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Fahren ohne Fahrschein ist kein Verbrechen!

Rede von Luke Hoß,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Abgeordnete! Zunächst möchte ich einen ganz besonderen Gast auf der Besuchertribüne begrüßen: Christian, schön, dass du heute hier bist!

(Beifall bei der Linken)

„Freiheit ist unbezahlbar“, das hat Christian zu mir gesagt, als ich ihn vor ein paar Wochen aus dem Knast freigekauft habe. Die Freiheit, in der eigenen Wohnung zu schlafen, das eigene Essen zu essen, die eigenen Leute zu treffen – etwas, was wir alle schätzen. Christian kam aus dem Krankenhaus, gesundheitlich auf dem Weg der Besserung. Er wollte und er musste nach Hause. Laufen? Keine Option – er war ja gerade noch im Krankenhaus. Viele von Ihnen würden jetzt vermutlich ein Taxi rufen; aber dafür hatte er kein Geld. Er hatte so wenig Geld, dass selbst das Busticket für 6,40 Euro zu teuer war. Er stieg also – schweren Herzens – ohne Ticket ein. Was hätte er auch sonst machen sollen? Auf der Straße schlafen? Er wurde an diesem Tag kontrolliert. Neben den 60 Euro, die er an den Regensburger Verkehrsverbund zahlen muss, soll er auch noch zwei Monate in den Knast – wegen eines „Schadens“ von 6 Euro und 40 Cent!

Und warum muss er in Haft? Weil er eine Geldstrafe von 1 200 Euro aufgebrummt bekommen hat. Wie soll jemand, der sich ein Ticket für 6,40 Euro nicht leisten kann, 1 200 Euro Geldstrafe bezahlen können? Und was passiert, wenn man diese Strafe nicht zahlen kann? Ersatzfreiheitsstrafe. Knast. Das, meine Damen und Herren, ist nichts anderes als Armutsbestrafung.

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wegen 6,40 Euro setzen Sie das schärfste Schwert des Staates ein, um arme Menschen noch weiter zu drangsalieren – nicht weil sie kriminell sind, einfach weil sie sicher nach Hause müssen.

Wer reich ist, darf dagegen alles machen. Wenn wir hier Vorschläge machen, um dreiste Vermieter zu belangen, die mit Wucherpreisen die Menschen abzocken, dann stimmen Sie dagegen. Kein Wunder – die Vermieterkonzerne finanzieren ja Ihre Parteitage.

(Beifall bei der Linken)

Wenn Reiche den Staat jedes Jahr um 100 Milliarden Euro Steuern betrügen – die Zahl ist wirklich so groß –, dann schauen Sie weg. Kein Wunder – deren Anwältinnen und Anwälte waren Sie ja, bevor Sie hier Platz genommen haben. Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen. Das ist ein Skandal!

(Beifall bei der Linken)

Wo Sie Unrecht walten lassen, gibt es Leute, die Menschlichkeit zeigen. Die Initiative Freiheitsfonds hat seit Gründung 1 500 Menschen freigekauft und ihnen Haftaufenthalt erspart – und so dem Staat 21 Millionen Euro gespart. Denn diese Haft ist nicht nur ein Skandal; sie ist auch verdammt teuer für den Steuerzahler.

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Menschen wie Christian sollten Zeit mit ihrer Familie, ihren Freundinnen und Freunden und Bekannten verbringen können. Sie sollten sich von ihrer Zeit im Krankenhaus erholen können. Der Staat soll nicht gegen Menschen vorgehen, nur weil sie kein Geld haben. Der Staat soll dafür sorgen, dass Menschen ein gutes Leben in Würde haben: Mieten und Preise senken, die Zukunft sicher gestalten und das Geld bei denen eintreiben, die Milliarden haben.

(Beifall bei der Linken)

Deshalb: Stimmen Sie unserem Gesetzentwurf zu! Machen Sie endlich Schluss mit Armutsbestrafung! Für einen Staat, der den Menschen das Leben leichter macht, statt es noch schlimmer zu machen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)