Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Heute ist der Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen – ein Tag, an dem wir aussprechen müssen, was für Millionen Frauen Realität ist: Gewalt gegen Frauen ist kein Randphänomen. Und während wir heute über diese Realität sprechen müssen, erinnern sich viele an die Worte unseres Kanzlers. Er hat dazu aufgefordert, die Töchter zum Stadtbild zu befragen. Und ich spreche jetzt eine Wahrheit aus, die alle Töchter kennen: Gewalt gegen Frauen ist alltäglich. Gewalt gegen Frauen findet jeden Tag statt.
(Martin Reichardt [AfD]: Gewalt gegen Frauen ist seit 2015 dramatisch gestiegen, und Sie wissen auch, warum! – Zuruf des Abg. Reinhard Mixl [AfD])
Jede vierte Frau erlebt Gewalt, oft in den eigenen vier Wänden.
Jede von uns ist eine Betroffene oder kennt eine Betroffene. Die Täter? Fast immer Männer.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Ja, weiße alte Männer! – Martin Reichardt [AfD]: Ja, aber wo kommen die her? – Reinhard Mixl [AfD]: Woher kommen sie denn?)
Haben sie einen Migrationshintergrund, landet die Tat in der Presse.
(Beatrix von Storch [AfD]: Australische Austauschstudenten meinen Sie?)
Aber wenn es Männer ohne Migrationshintergrund sind, die schreien, die schlagen, die vergewaltigen, dann wird darüber meist nur geschwiegen.
(Martin Reichardt [AfD]: Es sind überhaupt keine! Das sind Ihre Fantasien!)
Das Leid der Frauen wird so missbraucht für rassistische Hetze.
(Reinhard Mixl [AfD]: Da haben wir was davon! – Gegenruf des Abg. Ates Gürpinar [Die Linke]: Fühlen Sie sich angegriffen da drüben, oder was?)
Wer Gewalt gegen Frauen wirklich bekämpfen will, muss endlich damit aufhören, sie einem bestimmten Herkunftsbild zuzuordnen, und stattdessen strukturelle Lösungen schaffen, die Frauen tatsächlich schützen.
(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Dass der Bund jetzt mehr Gelder für Frauenhäuser bereitstellt, ist ein Anfang, aber lange überfällig. Machen wir uns nichts vor: Die Gelder reichen hinten und vorne nicht. Und daran werden auch die 30 Millionen Euro jetzt nichts großartig ändern.
(Beatrix von Storch [AfD]: Männer verbieten!)
Frauenhäuser sind weiterhin überfüllt. Die Mitarbeiter in den Beratungsstellen und beim Hilfetelefon sind komplett überlastet. Frauen werden an den Frauenhäusern abgewiesen, weil Plätze fehlen. Und auch der Fonds Sexueller Missbrauch liegt weiterhin brach. All das zeigt: Herrn Merz lag nicht der Schutz von Frauen am Herzen, ihm war es nur wichtig, zu hetzen.
(Beifall bei der Linken)
Aber es gibt noch etwas, was ihm noch weniger am Herzen liegt als das Wohl von Frauen: das Wohl von migrantischen Frauen. Diese Frauen haben oft traumatische Erfahrungen im Heimatland gemacht. Diese Frauen haben oft unglaublich schwere Reisen nach Deutschland hinter sich. Diese Frauen haben von so vielen Seiten Bedrohungen erfahren – von Menschenhändlern, von Gewalttätern und von Schleusern. Und wenn sie dann endlich hier ankommen, landen sie in einem System, in dem selbst ein einfacher Sprachkurs zur Hürde wird. Entweder gibt es keinen Platz, oder sie warten Monate, bevor sie überhaupt anfangen dürfen, sich in dieser Gesellschaft sprachlich zurechtzufinden.
(Martin Reichardt [AfD]: Oder sie gehen da nicht hin! – Gegenruf der Abg. Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Gleichzeitig sollen sie möglichst geräuschlos funktionieren – bitte leise, bitte ohne aufzufallen –, und nebenbei noch Haushalt und Kindererziehung wuppen müssen, aber bitte auch arbeiten gehen, sich bitte vollständig integrieren,
(Beatrix von Storch [AfD]: Assimilieren!)
wie es sich gehört. Sie sollen sich in einem System zurechtfinden müssen, wo Hilfe rar ist, das chronisch unterfinanziert ist und das bewusst unterfinanziert wird. Immer wieder kommt die Regierung dann mit kleinen Verbesserungen – wie der Rücknahme der Kürzung bei den psychosozialen Zentren –, weigert sich aber, an den generell unzureichenden Strukturen etwas zu ändern. Die Rücknahme dieser Kürzung ist ein Pflaster auf einer klaffenden Wunde.
(Beifall bei der Linken)
Frau Prien wünsche ich erst mal gute Besserung. Aber mich haben ihre mehrfachen Aussagen in den letzten Monaten irritiert, die psychosozialen Zentren seien nicht ihre Zuständigkeit. Wenn sie sagt, dass das nicht ihr Bereich ist, dann sagt sie im Kern: Geflüchtete Menschen gehören nicht zu unserer Familienpolitik. – Das ist schlicht falsch, aber es passt zum Gesamtbild dieser Regierung.
(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Kommen wir nun zum Lieblingsthema aller Lehrkräfte: Bildung. Da ist Deutschland im europäischen Vergleich Schlusslicht.
(Martin Reichardt [AfD]: Da ist Die Linke ja ganz hinten!)
In Österreich und der Schweiz zum Beispiel sind die Ausgaben fast doppelt so hoch. Das sieht man auch: Im frühkindlichen Bereich sieht es gruselig aus.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Am Geld liegt das nicht!)
Kitas kämpfen um qualifiziertes Personal, Träger wissen nicht, wie sie Lohnerhöhungen zahlen sollen, Eltern werden an ihre Belastungsgrenzen gebracht.
Und sprechen wir doch mal über die seit Jahrzehnten kaputtgesparten und maroden Gebäude in diesem Land. Der Sanierungsstau bei Kitas beträgt circa 50 Milliarden Euro, bei Schulen circa 58 Milliarden Euro und bei den Hochschulen circa 74 Milliarden Euro.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Wo haben Sie denn diese Zahlen her?)
Das macht zusammen 182 Milliarden Euro. Ja, und jetzt kommt die Regierung mit 1 Milliarde Euro für Investitionen in Kitas um die Ecke. Das ist doch lächerlich. Verstehen Sie mich nicht falsch: 1 Milliarde Euro ist besser als keine. Aber abgesehen davon, dass es nicht reicht: Wer das Kleingedruckte liest, wird feststellen, dass diese Milliarde mit der Sanierung für Hochschulen geteilt werden muss. Das heißt, es wird nicht nur viel zu wenig Geld in die Hand genommen – es ist dann leider auch schon wieder eine Mogelpackung.
(Beifall bei der Linken)
Dieser Haushalt ist eine sozialpolitische Enttäuschung. Ich habe leider nichts anderes erwartet. Aber ich sage Ihnen: Solange Sie nur dabei zuschauen, wie Strukturen zerfallen und Hilfsangebote wegbrechen, so lange werden wir laut sein und Sie daran erinnern, was Ihre verdammte Pflicht ist: Frauen zu schützen, Kinder zu stärken und allen Menschen ein Leben in Würde zu ermöglichen!
(Beifall bei der Linken – Beatrix von Storch [AfD]: Allen Menschen auf der ganzen Welt! – Martin Reichardt [AfD]: Wie damals in der DDR hinter der Mauer! Da haben sie auch viel ermöglicht!)
