: Ich bin hier, weil ich gewählt wurde! 45 Prozent in meinem Wahlkreis!)
Sie würden sich genauso wie Merz und Co erst mal eine fette Gehaltserhöhung gönnen. Von der Realität der Menschen, für die Sie vorgeben zu sprechen, haben Sie keine Ahnung.
(Zuruf von der AfD: Das ist ehrverletzend!)
Und – das ist noch schlimmer – es interessiert Sie auch nicht. Ganz grundsätzlich: Wie auch in diesem Gesetzentwurf, den wir hier heute diskutieren müssen, statt uns um die vielen in diesem Land zu kümmern,
(Zuruf von der AfD: Hat er gar nicht gelesen!)
geht es für Sie mal wieder nur darum, den Spielraum für Ihren Hass zu erweitern.
(Beifall bei der Linken sowie der Abg. Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Statt sich um die echten Probleme zu kümmern, wollen Sie lieber neues menschenfeindliches Strafrecht, zum Beispiel Kinder am besten schon mit zwölf in den Knast. Wahnsinn! Vor einer Bewährungsstrafe erst mal – Sie ahnen es – Knast. Resozialisierung: für Sie ein Fremdwort.
Es ist ja auch nicht so, dass Sie von der AfD Sicherheitsbehörden grundsätzlich einschränken wollen. Nein, in manchen Stadtteilen, da wollen Sie martialische Razzien und am besten dauerhaft Polizeikontrollen. Entweder Sie wissen auch nicht so richtig, was Sie wollen, oder es ist ganz einfach: Wenn es Ihnen in die Karten spielt, wollen Sie mehr Einschüchterung und Strafverfolgung für Bürgerinnen und Bürger, und wenn Ihre Handlanger Konsequenzen für ihr schändliches Handeln befürchten müssen, dann ist das für Sie ein unhaltbarer Zustand.
(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Sie wollen nichts daran ändern, dass sich die Umstände der Menschen verbessern, in denen sie leben müssen. Das ist nämlich ein häufiger Grund, warum Menschen überhaupt erst straffällig werden. Denn härtere Strafen sorgen nicht für weniger Kriminalität oder mehr Sicherheit.
Die AfD ist nicht der Anwalt der kleinen Leute; Sie sind der Anwalt der großen Leute, und so stimmen Sie auch ab. Am Mittwoch haben Sie dafür gestimmt, dass Vermieter Mieterinnen und Mieter bis zum letzten Cent ausquetschen können, so lange, dass sie einen Straftatbestand erfüllen. Für Sie soll immer der Stärkere recht bekommen.
Und auch zum Unternehmensstrafrecht habe ich von Ihnen nichts gehört. Die, die andere ausbeuten und ihren Angestellten zu geringe Löhne zahlen, sind nämlich die, mit denen Sie zusammenarbeiten wollen.
(Beifall bei der Linken – Zuruf des Abg. Stephan Brandner [AfD])
Die Reichen werden immer unverschämt reicher, alles auf dem Rücken der Menschen in diesem Land.
(Lachen bei Abgeordneten der AfD)
Und neben der täglichen Ausbeutung bekommen einige immer noch nicht den Hals voll, richten Millionenschäden an und können trotzdem strafrechtlich nicht belangt werden. So was interessiert Sie nicht die Bohne.
(Beifall bei der Linken – Tobias Matthias Peterka [AfD]: Dann geh doch rüber!)
Glückwunsch! Ihre Anträge verbessern mal wieder nichts im Leben der Menschen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der Linken)