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Steuersenkungen für die Mehrheit: Fehlanzeige!

Rede von Christian Görke,

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Neun Monate vorläufige Haushaltsführung ohne dringend notwendige zusätzliche Investitionen in die größte Volkswirtschaft Europas: Ich frage mich, was hier eigentlich so lange gedauert hat; denn Ihr Haushalt, Herr Haase, ist lediglich der dritte Aufguss des Ampelhaushaltes.

Und nun mal ehrlich, Herr Klingbeil: Welche Projekte sollen denn in den nächsten drei Monaten noch bis Weihnachten gestartet, geschweige denn umgesetzt werden?

(Mechthilde Wittmann [CDU/CSU]: Die meisten laufen schon!)

Hören Sie auf, meine Damen und Herren von der Koalition, die Leute da draußen für dumm zu verkaufen; denn jeder sieht doch, dass es an allen Ecken und Enden in diesem Land brennt: 3 Millionen Arbeitslose, Tendenz steigend; die Anzahl der Kinder, die in Armut aufwachsen, auf dem Höchststand; jeder zweite Deutsche hat keine Ersparnisse mehr, um mal eine kaputte Waschmaschine oder den Kühlschrank zu ersetzen.

Ihre Reden, meine Damen und Herren von Black-Rot, strotzen wirklich vor Realitätsverlust. Herr Haase, wir haben eine handfeste Nachfrage- und Konsumkrise. Warum? Weil die Leute zu wenig Geld ausgeben. Warum? Weil sie zu wenig Geld haben. Hier, meine Damen und Herren, bringt Ihr Haushalt kaum Verbesserungen für die breite Bevölkerung in diesem Land.

(Beifall bei der Linken)

Ich sage es noch mal: Stromsteuersenkung für alle – nicht in diesem Haushalt, Einkommensteuersenkung für kleine und mittlere Einkommen – nicht in diesem Haushalt, Umsatzsteuersenkung für Lebensmittel – nicht in diesem Haushalt. Und obwohl wieder mal die breite Bevölkerung, wie gesagt, leer ausgeht, sieht das bei einigen anderen in unserem Land ganz anders aus: 3 900 Superreiche, die übrigens 30 Prozent des gesamten Vermögens in Deutschland besitzen, sind wieder reicher geworden. Das sind nicht meine Zahlen, sondern die von der Boston Consulting Group von letzter Woche. Sie vermeldet, dass das Vermögen der Superreichen um 16 Prozent gestiegen ist. Das ist doch wohl irre. Das ist doch ein Skandal, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der Linken)

Und dieses Vermögen, Herr Bundesfinanzminister, wird nach wie vor mit Steuerspartricks hin und her geschoben und als Krönung unbesteuert vererbt. Für kleine Erbschaften wie Omas kleines Häuschen dagegen – da nehmen wir mal den Freibetrag raus – fielen im letzten Jahr zwischen 12 und 15 Prozent an. Die Erben von Multimillionärsvermögen sind dank immer noch geltender Privilegien fast für lau rausgegangen, haben also fast nichts gezahlt.

Insofern freuen wir uns natürlich über die Selbsterkenntnis des Fraktionschefs der Union, Herrn Spahn, der jetzt gesagt hat: Wer schon hatte, hat immer mehr. Aber, Herr Spahn – vielleicht hören Sie auch mal zu –, was heißt das jetzt? Wir haben wahrscheinlich kein Erkenntnisproblem, sondern eher ein Umsetzungsproblem. Ich weiß nicht, meine Damen und Herren, wie lange wir uns angesichts dieser desaströsten Lage in unseren Haushalten solch ein leistungsloses Vererben noch leisten können.

Ich will es noch einmal auf den Punkt bringen: 172 Milliarden Euro fehlen ab 2027 im Haushalt – eine in der Geschichte dieser Bundesrepublik einzigartige Größe. Das sogenannte Sondervermögen wird 2037 kompensiert durch die Unternehmensgeschenke, die Sie ausgereicht haben. Das bedeutet 100 Milliarden Euro Steuermindereinnahmen in den Ländern. Deshalb heißt das für uns und hoffentlich auch für Sie, meine Damen und Herren von der Koalition: Ran an diese bizarren Vermögen, ran an die großen Erbschaften! Unsere Vorschläge liegen auf dem Tisch. Herr Klingbeil – letzter Satz, Frau Präsidentin –, machen Sie jetzt den Rücken gerade in der Verteilungsfrage, nicht in Interviews, sondern einfach mal im Kabinett!

(Dr. Klaus Wiener [CDU/CSU]: Einfach mal machen!)

Unsere Unterstützung hätten Sie.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linken)