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Pistorius muss die Entlassung von Staatssekretär Hartmann veranlassen!

Rede von Ulrich Thoden,

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen haben den Begriff der Zerstrittenheit bekanntlich neu definiert. Aber in einer einzigen Frage sind sie sich dann doch einig, nämlich Deutschland müsse seine militärischen Verteidigungs- und Abschreckungsfähigkeiten massiv ausbauen.

Ja, die Sicherheitslage in Europa ist sehr ernst. Die jüngsten russischen Luftraumverletzungen, im Baltikum etwa, in Polen, Rumänien, sowie die täglich vorkommenden hybriden Angriffe belegen das überdeutlich. Aber Ihre Reaktion darauf ist ohne Maß, alarmistisch und darüber hinaus interessengeleitet. 108,2 Milliarden Euro wollen Sie im kommenden Jahr für Verteidigung ausgeben; das größte Aufrüstungsprogramm in der deutschen Geschichte. Ihrem „Whatever it takes“ für die Verteidigung steht ein zynisches „Wir müssen jetzt den Gürtel enger schnallen beim Sozialstaat“ gegenüber.

(Siemtje Möller [SPD]: Das stimmt doch nicht!)

So werden Grundsicherungsbeziehende drangsaliert, und Menschen droht Wohnungslosigkeit, um Sozialausgaben einzusparen. Aufrüstung und Sozialkahlschlag – die beiden Seiten der Regierung Merz. Sie legen sehenden Auges die Axt an den sozialen Frieden und damit an die Demokratie. Die Linke lehnt das entschieden ab.

(Beifall bei der Linken)

Im Verteidigungsausschuss peitschen Sie Beschaffung mittlerweile im Wochenrhythmus durch. Auf der Strecke bleiben dabei Transparenz, Effizienz und die Ihnen offenbar so lästige parlamentarische Kontrolle durch die Opposition. Allein bei der Fregatte 126 liegt das Ausfallrisiko schon bei 1,8 Milliarden Euro; Tendenz steigend. Herr Minister, verzeihen Sie das schlechte Wortspiel; aber da müssen Sie jetzt, tapfer wie Sie sind, durch: Reffen Sie die Segel noch rechtzeitig, oder Sie laufen mit der Fregatte im Beschaffungssumpf auf Grund!

(Siemtje Möller [SPD]: Die hat keine Segel! – Heiterkeit bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Linken – Gegenruf des Abg. Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Er hat für wenig Ahnung ganz schön viel Meinung!)

– Das war die Damen-Werft.

Leider haben Wahrhaftigkeit und Transparenz in diesem Einzelplan keinen Platz. Ihr Haus versucht nämlich systematisch, sich parlamentarischer Kontrolle zu entziehen. Sie ahnen, wovon ich rede. Kleine Anfragen der Opposition werden durch Nichtbeantwortung sabotiert. Staatssekretär Hartmann verweigert bei Standardanfragen regelmäßig Auskünfte mit dem Hinweis auf die nationale Sicherheit. So weit kennen wir das schon.

Aber die Missachtung der demokratischen Opposition hat jetzt eine neue Qualität gewonnen. Wir wollten wissen, wie viele und welche verbündeten NATO-Streitkräfte sich in Deutschland aufhalten; eine jährlich wiederkehrende Routineabfrage. Der Staatssekretär erklärte dazu wiederholt schriftlich, die Bundesregierung habe in diesem Jahr erstmals dazu keinerlei Erkenntnisse und wolle diese auch zukünftig nicht mehr einholen. Dann kann die Sicherheitslage ja gar nicht so ernst sein, wenn einen das nicht interessiert.

Bereits in der Etatsitzung des Verteidigungsausschusses stellte sich das in Gegenwart von Ihnen, Herr Minister, als unzutreffend heraus. Daraus folgte nichts. Umso bemerkenswerter, dass dem Auswärtigen Amt diese Zahlen offenbar mindestens teilweise vorliegen. Diese wurden nämlich den Mitgliedern der OSZE-PV im Rahmen eines Routinebriefings mitgeteilt. – Hier sehen Sie das entsprechende Dokument.

Damit ist klar: Der Parlamentarische Staatssekretär Hartmann hat den Bundestag und auch die Bundestagspräsidentin, die sich in dieser Frage für das parlamentarische Fragerecht starkgemacht hat, vorsätzlich belogen. Ein solches Verhalten ist nicht akzeptabel. Antiparlamentarisches Verhalten muss Konsequenzen haben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der Linken)

Herr Minister, Die Linke fordert Sie auf: Veranlassen Sie die Entlassung dieses Parlamentarischen Staatssekretärs!

(Zuruf von der Linken: So ist es!)

Wir bleiben die einzige politische Kraft in diesem Haus, die sich entschlossen gegen Rüstungswahn und Sozialkahlschlag stellt. Wir stehen für demokratische Kontrolle und für genau die Transparenz, die Sie offenbar so fürchten. Den Einzelplan lehnen wir folgerichtig ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linken)