Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Menschen sollen, wenn es nach der AfD geht, abgeschoben werden in ein Land, in dem erst vor wenigen Monaten noch Hunderte Zivilisten massakriert wurden, in dem Minderheiten verfolgt und ausgegrenzt werden, in dem ein Mann regiert, der bis vor Kurzem im Tarnanzug und mit einer Kalaschnikow herumlief und dessen Vergangenheit in einer islamistischen Terrororganisation liegt. Und nicht nur ich sage das; das sagt auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages, der bestätigte, dass die derzeitige syrische Armee regelmäßig in Massaker involviert ist.
Die AfD will Familien, Kinder, Menschen mit Behinderung und Traumata dorthin schicken, in ein Land, dessen Infrastruktur in weiten Teilen zerstört ist,
(Dr. Christian Wirth [AfD]: Infrastruktur ist kein Asylgrund!)
in dem es kaum Schulen, kaum Krankenhäuser, teils keine Stromversorgung und kein sauberes Trinkwasser gibt. Solche Pläne sind menschenverachtend und mit menschenrechtlichen Grundsätzen nicht in Einklang zu bringen.
(Beifall bei Abgeordneten der Linken)
Um es noch mal deutlich zu sagen: Syrien ist nicht sicher.
(Beifall bei der Linken sowie der Abg. Rasha Nasr [SPD] und Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Dr. Christian Wirth [AfD]: Kreuzberg auch nicht! – Heiterkeit des Abg. Martin Hess [AfD])
Der Innenminister Herr Dobrindt und die AfD wollen dennoch mit den neuen syrischen Machthabern kooperieren, um Abschiebungen zu ermöglichen. Genauso werden Gespräche mit den Taliban in Afghanistan geführt; ein Terrorregime wird damit faktisch als Regierung anerkannt.
Gestern erst kam die Meldung, dass schon bald die Flagge der Taliban in Berlin wehen könnte. Dabei könnten Sie das ganz schnell beenden, Herr Dobrindt, indem Sie die diplomatischen Beziehungen zu den Taliban beenden.
(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Christian Wirth [AfD]: Was für ein Schwachsinn!)
Stattdessen sorgen AfD und Union gemeinsam dafür, dass Deutschland zum europäischen Kooperationspartner für Islamisten wird.
(Lachen bei Abgeordneten der AfD und des Abg. Johannes Volkmann [CDU/CSU])
Dass die AfD das will, verwundert mich nicht; denn AfD und Islamisten teilen mehr, als der AfD lieb sein dürfte:
(Dr. Christian Wirth [AfD]: Das sagt eine von der SED!)
ein autoritäres Weltbild, das keine Vielfalt erträgt,
(Maximilian Kneller [AfD]: Wir wollen kein Parteiverbot!)
ein Denken in Freund und Feind, das Menschen in „wir“ und „die anderen“ spaltet, und die Sehnsucht nach einer vermeintlich reinen, homogenen Gesellschaft. Rechtsextremismus und Islamismus leben von Angst und Ausgrenzung.
(Dr. Christian Wirth [AfD]: Und die Antifa?)
Sie sind das Gegenteil einer offenen, demokratischen Gesellschaft.
(Beifall bei der Linken sowie der Abg. Rasha Nasr [SPD])
Sie brauchen sich sogar gegenseitig, um den Hass in den jeweiligen Gesellschaften noch größer werden zu lassen. Deshalb geben sich Islamisten und AfD auch bereitwillig die Hand, wenn es opportun erscheint.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Sie reden wohl von der DDR! – Martin Hess [AfD]: Das ist doch lächerlich! Die Islamisten kooperieren doch mit Ihrer Gruppe! Was erzählen Sie denn hier für einen Müll? – Weitere Zurufe von der AfD)
– Ja, getroffene Hunde bellen offensichtlich, Herr Hess.
(Martin Hess [AfD]: Nee! Eben nicht! Aber wer so lügt, der braucht auch Widerspruch!)
Sie machen bereitwillig gemeinsame Sache mit den Islamisten.
(Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Treffer, versenkt! – Dr. Christian Wirth [AfD]: Sie reden von der Antifa! Wer marschiert denn mit Islamisten auf der Straße?)
In ihrem Antrag träumt die AfD mal wieder von einem weißen Europa und von Abschottung,
(Martin Hess [AfD]: Was reden Sie da für einen Irrsinn?)
Maßnahmen, die keine Probleme lösen, Grundrechte verletzen und das Leben der Menschen hier nicht verbessern.
(Martin Hess [AfD]: Also, Ihre Realitätsverzerrung, die grenzt ans Pathologische! Das will ich Ihnen mal ganz deutlich sagen!)
Ihre Ideen sind national-völkisch und menschenfeindlich,
(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Luise Amtsberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
und das haben wir auch in Ihrem Antrag lesen dürfen.
Wörtlich fordern Sie, die Einbürgerung von Syrern mit Flüchtlings- und subsidiärem Schutzstatus umgehend zu stoppen.
(Dr. Christian Wirth [AfD]: Natürlich! Das ist Gesetzeslage!)
Das ist nichts anderes als die Logik der Entbürgerung: Menschen, die längst hier leben, die Teil dieser Gesellschaft sind, sollen nie dazugehören dürfen. Ich bin stolz, dass mindestens drei Personen mit syrischen Wurzeln in diesem Parlament sind!
(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Sie sprechen ihnen das Recht ab, hier ein Zuhause zu haben, hier zu Hause zu sein. Das ist verfassungswidrig; das ist rassistisch, und das ist brandgefährlich.
(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Weitere Zurufe von der AfD)
Die meisten Menschen, die in Deutschland Schutz gesucht haben, sind längst Teil dieser Gesellschaft geworden. Nehmen wir doch mal Thüringen. Dort stammt ein Viertel der Krankenhausärztinnen und -ärzte aus dem Ausland. Die größte Gruppe darunter: Menschen aus Syrien.
(Zuruf des Abg. Dr. Gottfried Curio [AfD])
Wollen Sie wirklich das Gesundheitssystem gefährden, nur um Ihre rechte Propaganda zu bedienen?
(Beifall bei Abgeordneten der Linken – Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben doch jetzt schon alle syrische Ärzte! – Zurufe von der AfD)
64 Prozent der Geflüchteten, die 2015 und 2016 hierhergekommen sind – jetzt hören Sie gut zu! Ihnen tut nämlich die Wahrheit ganz schön weh –,
(Lachen bei Abgeordneten der AfD)
arbeiten, bei den Männern sind es 76 Prozent, mehr als im Bundesdurchschnitt, und die Tendenz ist steigend.
(Beifall bei der Linken – Martin Hess [AfD]: Das ist doch auch wieder ein absolutes Märchen!)
Fast 300 000 Menschen wurden allein letztes Jahr eingebürgert; die meisten von ihnen kamen aus Syrien. Das sind Erfolge, über die viel zu wenig gesprochen wird, weil es eben keine Story ist, wenn etwas funktioniert, vor allen Dingen nicht für die AfD; denn sie will nicht, dass in diesem Land Dinge funktionieren.
(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die Wahrheit ist: Viele dieser Erfolge haben die Menschen nicht wegen, sondern trotz der Politik in Deutschland erreicht, trotz des Rassismus, trotz der Angriffe, trotz der Ablehnung, trotz der Tatsache, dass die Union jahrzehntelang Integration blockiert hat.
(Beifall des Abg. Ferat Koçak [Die Linke])
Die Bundesregierung hat bereits alle legalen Aufnahmewege weitgehend geschlossen: Bundesaufnahmeprogramme, Familiennachzug, humanitäre Programme. Die Fluchtwege, die Menschen überhaupt eine Chance auf Sicherheit gaben, sind zu großen Teilen dicht. Und Sie fordern noch härtere Maßnahmen, noch weniger Schutz, noch mehr Menschen auf unsicheren Fluchtwegen.
(Dr. Christian Wirth [AfD]: Vor 35 Jahren haben Sie auf Flüchtlinge noch geschossen!)
Ich kann es Ihnen nicht oft genug sagen: Abschiebung und Ausgrenzung helfen den Menschen in Deutschland nicht.
(Zuruf des Abg. Maximilian Kneller [AfD)
Es geht niemandem besser, weil Geflüchtete diskriminiert werden. Unsere Mieten werden davon nicht bezahlbarer. Die Lebensmittelpreise steigen weiter. Krankenhäuser und Kitas bleiben chronisch unterfinanziert. Die Deutsche Bahn kommt nicht plötzlich pünktlich, weil ein paar Menschen abgeschoben werden. Es braucht politische Lösungen, damit alle Menschen in Deutschland ein gutes Leben führen können.
(Beifall bei der Linken – Sven Wendorf [AfD]: Ihre Fantasien sind schon in der DDR gescheitert!)
Damit das noch einmal deutlich wird, wofür ich mit meiner Fraktion hier stehe: Schutz statt Hetze, Ursachen bekämpfen statt Menschen, Solidarität statt Abschottung! Und solange nicht klar ist, wie es in Syrien weitergeht, haben Geflüchtete aus Syrien ein Anrecht auf Schutz.
Vielen Dank.
(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])