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Happy Birthday Bundeswehr – bleib friedensfähig!

Rede von Ulrich Thoden,

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Heute vor 70 Jahren ernannte der erste Verteidigungsminister, Theodor Blank, in Bonn die ersten 101 Freiwilligen zu Soldaten. Es war die Geburtsstunde der Bundeswehr. Als Parlamentsarmee hat sie den Bruch mit Reichswehr und Wehrmacht vollzogen, also genau mit jenen Institutionen, ohne die die Verbrechen des deutschen Militarismus und des Hitlerfaschismus nicht möglich gewesen wären.

Die Grundsätze der Inneren Führung verpflichten die Streitkräfte seitdem auf die Menschenwürde. Die Bundeswehr ist kein Staat im Staate mehr, sondern ein anerkannter Teil unserer Demokratie. Für ihren Beitrag zur Stabilität und Verteidigung der Demokratie gilt den Soldatinnen und Soldaten unser Dank.

Zur Wahrheit gehört aber auch: Diese Erfolgsgeschichte war nur möglich durch eine Kultur militärischer Zurückhaltung, und ohne Friedensbewegung und parlamentarische Kontrolle wäre diese Kultur nicht entstanden.

(Beifall bei der Linken)

Eine weitere Errungenschaft ist das unabhängige Amt des Wehrbeauftragten. Die Linke betont daher ausdrücklich ihre Wertschätzung für diese notwendige Institution.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Janina Böttger [Die Linke] und Serdar Yüksel [SPD])

Nach der Wiedervereinigung wurde eine historische Chance vertan: Die Friedensdividende wurde nicht für Abrüstung, sondern für eine neue Interventionsfähigkeit genutzt – ein katastrophaler Irrweg, wie wir wissen.

(Beifall bei der Linken)

Deutschland wurde seinerzeit angeblich am Hindukusch verteidigt, mit verheerenden Folgen. 62 deutsche Soldaten und unzählige afghanische Zivilistinnen und Zivilisten, die gestorben sind – allein in Kunduz 2009 über 90 Tote –, mahnen uns: Der Afghanistan-Einsatz war der verlustreichste und zugleich der mit den meisten zivilen Opfern in der Geschichte der Bundeswehr. Union, SPD und Grüne tragen hierfür die politische Verantwortung. Die Linke hat diesen Einsatz immer abgelehnt, und auch wenn Sie das natürlich nicht hören und noch weniger zugeben wollen: Sie hatte damit die ganze Zeit recht.

Auch militärische Operationen im Roten Meer zur Sicherung von Handelsrouten oder die militarisierte Flüchtlingsabwehr im Mittelmeer haben nichts mit dem Verteidigungsauftrag des Grundgesetzes zu tun.

(Beifall bei der Linken)

Deshalb sagt Die Linke: Beenden Sie endlich die Auslandseinsätze, und kehren Sie zurück zum Auftrag der Landesverteidigung!

(Zuruf von der SPD: Super Idee!)

Russlands völkerrechtswidriger Angriffskrieg gegen die Ukraine ist eine Zäsur; aber er rechtfertigt weder Panikmache noch ein „Whatever it takes“. Die Bundeswehr muss ihren grundsätzlichen Auftrag zur Landesverteidigung – und nur den – erfüllen können, nicht weniger, aber auch auf gar keinen Fall mehr.

Zugleich muss sie sich modernisieren: bessere Vereinbarkeit von Dienst und Familie, konsequentes Vorgehen gegen Rechtsextremismus und ein klares Bekenntnis zur Freiwilligkeit des Dienstes. Denn: Verteidigungsfähigkeit entsteht nicht durch Zwang, sondern durch demokratische Überzeugung.

(Stephan Brandner [AfD]: Wie in der NVA, so ungefähr!)

In diesem Sinne: Alles Gute zum 70. Geburtstag, Bundeswehr, und bleib vor allem friedensfähig!

(Beifall bei der Linken)