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Sicherheit und anständige Arbeitsbedingungen für Arbeitsvermittler*innen

Rede von Pascal Meiser,

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein Mann betritt an einem normalen Donnerstagvormittag in Rottweil das örtliche Jobcenter. Mit einem Messer bewaffnet, verletzt er eine Mitarbeiterin so schwer, dass ein Rettungshubschrauber angefordert werden muss. Der Name des Mannes: Uwe B., ein 58-jähriger Deutscher, der zu diesem Zeitpunkt noch nie polizeilich aufgefallen ist. Das Motiv: bis heute ungeklärt. Diese Tat ist nur ein besonders dramatischer Fall von Gewalt, der Jobcenterbeschäftigte immer wieder ausgesetzt sind. Im Alltag viel häufiger anzutreffen, sind verbale Gewalt, Beleidigungen und Bedrohungen. Jede einzelne dieser Gewalterfahrungen ist eine Gewalterfahrung zu viel.

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Beschäftigten der Jobcenter stehen leider auch deshalb besonders im Fokus, weil sie es sind, die vor Ort für die Betroffenen zum Teil existenzielle Entscheidungen umsetzen, die zuvor hier im Deutschen Bundestag getroffen wurden. Deshalb hat auch die Politik hier eine besondere Verantwortung. Und wir wären alle gut beraten, wenn wir dies nicht daran festmachen würden, ob die Täter Uwe, Jan oder René oder ob sie Ali, Alexis oder Wladimir heißen.

So ist es auch gut, dass in den Jobcentern in den vergangenen Jahren zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen ergriffen wurden, die dazu geführt haben, dass die Zahl der Vorfälle deutlich zurückgegangen ist – zum Glück. Und das, Herr Feser, wissen Sie selbst; Sie haben bei der Bundesregierung ja die entsprechenden Daten abgefragt.

Zugleich darf bei alldem nicht vergessen werden: Die große Mehrheit – wirklich die große Mehrheit – der Leistungsbeziehenden verhält sich absolut korrekt und braucht vor allen Dingen eins: mehr und bessere Unterstützung.

(Beifall bei der Linken – Christian Görke [Die Linke]: Sehr richtig!)

Dazu braucht es in den Jobcentern weiter eine bürgerfreundliche und offene Behördenkultur. Deshalb lehnen wir es ab, dass alle Jobcenter über einen Kamm geschoren und, wie von Ihnen vorgeschlagen, zu kleinen Festungen ausgebaut werden, die jeden Besucher wie einen potenziellen Gewalttäter behandeln.

Mehr noch: Wenn es um bessere Arbeitsbedingungen für die Jobcenterbeschäftigten geht, dann hören wir von der Linken – anders als Sie von der AfD – nicht nur selektiv hin, und das übrigens nicht erst seit heute. Wenn man das tatsächlich tut und mit den Beschäftigten und den Personalräten der Jobcenter und mit ihrer Gewerkschaft Verdi spricht, dann fällt einem auch schnell auf, worüber Sie von der AfD in Ihrem Antrag alles nicht reden: kein Wort über die strukturelle Unterfinanzierung der Jobcenter, kein Wort über die unzureichende personelle Ausstattung der Jobcenter, kein Wort über die alltägliche Arbeitslast für die Beschäftigten, kein Wort über die zunehmenden Aufgaben, die den Beschäftigten übertragen werden, und die Verantwortung, die es mit sich bringt, wenn sie künftig gezwungen sein sollten, Sanktionen auszusprechen, von denen sie wissen, dass Menschen dadurch in der Obdachlosigkeit landen, wie es die Koalition tatsächlich in Aussicht gestellt hat, und natürlich auch kein Wort über die notwendige Stärkung der Mitbestimmungsrechte der Jobcenterpersonalräte, die auch mit Blick auf passgenaue Sicherheitsvorkehrungen vor Ort so wichtig wären. Und das alles ist kein Zufall bei Ihnen! Mit Gewerkschaften und Mitbestimmung haben Sie es ja nicht. Dass Sie es schaffen, all dies auszublenden in einem Antrag, in dem es angeblich um bessere Arbeitsbedingungen für die Jobcenterbeschäftigten gehen soll, das ist jedenfalls schon ein starkes Stück.

Für uns als Linke hingegen ist klar: Wir werden uns immer und in jeder Hinsicht für die Beschäftigten in den Jobcentern einsetzen –

– und die Bundesregierung an ihre Verantwortung für diese Beschäftigten erinnern.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linken)