Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Gesundheit ist ein Menschenrecht – sollte man meinen. Aber dieser Haushalt erzählt eine andere Geschichte. Er erzählt von einem System, das kaputtgespart wird. Ein System, das längst am Zusammenbrechen ist. Was tut diese Koalition dagegen? Sie verteilt rückzahlungspflichtige Darlehen an die Kranken- und Pflegeversicherung, bietet aber keine nachhaltigen Lösungen. Die gesetzliche Krankenversicherung erhält ein Darlehen von 2,3 Milliarden Euro, die Pflegeversicherung weitere 500 Millionen.
Was erst mal nach „Toll, mehr Geld für Gesundheit!“ aussieht, ist alles andere als das. Denn dieses Geld muss zurückgezahlt werden, und zwar in der nächsten Wahlperiode. Das ist ein klassischer Haushaltstrick: linke Tasche, rechte Tasche. Kurzfristig den Beitragssatz senken – und später wieder erhöhen.
(Beifall bei der Linken sowie der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Das ist keine Hilfe, sondern ein politischer Trick, um die Schuldenbremse einzuhalten, ein Trick, der keine langfristige Lösung für ein kaputtgespartes System ist, ein Trick, der am Ende den Versicherten teuer zu stehen kommt.
Stattdessen wäre es endlich an der Zeit, die Beitragsbemessungsgrenze anzuheben und kleine und mittlere Einkommen zu entlasten.
(Simone Borchardt [CDU/CSU]: Das ist eine ganz tolle Idee! Immer mehr Geld!)
Warum zahlen Menschen mit 10 000 Euro Einkommen nur auf die ersten 5 500 Euro Beiträge, während alle darunter für jeden Euro voll belastet werden? Das wäre eine echte Verbesserung für die Mehrheit. Aber davon will die Union nichts wissen. Und die SPD macht mit.
(Beifall bei der Linken)
Gleichzeitig wird an anderer Stelle gekürzt: nicht mehr Geld für Aufklärung bei sexuell übertragbaren Krankheiten, für Patientensicherheit, für Digitalisierung im Gesundheitsbereich. Liebe Regierung, ihr spart uns kaputt, statt uns gesund zu machen.
Und dann ist da noch das Maskendebakel: mehrere Milliarden Euro Schaden. Und das bezahlt von unseren Steuergeldern: Geld, das von den Menschen in diesem Land erarbeitet wurde, Geld, das in Pflege, in Versorgung, in Prävention hätte fließen können. Stattdessen landete es in Lagern, Müllverbrennungsanlagen und Gerichtsverfahren. Masken zu völlig überhöhten Preisen – zum Teil für bis zu 7 Euro das Stück, während der internationale Marktpreis schon unter 1 Euro lag.
Bei der Regierungserklärung gestern hat Herr Spahn darauf gedrungen, dass er erfolgreich Masken für das Land beschafft hätte.
(Sascha van Beek [CDU/CSU]: So ist es auch!)
Das ist einfach nicht richtig.
(Beifall der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Weniger als ein Drittel der Masken wurde überhaupt verteilt, noch weniger davon tatsächlich benutzt. Mehr als die Hälfte der Masken wurde vernichtet, und ein großer Teil war nicht einmal brauchbar. Das war kein kleiner Fehler in der Krise. Das war politische Inkompetenz, und zwar von ganz oben im Ministerium.
(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Und der rote Faden zieht sich weiter: Das CDU-geführte Ministerium deckt Herrn Spahn durch Schwärzungen, die mal so, mal so begründet werden. Herrn Linnemann und Herrn Merz gefällt die Kritik an Herrn Spahn nicht; sie diskreditieren deshalb den kompletten Bericht. Anstatt über den Nutzen für den Steuerzahler nachzudenken, den der Bericht bietet, sind sie nur darum bemüht, ihre Partei-Buddys zu schützen. Dabei sollte ihnen doch auch daran gelegen sein, das 2,3-Milliarden-Euro-Loch möglichst gering zu halten. Wer Millionen Bürgergeldempfänger/-innen auf einen Euro zu viel oder zu wenig kontrollieren will, aber bei Milliardenverlusten sagt: „Ach, war halt eine Ausnahmesituation“, der hat ein seltsames Verständnis von Verantwortung. Steuergelder sind kein Selbstbedienungsladen.
(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Auch wenn Corona eine bis dato unbekannte Situation war, so schützt das nicht vor allem und schon gar nicht davor, sich über alle Empfehlungen der eigenen Expertinnen und Experten hinwegzusetzen. Ich frage mich ernsthaft, ob jemand, der eine derart kurzsichtige und inkompetente Planungsfähigkeit an den Tag legt, für einen Fraktionsvorsitz geeignet ist.
(Beifall bei Abgeordneten der Linken)
Während auf Bundesebene Milliarden in den Sand gesetzt werden, fehlt es im Alltag an den grundlegendsten Dingen. Der Alltag der Menschen, die nicht im Bundestag sitzen, sieht nämlich so aus: monatelange Wartezeiten auf einen Facharzttermin, schlechte Versorgung im Land, keine Therapieplätze. Ich habe als Lehrerin Kinder unterrichtet, die sehr dringend in Therapie mussten, Kinder, die wirklich Hilfe gebraucht hätten – aber es gab keine freien Plätze. Die Kliniken waren voll, die Wartelisten auch, und das über Monate. Diese Kinder wurden einfach weitergeschickt. Ich frage mich da ganz ehrlich: Was sind da die politischen Prioritäten?
(Beifall bei der Linken)
Währenddessen machen die großen Klinikkonzerne Helios, Asklepios und Rhön jährlich Milliardengewinne, und das auf Kosten unserer Beiträge an die gesetzlichen Krankenkassen. Und die sogenannte Vorhaltepauschale sollte eigentlich jene Krankenhäuser unterstützen, die Daseinsvorsorge leisten. Stattdessen profitieren vor allem wieder die großen – die, die sowieso auf Masse fahren, während kommunale Kliniken reihenweise in finanzielle Schieflage geraten.
Wir sagen: keine Kürzungen, keine Haushaltstricks, Schluss mit einer Gesundheitspolitik, die Profite auf Kosten der Patientinnen und Patienten macht. Wir brauchen endlich eine Gesundheitsversorgung, die für alle da ist.
(Beifall bei der Linken – Felix Schreiner [CDU/CSU]: Das Beste an der Rede ist, dass sie vorbei ist!)