Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mein Wahlkreis liegt im schönen Nordrhein-Westfalen. Das heißt, um nach Berlin zu kommen, bin ich auf die Deutsche Bahn angewiesen wie viele andere von Ihnen hier im Raum auch. Nun kann ich Ihnen die dollsten Dinger von meinen Erlebnissen mit der Deutschen Bahn erzählen. Ich kann mich über kaputte Klimaanlagen, gesperrte Abteile, geschlossene Bordrestaurants und ausgefallene Züge aufregen. Jede Story haben Sie in der einen oder anderen Ausführung schon einmal gehört. Deshalb begnüge ich mich heute damit, Ihnen zu sagen, dass ich inzwischen zwei Zugverbindungen eher nehme – nicht aus Spaß an der Freude, sondern um im Worst Case alle möglichen Eventualitäten mit der Deutschen Bahn kompensieren zu können.
(Maximilian Kneller [AfD]: Das reicht aber nicht!)
Von den Preiserhöhungen für Familien will ich gar nicht erst wieder anfangen.
Nun sind für die Behebung der größten Verkehrsmiseren im Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität tatsächlich eine Menge Gelder vorgesehen: für Autobahnbrücken, für die Ausrüstung der Züge mit dem Europäischen Zugsicherungssystem und zur Erhaltung der Schienenwege. Insgesamt 11,7 Milliarden Euro sollen aus dem Sondervermögen dieses Jahr noch für Verkehrsprojekte fließen. Eine gute Sache, wenn die Gelder denn tatsächlich, wie groß angekündigt, zusätzlich zur Verfügung gestellt würden. Stattdessen aber werden die Milliarden größtenteils nur aus dem Kernhaushalt verschoben. Lediglich 753 Millionen Euro – das sind nicht mal 6,5 Prozent – werden tatsächlich zur Verfügung gestellt.
Während für Verteidigungsausgaben schier endlose Milliarden lockergemacht werden, bedienen Sie sich für die dringend benötigten Infrastrukturinvestitionen billiger Taschenspielertricks. Das wird dem Ernst der Lage nicht gerecht, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Insgesamt 80 Milliarden Euro möchten Sie aus dem Sondervermögen für Infrastruktur in den nächsten Jahren in die Schiene stecken. Das klingt erst einmal viel, deckt den Investitionsbedarf aber bei Weitem nicht ab. Hier werden Sie langfristig nachlegen müssen.
Damit diese 80 Milliarden Euro nun aber möglichst schnell tatsächlich etwas bewirken können, müssen davon auch Projekte aus dem Bundesbedarfsplan finanziert werden können. Gerade Projekte, die einen gewissen Planungsstand erreicht, aber noch keine Finanzierungsvereinbarung erhalten haben, sind für die Investitionen doch wie geschaffen. Es ist nicht nachvollziehbar, warum diese gegenüber neuen Projekten das Nachsehen haben sollten. Hier müssen Sie dringend etwas an den Zugangsvoraussetzungen ändern.
Ebenfalls nicht nachvollziehbar ist, warum der Bund trotz einhelliger Warnungen weiter an der Eigenkapitalerhöhung der Bahn festhält. Dass diese zu immer weiter steigenden Trassenpreisen führt, dürfte doch auch die Bundesregierung inzwischen erreicht haben. Das verteuert nicht nur den Schienentransport, die Trassenpreise müssen auch noch zusätzlich aus dem Bundeshaushalt subventioniert werden. 380 Millionen Euro kostet dieser Irrsinn den Steuerzahler in diesem Jahr. Stecken Sie die Milliarden statt ins Eigenkapital lieber in die Investitionszuschüsse! Dort sind sie zweckgebunden und deutlich besser aufgehoben.
(Beifall bei der Linken)
Und, lieber Herr Verkehrsminister Schnieder, unsere Autobahnen müssen in erster Linie erhalten werden. Sorgen Sie dafür, dass sowohl in Ihrem Ministerium als auch bei der Autobahn GmbH Personal und Ressourcen kurzfristig anders priorisiert werden, damit die Bürgerinnen und Bürger sicher über unsere Autobahnen kommen. Teure Aus- und Neubauprojekte hingegen braucht niemand,
(Beifall der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
etwa den geplanten fünf- bis achtspurigen Ausbau der A59 in Duisburg. Weder Tunnel noch Brücke sind hier eine Lösung. Sechs bis zwölf Jahre Bauzeit, bis zu 2,3 Milliarden Euro Kosten: ein Milliardengrab mit Ansage.
(Beifall bei der Linken)
Mehr Fahrspuren bedeuten mehr Verkehr. Staus werden nicht verringert, sondern langfristig verschärft. Substanzerhaltung, neue Verkehrskonzepte, Ausbau des ÖPNV sowie sichere und attraktive Radwege sind hingegen die Zukunft der Städte. Wer den Klimaschutz und die Klimaschutzziele ernst nimmt, darf nicht weiter auf den Ausbau von Autobahnen setzen.
(Beifall bei der Linken – Zurufe von der CDU/CSU)
Statt rückwärtsgewandter Autobahnprestigeprojekte brauchen unsere Bürgerinnen und Bürger nachhaltige, sozial gerechte und zukunftsfähige Mobilitätslösungen. Die Regierung aber scheitert an dieser Aufgabe vollkommen.
Milliardensummen fließen noch immer in umweltschädlichen Straßenneubau und Flugverkehr. Vielerorts fehlt hingegen das Geld für Busse, Bahnen und Radwege. Auf den Straßen herrschen Stress, Stau und Lärm. Die Belastung trifft vor allem diejenigen, die es sich nicht leisten können, von Hauptverkehrsstraßen wegzuziehen.
(Beifall der Abg. Luigi Pantisano [Die Linke] und Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Gleichzeitig profitieren kriminelle Manager und Aktionäre der Automobilkonzerne, die jahrelang mit gefälschten Abgaswerten betrogen haben. Der Schaden wird auf die einfachen Leute abgewälzt. Damit muss endlich Schluss sein.
Vielen Dank.
(Beifall bei der Linken sowie der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])