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Zu Protokoll gegebene Rede

Archiv Linksfraktion - Rede von Gesine Lötzsch,

Es gibt keinen Grund zum Feiern! Für Griechenland ist es günstig, sich Geld an den Kapitalmärkten zu leihen. Dort liegen die Renditen für zehnjährige Staatsanleihen mit 3,31 Prozent derzeit deutlich unter den 5 Prozent, die Griechenland jährlich für die beiden im Rahmen der Hilfsprogramme vergebenen IWF-Kredite zahlen muss.

Die vorfristige Rückzahlung eines IWF-Kredites durch Griechenland ist also kein Beleg, dass die Strategie von Merkel und Schäuble richtig war. Im Gegenteil, die Bundeskanzlerin und der damalige Finanzminister haben Griechenland eine Medizin verschrieben, die sie für Deutschland immer abgelehnt haben.

Jeder Ökonom weiß, dass eine Wirtschafts- und Finanzkrise nicht durch dramatische Lohn- und Sozialkürzungen gelöst werden kann.

Doch der Bundesregierung ging es nie um die Rettung Griechenlands, es ging ihnen immer nur um die Rettung deutscher Banken, die in Griechenland faule Kredite zu liegen hatten.

Griechenland wurde von der Bundesregierung an den europäischen Pranger gestellt. Sie hätten über ihre Verhältnisse gelebt, hieß es immer wieder aus Berlin.

Dabei war es die Finanzindustrie, die Griechenland zum Spielball gemacht hatte.

Die Europäische Union hätte Griechenland vor den Banken und Hedgefonds schützen müssen. Stattdessen haben Sie mit ihrer Politik den Ausverkauf Griechenlands betrieben.

Griechenlands Wirtschaft wurde mit brutalen Kürzungen noch tiefer in die Krise gestoßen. Die sozialen Folgen sind dramatisch. Ein Dutzend Rentenkürzungen gab es in acht Jahren. Löhne wurden auf das Niveau von 2003 gekürzt. Das Gesundheitssystem wurde zerstört.

34,8 Prozent der Menschen sind von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht. In der Euro-Zone sind es 22,1 Prozent. 300 000 junge, meist gut ausgebildete Menschen haben Griechenland verlassen.

Geblieben ist ein großer Schuldenberg. Betrug der Anteil der Schulden am Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2007 noch 103 Prozent, waren es 2018 bereits 182,5 Prozent. Die Hilfsprogramme waren mit der Forderung verbunden, durch Kürzungen im Staatshaushalt die Schuldenlast zu reduzieren. Das Gegenteil ist passiert. Der Sozialstaat wurde zerstört und die Schulden sind trotzdem gestiegen.

Die zerstörerische Kürzungs- und Privatisierungspolitik muss beendet werden. Griechenland braucht dringend Investitionen und Schutz vor Finanz-Heuschrecken.

Für die Bundesregierung waren die sogenannten Hilfsprogramme ein gewinnbringendes Geschäft: 2,9 Milliarden Euro an Zinsgewinnen wurden von Griechenland nach Deutschland gezahlt. Wir fordern, dass diese Zinsgewinne dem griechischen Volk zurückgezahlt werden.

Historiker werden möglicherweise die Auslieferung Griechenlands an die Finanzindustrie als den Anfang vom Ende der Europäischen Union beschreiben.

Die Linke ist überzeugt: Nur ein solidarisches Europa hat eine Zukunft.