Zu den 16 Anträgen der Linksfraktion, Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgüternin die Länder des Nahen und Mittleren Ostens und Nordafrikas endgültig zu stoppen
Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Es ist eine Legende, dass deutsche Rüstungsexporte besonders scharf kontrolliert werden. Im Gegenteil: Man kann praktisch jede deutsche Waffe fast überall in die Welt liefern. Nur ein Beispiel: Im Jahr 2009 hat die Regierung Rüstungsexportgenehmigungen für 135 Länder weltweit erteilt, darunter für Kriegsgebiete, auch für Diktaturen, etwa im Nahen Osten und in Nordafrika.
Ein besonders schwerer Fall ist Saudi-Arabien. Die Bundesregierung selbst schreibt in ihrem Menschenrechtsbericht von schwersten Menschenrechtsverletzungen, von Folterungen, von Todesstrafen. Sie beschreibt in ihrem eigenen Menschenrechtsbericht, dass Frauen dort Menschenrechte vorenthalten werden, Dissidenten inhaftiert werden, Geständnisse erzwungen werden; außer der muslimischen dürfe keine andere Religion ausgeübt werden. Trotzdem hat Deutschland in den letzten zehn Jahren Rüstungsexporte im Wert von sage und schreibe 675 Millionen Euro nach Saudi-Arabien genehmigt. Das muss doch irgendwann einmal ein Ende haben.
(Beifall bei der LINKEN Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP): Nein!)
Das sind übrigens Waffen, mit denen die Saudis nicht nur ihr eigenes Volk unterdrücken; damit führen sie auch praktisch Krieg. Wir haben Fotos, die zeigen, wie saudische Soldaten mit deutschen G 36-Sturmgewehren vor zwei Jahren an der jemenitischen Grenze Krieg geführt haben. Selbst solche Vorfälle halten die Bundesregierung nicht davon ab, eine Waffenfabrik in Saudi-Arabien aufzubauen. Das muss man sich vorstellen: Dort wird eine Fabrik zur Produktion des deutschen G 36-Sturmgewehrs aufgebaut. Diese Fabrik wird über Jahrzehnte Waffen produzieren, und diese Waffen werden über Jahrzehnte eingesetzt werden. Noch in 100 Jahren werden überall auf der Welt Menschen mit deutsch-saudischen G 36 Gewehren erschossen werden, weil Sie jetzt eine falsche Entscheidung getroffen haben. Die sollten Sie sofort zurücknehmen.
(Beifall bei der LINKEN Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP): Das haben Sie alles schon mal erzählt!)
Jetzt wird es ganz pikant das hat uns die Bundesregierung diese Woche schriftlich gegeben : Der deutsche Rüstungskonzern EADS wollte einen Milliardendeal mit den Saudis machen. Die Saudis haben zur Bedingung gemacht: Dann müssen aber saudische Grenzpolizisten durch deutsche Polizisten ausgebildet werden. Und Sie tun das! Sie schicken über 70 deutsche Polizisten nach Saudi-Arabien, damit EADS einen Rüstungsdeal machen kann.
(Zuruf von der FDP)
Die Reisekosten der deutschen Polizisten werden von EADS bezahlt, ihr Gehalt vom deutschen Steuerzahler. Sie finanzieren mit deutschen Steuergeldern einen riesigen Rüstungsdeal von EADS, und zwar mit einem Land, von dem Sie selber sagen, dass es große Menschenrechtsverletzungen begeht. Diesen Deal müssen Sie sofort aufkündigen!
(Beifall bei der LINKEN Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP): Auf keinen Fall!)
Saudi Arabien ist aber nur ein Beispiel. Das Gleiche gilt für viele andere Länder in dieser Region. Die Linke hat jetzt 16 Anträge eingebracht, damit der Rüstungsexport in 16 Länder des Nahen und Mittleren Ostens und Nordafrikas verboten wird. Wir wollen, dass über alle 16 Anträge namentlich abgestimmt wird; denn ich finde, Sie sollten auch ganz persönlich eine Entscheidung treffen, ob in Zukunft noch Waffen nach Saudi-Arabien oder an andere Diktatoren geliefert werden oder nicht, und dann die Verantwortung dafür übernehmen.
Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Deutschland gar keine Waffen mehr exportieren sollte. Ich weiß, dass wir darüber nicht so schnell einig werden. Aber Sie können hier einen kleinen Anfang machen. Sie können nun entscheiden, dass an einzelne Diktatoren keine Waffen mehr geliefert werden.
(Beifall bei der LINKEN)
Da möchte ich die Damen und Herren der FDP direkt ansprechen. Es ist doch ein geradezu liberales Prinzip, die individuelle Freiheit hochzuhalten. Wie können Sie verantworten, dass diese Freiheit in Saudi-Arabien mit deutschen Waffen niedergehalten wird? Meine Damen und Herren von CDU und CSU, ich verstehe bis heute nicht, wie Sie Waffenexporte mit Ihrem christlichen Glauben vereinbaren können. Nur zur Erinnerung: In Saudi-Arabien darf das Christentum nicht praktiziert werden.
In diesem Sinne hoffe ich, dass Sie sich jeden Antrag genau anschauen und zumindest bei dem einen oder anderen Land sagen werden: In diese Diktatur, in diese Kriegsregion darf keine deutsche Waffe mehr exportiert werden. Sie sollten nicht den gleichen Fehler wie bei Ägypten, Libyen und Tunesien machen. Überall dorthin haben Sie bis vor kurzem Waffen geliefert. Selbst Herr Kauder hat öffentlich gesagt: Das war ein Fehler. Machen Sie den Fehler nicht noch einmal! Stoppen Sie die Waffenexporte in die infrage stehenden 16 Länder!
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der LINKEN)