Herr Präsident! Herr Merz und Herr Klingbeil, ganz ehrlich: Wenn Ihnen Geld im Haushalt fehlt, dann gibt es dagegen ein ganz einfaches Mittel: Hören Sie doch auf, Geld zu verschenken! Hören Sie auf, es ausgerechnet denen zu schenken, die schon viel zu viel davon haben und die mit Ihrer Hilfe noch mehr Geld scheffeln, noch mehr Steuern sparen.
Erst vor wenigen Tagen kam es heraus: Sie haben im letzten Jahr den Superreichen einfach so 3,4 Milliarden Euro Steuern erlassen, Sie haben es ihnen in den Hintern gesteckt. Das ist ganz legal, und das ist der eigentliche Skandal. Da gibt es ganz legale Steuertricks, mit denen Milliardäre entlastet werden, und das haben Sie von der CDU/CSU und von der SPD selbst gemacht. Der Trick ist ganz einfach. Der geht so: Bei ganz großen Erbschaften, bei ganz großen Schenkungen wird Ihnen die Erbschaft- und Schenkungsteuer erlassen, wenn Sie gerade kein Geld auf dem Konto haben. Die Grenze liegt bei 26 Millionen Euro.
Herr Klingbeil, wenn Sie von Ihrer Tante ein Haus vererbt bekommen, dann müssen Sie Erbschaftsteuer zahlen. Das finde ich auch richtig. Wenn Ihre Tante Ihnen 25 Millionen Euro vererbt, dann müssen Sie Erbschaftsteuer zahlen. Das ist auch richtig. Aber wenn Ihre Tante Ihnen 26 Millionen Euro vererbt, dann wird geguckt: „Oh, der arme Herr Klingbeil hat kein Geld auf dem Konto“, und dann wird fast die gesamte Steuer erlassen. Das ist doch eine unglaubliche Sauerei. Und das ist ganz legal. Es gibt ein extra Gesetz dafür.
(Beifall bei der Linken sowie der Abg. Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Jetzt vermute ich, dass sich einige Kollegen wohl fragen: Das kann doch nicht wahr sein! Wieso muss ich bei einem Erbe von 25 Millionen Euro Erbschaftsteuer zahlen, bei einem Erbe von 26 Millionen Euro aber nicht? Das kann doch nicht richtig sein. – Googeln Sie das mal! Das Zauberwort heißt „Verschonungsbedarfsprüfung“. Das ist ein monströses Wort, aber es ist auch ein Monstrum, das Sie da geschaffen haben. Das Monstrum tut genau das, was Sie wollen: Es entlastet die Superreichen, aber niemanden von uns hier unten.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Es gibt dafür ein ganz brutales Beispiel. Alle kennen Mathias Döpfner. Er ist der Chef des Springer-Verlages, der „Bild“-Zeitung usw. Er hat große Teile des Springer-Verlages vor ziemlich genau fünf Jahren geschenkt bekommen. Eigentlich hätte er dafür 500 Millionen Euro Steuern zahlen müssen. Und dann setzte genau dieses System ein, diese Verschonungsbedarfsprüfung. Da wurde geguckt: Hat er Geld auf dem Konto? – Herr Döpfner ist ja nicht doof. Er hatte ziemlich viel Geld, aber kurz vor der Schenkung hat er davon Springer-Aktien gekauft. Dann hatte er kein Geld mehr. Und dann wurde ihm fast die gesamte Steuer von 500 Millionen Euro erlassen. Es ist eine Sauerei, und das muss endlich aufhören.
(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Herr Merz hat davon gesprochen, dass wir in der Gesellschaft, in der Gemeinschaft zusammenhalten müssen. Ja, das müssen wir. In einer Gemeinschaft müssen die, die mehr haben, auch eine größere Last tragen, und es geht nicht, dass die Obersten immer von den Steuern ausgenommen werden, wenn wir hier alle unsere Steuern zahlen. Wie wollen Sie das bitte einer alten Dame erklären, die mit ihrer Rente kaum über die Runden kommt, dass sie keine 3 Milliarden Euro Steuern geschenkt bekommt? Sie kriegt ja nicht mal 3 000 Euro Steuern geschenkt.
Wieso müssen wir all den Leuten, die jeden Morgen um 5 Uhr aufstehen, die sich den ganzen Tag krummlegen, die nicht über die Runden kommen, erklären: Ja, die da oben zahlen keine Steuern, aber du zahlst Steuern. Wenn du einkaufen gehst, zahlst du Mehrwertsteuer, und du zahlst deine Lohnsteuer, du zahlst deine Kfz-Steuer. – Das alles ist eine Riesensauerei.
(Beifall bei der Linken)
Herr Merz hat gerade etwas Richtiges und Wichtiges gesagt – ich zitiere –: „Wer arbeitet […], darf nicht den Eindruck haben, dass er den Missbrauch des Systems finanziert, […].“ Der Missbrauch findet da oben statt, und ich finde, dieser Missbrauch muss endlich aufhören.
(Beifall bei der Linken)
Herr Miersch von der SPD, das war eben schon sehr peinlich. Sie haben gesagt: Na ja, dieses Jahr gibt es ja vielleicht noch ein Verfassungsgerichtsurteil dazu. – Menschenskinder, Sie von der SPD regieren doch! Sie brauchen kein Verfassungsgerichtsurteil. Sie als SPD und Sie als CDU/CSU können das sofort verändern.
Meine Frage an Sie lautet: Sitzen Sie eigentlich nur auf der Regierungsbank, Herr Klingbeil, oder regieren Sie auch mit? Wenn Sie wirklich mitregieren, dann erwarte ich, dass die Verschonungsbedarfsprüfung, dass die miesen Steuertricks für Superreiche noch in diesem Jahr abgeschafft werden. Das können Sie morgen machen. Unsere Stimmen haben Sie. Selbst der Herr Spahn hat schon gesagt, dass es da Ungerechtigkeiten gibt.
(Jens Spahn [CDU/CSU]: Nee, nee, nee, das hat er nicht gesagt!)
Der Herr Linnemann hat gesagt, dass es da Ungerechtigkeiten gibt. Die können Sie jetzt endlich abschaffen.
Ich habe ja verstanden, dass die CDU sagt: keine Steuererhöhung. Es geht aber nicht um Steuererhöhung, sondern um miese Steuertricks. Steuern, die wir alle zahlen, Steuern, die der Herr Klingbeil zahlt, wenn er 25 Millionen Euro geschenkt bekommt – die müssen die Superreichen nicht bezahlen. Und diese Steuertricks abzuschaffen, das ist der richtige Weg.
(Beifall bei der Linken)
Und es ist ja nicht der einzige Steuertrick. Wenn Sie zum Beispiel viel Geld haben, können Sie das in eine Familienstiftung packen. Das ist dann steuerbefreit. Der Schaden für unser Land: 10 Milliarden Euro im Jahr. Wenn Sie Immobilien nach zehn Jahren verkaufen: Den gesamten Gewinn kriegen Sie steuerfrei. Schaden für unser Land: 6 Milliarden Euro im Jahr. Das alles sind miese Steuerschlupflöcher, die Sie alle hier schließen können, ohne eine einzige Steuer zu erhöhen. Insgesamt gehen uns durch solche miesen Steuertricks für die unanständig Superreichen 80 Milliarden Euro im Jahr flöten. Wenn Sie Probleme mit Ihrem Haushalt haben, dann machen Sie doch endlich Schluss mit diesen Steuertricks.
Wir müssen alle Steuerschlupflöcher schließen.
Dann haben Sie einen ausgeglichenen Haushalt, ohne eine einzige Steuer zu erhöhen. Und danach, Herr Spahn, reden wir über die Vermögensteuer. Das sind noch einmal 108 Milliarden Euro für uns.
(Beifall bei der Linken)