Am vergangenen Montag hatten wir eine öffentliche Anhörung im Ausschuss für Arbeit und Soziales zu dem Gesetzentwurf. Die Sachverständigen äußerten sich zu dem Vorschlag, den Jo-Jo-Effekt bei den Rentenanpassungen künftig auszuschließen. In der Stellungnahme des Sozialverbandes Deutschland e. V. hieß es dazu: „Der Sozialverband Deutschland setzt sich grundsätzlich dafür ein, dass die Renten vollumfänglich den Löhnen folgen. Das heißt in erster Linie, dass hierzu die sogenannten Kürzungsfaktoren aus der Rentenanpassungsformel gestrichen werden müssten. Dies allein würde schon zu zukünftig höheren Anpassungen führen.“ Ja, der SoVD hat recht, und wir Linken schließen uns ohne Wenn und Aber seiner Forderung an.
Allein zwischen 2002 und 2019 blieben die Renten im Westen deshalb um 6,9 Prozentpunkte und im Osten um 2,8 Prozentpunkte hinter der Lohnentwicklung zurück. Leider geht es im vorliegenden Gesetzentwurf samt Änderungsantrag der Bundesregierung aber nicht um die beiden Kürzungsfaktoren aus der Rentenanpassungsformel, sprich den Riester- und den Nachhaltigkeitsfaktor, für deren Streichung sich Die Linke im Bundestag einsetzt, sondern um die im Großen und Ganzen sachgerechte Änderung des Lohnfaktors.
Um Verzerrungen durch regelmäßig wiederkehrende statistische Revisionen und damit einen Jo-Jo-Effekt oder einen Hüpfer bei den jährlichen Rentenanpassungen im Juli zu vermeiden, werden zukünftig nur die aktuell vorliegenden Bruttolöhne der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung herangezogen und dann noch mal mit den eigentlich entscheidenden beitragspflichtigen Bruttolöhnen korrigiert. Höhere Rentenanpassungen im einen Jahr, die im nächsten Jahr dann wieder einkassiert werden würden, will niemand. Sie würden das Vertrauen in die heute schon schwierig erklär- und vermittelbare Rentenanpassungsformel noch mehr beschädigen. Deshalb unterstützt Die Linke im Bundestag den Gesetzentwurf und auch die darin enthaltene Aufgabenübertragung an die Knappschaft-Bahn-See in Cottbus.
Der von uns berufene Sachverständige Professor Dr. Uwe Fachinger hat das getan, was man von einem Sachverständigen erwartet: Er hat genau nachgerechnet. Demnach führt der Basiseffekt einer geglätteten Rentenanpassung auf lange Sicht durchaus zu geringen Verlusten. Nach seiner Berechnung würden Renten zukünftig um 0,34 Prozentpunkte niedriger ausfallen können, also nur 99,66 Prozent erreicht werden können. Eine durchschnittliche Rente mit einem Zahlbetrag von 1 000 Euro würde dann nur noch 996,60 Euro betragen, also um 3,40 Euro im Monat und somit um 40,80 Euro im Jahr geringer ausfallen. Das ist als nicht beabsichtige Folge der Glättung sicherlich verkraftbar. Aber es sollte durchaus kommuniziert und damit in der Folgeabschätzung auch realistisch quantifiziert werden, wie hoch insgesamt die Einsparungen an Beitragsmitteln und Bundeszuschüssen ausfallen.
Das hatte auch der Kölner Professor Dr. Eckart Bomsdorf in seiner Stellungnahme eingefordert, und die DRV hat das, soweit ich das sehe, nicht in the long run beziffert. Ich schlage vor, bald eine Leistungsverbesserung einzuführen, beispielsweise die Abschläge bei den Erwerbsminderungsrenten abzuschaffen, vor allem im Bestand, oder eine wertgleiche Maßnahme einzuführen. Zudem möchte ich noch einmal daran erinnern, dass der DGB herausgearbeitet hat, dass reale Einbrüche wie eine massenhafte Ausweitung des Kurzarbeitergeldes in einer Krisenphase weiter zu starken Schwankungen führen könnten. Das sollte man dann auch ehrlich so kommunizieren.
Der DGB hatte sich auch für eine einheitliche Fortschreibung aller Rechengrößen ausgesprochen. Die Deutsche Rentenversicherung und weitere Sachverständige hatten darauf hingewiesen, dass eigentlich auch komplett auf den Umweg der Löhne nach der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung verzichtet werden könnte und man gleich ausschließlich auf die beitragspflichtigen Löhne zurückgreifen sollte, selbst wenn das mit einer zeitlichen Lücke verbunden wäre.
Wir haben also in der Anhörung viel gelernt. Das Ministerium sollte sich langfristig der Herausforderung stellen, die Rentenanpassungsformel grundsätzlich zu überarbeiten, im Sinne einer Vereinfachung, aber auch mit dem Ziel, dass die Renten endlich wieder eins zu eins den Löhnen folgen. So hatten es sich die Erfinder der lohnbezogenen Rente ausgedacht, und dafür steht Die Linke im Bundestag immer noch. Dadurch würden die Renten steigen. Das ist dringend notwendig. Alles in allem: Die Richtung stimmt, und darum stimmt Die Linke zu.