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Ob AfD oder CDU – NGOs und Demokratie bleiben!

Rede von Tamara Mazzi,

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen der demokratischen Fraktionen! Die Zivilgesellschaft steht unter Beschuss. Fördergelder werden gestrichen oder zur politischen Waffe gemacht, Aktive werden bedroht und angegriffen, kritische Wissenschaft wird angefeindet und das Versammlungsrecht eingeschränkt. All das muss ein Weckruf für Demokratinnen und Demokraten sein.

(Beifall bei der Linken – Dr. Christian Wirth [AfD]: Was haben Sie denn mit Demokratie zu tun?)

Mit ihrem Gesetzentwurf zeigt die AfD einmal mehr, dass sie eben das nicht ist. Sie faseln von Neutralität, aber nehmen gerade die ins Visier, die sich gegen Faschismus und für Demokratie einsetzen. Meine Herren, wenn Ihnen die Proteste gegen Faschistinnen und Faschisten so gegen den Strich gehen und Sie so ansprechen, dann denken Sie doch bitte einmal darüber nach, wieso das so ist. Vielleicht liegt das Problem ja bei Ihnen.

(Beifall bei der Linken)

Was dieser Gesetzentwurf zeigt, ist nicht nur ein gefährliches Verständnis von politischer Neutralität, sondern vor allem eins: Die AfD behauptet immer wieder, sich um die Interessen der Vielen zu kümmern. Aber mit diesem Gesetzentwurf zeigt sie, dass ihr vermeintliches Kümmern nur Schein ist. Er zeigt, was Sie wirklich wollen: Sie wollen genau die Strukturen zerstören, die auffangen, was der Staat vernachlässigt.

(Zuruf von der AfD)

Sie wollen, dass Initiativen, Vereine und Beratungsstellen keine öffentlichen Mittel mehr bekommen, sobald sie politisch werden. Und „politisch“ heißt bei der AfD schon: Wer Rassismus kritisiert, fliegt raus. Wer queere Jugendliche schützt, wird bestraft. Wer Armut sichtbar macht, verliert die Förderung.

Ich war in den letzten Wochen viel in meinem Wahlkreis unterwegs und habe genau solche Organisationen besucht. Ich war bei der Hempels Stiftung, wo das Projekt „Housing First“ dafür sorgt, dass ehemals obdachlose Menschen wieder ein Dach über den Kopf bekommen. Zwölf Wohnungen und für zwölf Menschen die Chance auf einen Neuanfang: Ich frage mich: Ist das der AfD auch schon zu politisch?

Ich habe mit der AKJS Schleswig-Holstein gesprochen. Sie berät Kinder, Jugendliche, Eltern und Lehrkräfte zu sexualisierter Gewalt, zu Rechtsextremismus, Antisemitismus und der Diskriminierung queerer Jugendlicher. Das ist nicht nur Prävention; das ist gelebte Demokratiebildung.

(Beifall bei der Linken)

Und genau das fürchtet die AfD; denn es sind genau diese Organisationen, die das gesellschaftliche Leben zusammenhalten, wenn der Staat sich aus der Verantwortung stiehlt. Ob Geflüchtetenhilfe, Jugendsozialarbeit oder Bildungsprojekte gegen rechts: Sie tun, was die Regierungen jahrelang vernachlässigt haben, und sie tun es unter prekären Bedingungen, mit viel zu wenig Geld und oft befristeten Stellen. Was sie brauchen, sind Respekt, Dankbarkeit und eine langfristige, verlässliche Finanzierung.

(Beifall bei der Linken)

Und was sie bekommen, sind Angriffe, Schikane und jetzt ein Gesetzentwurf, der ihnen die Existenz entziehen möchte.

Das Problem ist aber offensichtlich größer als die AfD. Vergessen wir nicht: Auch die CDU machte mit. Im Februar noch attackierte sie mit einer Anfrage Initiativen, die sich für unsere Demokratie eingesetzt haben – eine Anfrage, die genau so von der AfD hätte kommen können, eine Anfrage, die es mit noblen Worten in den Antrag der AfD geschafft hat. Glückwunsch, CDU!

(Beifall bei der Linken – Zuruf von der AfD)

Sowohl AfD als auch CDU geht es darum, Druck aufzubauen, Organisationen einzuschüchtern und kritische Stimmen zu delegitimieren. Wer sich politisch äußert, soll sich gefälligst raushalten

(Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Selbstbedienung wollen wir mal ein bisschen unterlassen!)

oder die Gemeinnützigkeit verlieren. Das ist zutiefst antidemokratisch.

(Beifall bei der Linken – Franziska Hoppermann [CDU/CSU]: Das ist eine Unverschämtheit!)

Selbst die EU-Kommission warnt, dass Organisationen aus Angst vor dem Verlust ihrer Gemeinnützigkeit ihre Stimme nicht mehr erheben. Eine Umfrage hat gezeigt, dass sich zivilgesellschaftliche Organisationen zunehmend selbst zensieren. 30 000 Initiativen schweigen aus Angst. Das ist keine Vorsicht, das ist erzwungenes Schweigen, und genau das schwächt unsere Demokratie da, wo sie eigentlich am stärksten sein sollte, nämlich an der Basis.

(Beifall bei der Linken)

Liebe Union, bitte denken Sie daran: Es geht nicht nur darum, die AfD zu verhindern; es geht auch darum, AfD-Politik zu verhindern. Ansonsten ist Ihre angebliche Brandmauer wertlos.

(Beifall bei der Linken – Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Wir brauchen keine Ratschläge!)

Was wir brauchen, ist endlich ein Gemeinnützigkeitsrecht, das diejenigen klar schützt, die sich für Demokratie, Menschenrechte und soziale Gerechtigkeit einsetzen.

(Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Der Bundeshaushalt ist kein Selbstbedienungsladen! – Gegenruf von der Linken)

Wir brauchen ein Demokratiefördergesetz, das langfristige Finanzierung sichert. Zivilgesellschaftliches Engagement und kritische Stimmen gehören gestärkt statt kriminalisiert.

Und genau das machen wir: Am 11. Juli laden wir als Fraktion zu einer Konferenz hier im Bundestag ein, um gemeinsam mit mutigen Initiativen ein Zeichen zur Verteidigung der Zivilgesellschaft zu setzen.

(Beifall bei der Linken)

Wir wollen all jene Initiativen stärken, die sich gegen autoritäre Asylwenden wehren, für mehr Transparenz und Regierungskontrollen kämpfen und trotz Einschüchterung und Finanzierungsdruck standhalten.

Für uns ist klar: Wir stehen fest an der Seite derjenigen, die da sind, wenn der Staat sich drückt. Wir stehen fest an der Seite der Initiativen und Verbände, die jeden Tag dafür sorgen, dass Menschen nicht alleingelassen werden, die beraten, die schützen und die aufklären.

Wir benennen es ganz klar: Dieser Gesetzentwurf ist ein Angriff auf unsere Demokratie. Wir werden ihn nicht nur ablehnen; wir werden weiter kämpfen – für eine demokratische Gesellschaft, in der Proteste gegen Faschisten nicht bestraft werden.

(Beifall bei der Linken)

Antifaschismus ist gemeinnützig, der Einsatz gegen Menschenfeindlichkeit ist gemeinnützig, und wer Antifaschismus bekämpft, ist ein Feind der Demokratie.

Danke.

(Beifall bei der Linken)