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Linke Industriepolitik ist eine soziale und demokratische Frage

Rede von Mirze Edis,

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eigentlich wollte ich mich auf meine Rede konzentrieren und nichts zu CDU/CSU und AfD sagen. Aber, Herr Wiener, Sie sitzen an der falschen Stelle. Ich glaube, etwas mehr rechts wären Sie besser aufgehoben als da, wo Sie jetzt gerade sitzen.

(Beifall bei der Linken – Dr. Klaus Wiener [CDU/CSU]: Sie verstehen nicht die Ironie!)

Denn der Blödsinn, den Sie eben von sich gegeben haben, ist wirklich nicht zu ertragen.

Über die AfD habe ich schon letztens gesagt: Das ist eine Partei, die nicht nur ideologisch, sondern auch im Hinblick auf Wirtschaft, Wissenschaft und Technik in den 30er- und 40er-Jahren stehen geblieben ist. Das werde ich in diesem Hohen Hause immer wieder wiederholen.

(Beifall bei der Linken – Zurufe von der AfD)

– Wenn die AfD mal aufhörte, reinzurufen, käme ich auch dazu, hier zu reden.

(Steffen Kotré [AfD]: Wir hören niemals auf!)

Wir haben die Aktuelle Stunde heute beantragt, weil Frau Reiche und Herr Merz das Sterben der Industrie nicht auffällt. Zunächst aber bitte ich Sie alle, doch einmal nach oben zu schauen. – Ist sie nicht schön, unsere Kuppel? Sie ist weltweit ein bekanntes Symbol für unsere Demokratie. 800 Tonnen Stahl schweben da über uns. Und wer war an der Stahlproduktion beteiligt? Meine Kolleginnen und Kollegen der Hüttenwerke Krupp Mannesmann aus Duisburg. Darauf sind wir zu Recht bis heute sehr stolz. Man kann sagen: HKM-Stahl beschirmt unsere Demokratie, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir reden heute über das Herzstück unserer Volkswirtschaft: die Industrie. Dieses Herz schlägt immer schwächer. In den letzten drei Jahren sind in Deutschland mehr als 300 000 Industriearbeitsplätze vernichtet worden; die meisten waren gut bezahlt. Besonders betroffen: die Stahlindustrie, die Auto- und die Chemieindustrie, also jene Sektoren, die jahrzehntelang den Wohlstand unseres Landes getragen haben. Diese Zahlen sind keine abstrakten Statistiken. Dahinter stehen Menschen mit Namen wie Friedrich, Lars, Katharina, Fatima oder eben Ali. Wer einmal durch Gelsenkirchen, Duisburg, Wolfsburg oder Leuna fährt, sieht, was die Krise bedeutet: leere Werkhallen, Verunsicherung und Zukunftsangst. Wo Industriejobs wegfallen, da sterben unsere Kommunen, ja, da stirbt auch unsere Demokratie.

(Beifall bei der Linken)

Und was macht die Bundesregierung? Mit Katherina Reiche hat die CDU den Bock zum Gärtner gemacht. Ihr persönlicher Beraterkreis will die Industrie untergehen lassen. Dafür wollen Sie dann Waffen in großem Stil exportieren. Sagen Sie: Waren Sie mal im deindustrialisierten Ruhrgebiet? Haben Sie die Wendezeiten in Deutschland vergessen? In welchen Elfenbeintürmen leben Sie denn? Auf alle Fälle weit weg von den normalen Leuten und ihren Sorgen. Wenn es nach Ihnen geht, sollen meine Kolleginnen und Kollegen auch noch länger schuften.

(Beifall bei der Linken)

Ministerin Reiche, ich lade Sie zu thyssenkrupp Steel und HKM ein, um mit der Belegschaft Ihre Politikvorschläge öffentlich zu diskutieren. Ich verspreche auch: Ich organisiere das, damit Sie mal sehen, was die Kolleginnen und Kollegen von Ihren Vorschlägen halten.

Zurück zum Thema, zur Industrie. Unsere Regierung schaut zu, wie Konzerne ihre Produktion ins Ausland verlagern, während hier Betriebe schließen. Gleichzeitig werden Milliarden an Konzernhilfen ohne sozial- oder beschäftigungspolitische Auflagen verteilt. Das ist kein Strukturwandel, das ist die Zerstörung unserer Substanz.

(Beifall bei der Linken)

Wir sagen klar: Industriepolitik darf nicht bedeuten, Aktionäre zu retten, sondern muss bedeuten, Arbeitsplätze, Standorte, Regionen und Wertschöpfung in Deutschland zu sichern.

(Beifall bei der Linken)

In der Autoindustrie vernichtet der Übergang zur Elektromobilität massenhaft Arbeitsplätze, weil diese Bundesregierung den Übergang zum Elektroauto bewusst verschlafen hat.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Und in der Chemiebranche bricht die Produktion im Osten wie im Westen des Landes ein. Die Bundesregierungen haben diesen Bereich völlig im Stich gelassen. Die Deindustrialisierung à la Thatcher ist das Ergebnis falscher politischer Entscheidungen.

Wir als Linke fordern ein öffentliches Investitionsprogramm für klimaneutrale Industrieproduktion in Deutschland,

(Zuruf des Abg. Steffen Kotré [AfD])

einen staatlichen Transformationsfonds im Umfang von mindestens 20 Milliarden Euro.

(Beifall bei der Linken)

Mein letzter Satz. – Meine Damen und Herren, darum sagen wir: Menschen statt Märkte, Beschäftigung statt Spekulation, Fortschritt statt Stillstand! Handeln Sie, Frau Reiche und Herr Merz, aber sofort!

Danke sehr.

(Beifall bei der Linken – Steffen Kotré [AfD]: Aber sofort!)