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Rede von Mareike Hermeier am 25.09.2025

Rede von Mareike Hermeier,

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine liebe Tochter! Wir reden heute über den Einzelplan 17, über Milliarden für Familien, Kinder, Jugend, Frauen und Seniorinnen und Senioren. Aber diese Zahlen sind nicht das Ergebnis einer Mathematikaufgabe, es geht um das Leben, um die Würde und um das Hoffen und Scheitern von Millionen Familien hier in Deutschland.

Ich weiß das. Ich bin seit acht Jahren alleinerziehend – acht Jahre, in denen meine Tochter und ich kaum Luft zum Atmen hatten, acht Jahre, in denen jede Klassenfahrt, jedes kleine Geschenk, jedes Mittagessen in der Schule zur finanziellen Zerreißprobe wurde, acht Jahre, in denen ich nicht die Mutter sein konnte, die ich sein wollte oder die meine Tochter gebraucht hätte, weil ich immer müde war, immer erschöpft und immer rechnen musste. Meine Tochter hat mich oft nur als eine Mutter gesehen, die am Limit ist, und zu oft, wenn ich drüber war. Und das tut weh.

Wer glaubt, wir seien Einzelschicksale, irrt. Wir sind Millionen.

(Beifall bei der Linken sowie der Abg. Josephine Ortleb [SPD] und Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]],

Über 2 Millionen Alleinerziehende in Deutschland: Menschen, die dieses Land am Laufen halten, die arbeiten, die erziehen, die kämpfen und die von diesem Staat immer, immer im Stich gelassen werden – ohne Hilfe, ohne Pause und ohne Stimme. Das ändert sich jetzt.

(Beifall bei der Linken sowie der Abg. Jamila Schäfer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich höre dann von Herrn Merz, wir würden über unsere Verhältnisse leben. Nein, Herr Merz, das hier sind die Verhältnisse, die Ihre Politik, Ihre Parteien und Ihre Regierungen geschaffen haben, Verhältnisse, in denen wir Eltern ab dem 20. eines Monats Folgendes überlegen müssen: Heizen oder tanken? Frisch kochen oder wieder Haferflocken? Geburtstagsgeschenk fürs Kind oder den Strom bezahlen?

Im Einzelplan 17 stehen 7,5 Milliarden Euro Elterngeld, 3,4 Milliarden Euro Kinderzuschlag, 1,3 Milliarden Euro Unterhaltsvorschuss. Das ist viel Geld. Es fühlt sich bei uns im Alltag aber an wie Hohn, weil es zu spät ist, weil es bürokratisch ist und weil es nicht reicht. Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel – trotz Vollzeitjob!

(Beifall bei der Linken)

Die Linksfraktion sagt klar: Wir brauchen eine echte Kindergrundsicherung. Wir brauchen eine automatische Steuergutschrift für Alleinerziehende und nicht nur eine Steuerklasse II, die unwirksam ist. Wir brauchen gebührenfreie Kitas und Ganztagsgarantien für alle Familien. Wir brauchen existenzsichernden Unterhaltsvorschuss, nicht noch mehr Väter, die sich vor ihrer Verantwortung drücken. Wir brauchen die Anerkennung von Erziehungszeiten in der Rente, sonst setzt sich unsere Armut, die Armut von Alleinerziehenden, bis dahin fort. Alles andere bedeutet: weiter Kinderarmut, weiter Eltern am Limit, weiter eine verlorene Zukunft für die Kinder, die darunter leiden.

(Beifall bei der Linken)

Und ich möchte Ihnen was sagen: Hören Sie endlich auf, Familien und besonders Alleinerziehende zu demütigen! Hören Sie auf, so zu tun, als wären das abstrakte Haushaltszahlen! Jede Kürzung, jedes Warten, jede Demütigung auf den Ämtern hat ein Gesicht. Meines ist eines davon, und das andere hört mir gerade auf dieser Tribüne zu.

(Beifall bei der Linken)

Es hat den Blick eines Kindes, das seine Mutter fragt: Warum haben wir nicht genug, wenn du doch den ganzen Tag weg bist und arbeiten gehst? Und es hat eine Mutter, die keine Antwort mehr hat.

Das, was Sie heute hier entscheiden, hat Konsequenzen. Das sind nicht Ziffern auf Papier; es geht um Existenzen, liebe Regierung. Es geht um Kinder, die ihre Hoffnung verlieren, wenn Sie weiter so tun, als ginge es nur um Sparen, um Deckungslücken und um Milliardenbeträge.

Es wird Zeit. Familien vor Profite, Kinder vor Zahlen, Hoffnung vor Statistik, Würde vor Bürokratie, Zukunft vor Kassenlogik! Und, Herr Merz und Frau Ministerin, stellen Sie endlich Menschen über Geld!

Danke.

(Beifall bei der Linken)