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Vergesellschaftung der Stahlindustrie statt Aussterben ganzer Regionen

von Mirze Edis,

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das „Handelsblatt“ schreibt heute – Sie wissen, das „Handelsblatt“ ist nicht unbedingt eine linke Zeitung; ich zitiere –:

"„Hilferuf der Industrie"

"[…] 94 Prozent der energieintensiven Firmen, etwa aus der Chemie- oder Stahlindustrie, fürchten, dass es in ihrer Branche eine Abwanderung aus Deutschland geben wird.“"

94 Prozent!

Meine Damen und Herren, es freut mich ja sehr, dass jetzt plötzlich alle über die Rettung der Stahl- und Autoindustrie reden. Ich bin Betriebsrat; ich rede oft mit meinen Kolleginnen und Kollegen. Sebastian zum Beispiel, mein Kollege, ruft mich einmal die Woche an und fragt: Hast du Neuigkeiten? Haben wir eine Zukunft? Kann ich mein Haus noch abbezahlen? Ich habe drei Kinder. Oder muss ich weg? Soll ich mich woanders bewerben? Das sind die Fragen, die mir meine Kolleginnen und Kollegen stellen. Ich sage: Schluss mit den Lippenbekenntnissen!

(Beifall bei der Linken)

Unsere Kolleginnen und Kollegen brauchen Hilfe; sie brauchen eine Zukunft für sich und für ihre Familien.

(Beifall bei der Linken)

Wenn wir nicht sofort handeln, werden ganze Regionen aussterben. Das spielt nur den Faschisten, den Populisten, den Hetzern in die Hände, die sich von schlechten Nachrichten und dem Leid der Menschen hier ernähren.

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Grüne, der Antrag von euch klingt wirklich auf den ersten Blick gut. Aber am Ende hilft er der Stahlindustrie nicht: ein bisschen mehr Wettbewerb, ein paar mehr Förderprogramme, ein paar europäische Instrumente, und das war’s. Die Grünen halten an dem Prinzip des privaten Profits fest. Sie hoffen, dass der Markt die ökologische Transformation für uns schon irgendwie erledigen wird.

(Felix Banaszak [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ertappt!)

Das ist keine Industriepolitik; das ist Wunschdenken. Aber das reicht halt leider nicht, um unsere Arbeitsplätze zu schützen und zu retten.

(Beifall bei der Linken – Lachen des Abg. Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Meine Damen und Herren, wir als Die Linke sagen klar: Wo Unternehmen öffentliche Gelder erhalten, da erhält diese Öffentlichkeit eben auch Mitspracherecht. Und ja, ich weiß, was jetzt kommt: Die Union und die AfD werden gleich wieder aufheulen, mit der Sozialismuskeule kommen und rumschreien: Ach, da kommen ja wieder die Kommunisten. Aber wissen Sie was? Ich wusste gar nicht, dass Karl Marx und Friedrich Engels Väter unseres Grundgesetzes sind; denn Artikel 15 des Grundgesetzes sagt klipp und klar: „[…] Produktionsmittel können […] in Gemeineigentum […] überführt werden.“ Das heißt geplante Produktion für die Menschen, nicht für den Profit. Das ist Grundgesetz, und das soll so bleiben.

(Beifall bei der Linken – Georg Schroeter [AfD]: Das hatten wir doch alles schon! Das brauchen wir nicht mehr! – Zuruf des Abg. Leif-Erik Holm [AfD])

Genau das brauchen wir jetzt, meine Damen und Herren: eine demokratische Vergesellschaftung der Stahlindustrie.

(Zurufe von der AfD)

Nur so sichern wir Arbeitsplätze und Tarifbindung und Mitbestimmung.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)

Ich habe noch zwei Seiten.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Linken)

Aber ich bin fertig.

Danke sehr.

(Beifall bei der Linken)