Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Präsidentin! Als Zukunftsministerium will die Bundesministerin ihr Haus verstanden haben. Aber welches Bild von Zukunft zeichnet das Ministerium, und wie findet man das im Haushalt? Es ist ein sehr kleines Bild. Denn anstatt, dass es Forschung nutzen will, um die großen Probleme der Menschheit anzugehen und die Grundlagen unserer Welt zu verstehen, gibt es nur jede Menge Buzzwords. Anstatt eine zukunftsfähige Transformation der Energieversorgung zu priorisieren, wird nur noch über Fusionstechnologie geredet, die in absehbarer Zukunft nichts dazu beiträgt.
Sie versprechen uns Sprunginnovationen, während das ganze Feld der Forschung zu Klimakatastrophe und Klimafolgenanpassung kaum eine Rolle spielt.
(Dr. Silke Launert [CDU/CSU]: Nicht zugehört!)
Dabei ist doch genau das das Thema, das drängender ist denn je.
Eine Hightech-Agenda soll alle Probleme lösen. Aber wo ist die Agenda zu gesellschaftlicher Forschung, zu Autoritarismus, zu Ungleichheit und demokratischer Teilhabe? Alles zentrale Fragen unserer Zeit.
(Beifall bei der Linken)
Und selbst da, wo Sie sinnvolle Maßnahmen ankündigen wie die, dass jetzt endlich genug Geld für die ME/CFS-Forschung bereitgestellt wird, sieht man nichts davon im Haushalt. Denn genau bei diesem Ansatz wird gekürzt. Aber wir brauchen jetzt endlich ausreichende Forschung zu dieser schwerwiegenden Krankheit, damit es eine spürbare Verbesserung für die Betroffenen gibt.
(Beifall bei der Linken)
Wenn wir auf das Sondervermögen Infrastruktur schauen, dann sehen wir, dass daraus Geld vor allen Dingen für die Hightech-Agenda verwendet werden soll. Das ist doch absurd, wenn man sich den Sanierungsstau im gesamten Wissenschaftsbetrieb vor Augen führt, wo viele Universitäten und Forschungseinrichtungen in gammelnden Gebäuden aus den 60ern sitzen.
(Zuruf von der Linken: Genau!)
Dabei ist doch ein Gebäude, in dem Menschen lehren, lernen und forschen können, eine mindestens genauso wichtige Investition in die Zukunft wie eine Technologie, die vielleicht in 50 Jahren zur Anwendungsreife kommt.
(Beifall bei der Linken)
Wenn wir für eine gut funktionierende Wissenschaft sorgen wollen, dann geht es eben auch um die Menschen, die dort arbeiten, und da ist viel im Argen: Zeitverträge und unsichere Zukunftsperspektiven machen die Wissenschaft unattraktiv. Wenn man sich anschaut, wer unter solchen Bedingungen in der Wissenschaft ist, dann hat man manchmal das Gefühl, noch im letzten Jahrhundert zu sein: Je höher auf der Karriereleiter, desto geringer wird der Frauenanteil. Genauso sieht es aus, wenn wir auf den Anteil von BPoCs schauen
(Andreas Mayer [AfD]: Von was?)
oder von Menschen, die nicht aus Akademiker/-innenfamilien kommen. Aber gerade die Wissenschaft braucht Diversität und unterschiedliche Perspektiven.
(Beifall bei Abgeordneten der Linken und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die rechten und autoritären Kräfte, die die Wissenschaftsfreiheit weltweit angreifen, machen genau diese Diversität zum Feindbild. Wer sich diesem Angriff entgegenstellen will, muss mehr tun, als Datenbestände sichern – wobei auch dafür kein Geld da ist –; der muss gerade jetzt besonders die Wissenschaften stärken, die die gesellschaftlichen Problemlagen benennen und kritisch beschreiben. Geistes- und Sozialwissenschaften sollen laut Koalitionsvertrag als strategisches Forschungsfeld angeblich stärker gefördert werden. Aber in diesem Haushalt werden Fördermittel dafür gestrichen, und das ist ein fatales Signal.
(Beifall bei der Linken)
Ein Forschungsfeld, das sich hingegen darauf verlassen kann, von dieser Regierung gestärkt zu werden, ist die Militär- und Sicherheitsforschung.
(Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach! – Florian Müller [CDU/CSU]: Gut für Ihre Sicherheit!)
Das bedeutet nicht nur mehr Geld. Das bedeutet, dass die Sicherheitslogik in allen Bereichen durchregiert: ein groß angelegter Angriff auf die Zivilklauseln, mehr Kooperationen mit Militär- und Sicherheitsbehörden, alles auf Dual Use trimmen. Und zur Umgehung der Schuldenbremse werden jetzt ganze Förderbereiche auf ihre Sicherheitsaspekte reduziert, ohne dass mir die Bundesregierung sagen kann, was das für bisherige Projekte bedeutet. Es ist doch wirklich ein Skandal, dass jetzt alles unter den Vorbehalt der Rüstung gestellt wird!
(Beifall bei der Linken – Stephan Albani [CDU/CSU]: Nein! Der Verteidigung und der Freiheit! – Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eben nicht!)
Für diese Bundesregierung gilt: Zukunft ist, wenn es glänzt, blinkt, fliegt und knallt. Aber wir brauchen ein breiteres Verständnis von Forschung, nämlich als Forschung, die die großen gesellschaftlichen Herausforderungen angeht und unsere Gesellschaft als Ganzes stärkt. Dafür werden wir uns als Linke in diesen Haushaltsberatungen einsetzen.
(Beifall bei der Linken – Florian Müller [CDU/CSU]: Oje!)