Als Maschinenbautechniker freut es mich, dass die Koalitionsabgeordneten im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung wenigstens wissen, dass Mobilität mehr ist als Elektroroller, E-Pkw, Ladestationen und Lufttaxis. Das unterscheidet Sie vom Verkehrsminister Scheuer.
Nun wollen Sie laut Antrag zu Verkehrsvermeidung forschen. Aber die notwendigen Maßnahmen zur Verkehrsvermeidung sind bekannt: Wir brauchen mehr öffentlichen Verkehr, Schiene statt Straße, regionale Kreisläufe und zum Beispiel ein Postauto, das 20 Pakete in einer Straße ausliefert, statt 20 Lieferdienstautos, die zusammen auch 20 Pakete in die Straße liefern.
Und dann haben Sie noch die Idee von Digitalisierung und Verkehr 4.0. Fahrzeuge sollen zukünftig mithilfe des 5G-Netzes autonom fahren. Das ist überlegenswert. Aber warum haben Sie Ihre Forschungsideen nicht mit Wirtschaftsminister Altmaier abgestimmt? Der hat gerade die 5G-Lizenzen versteigert, aber nur 98 Prozent der Haushalte müssen vom Funknetz erreicht werden. Dann fahren die autonomen Autos über Autobahnen und Bundesstraßen, kommen auf die Landstraße, und – zack – da geraten sie ins Funkloch: Das autonome Auto bleibt liegen. – So kann man Verkehrsvermeidung auch machen!
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, Sie wissen doch, dass deutsche Autokonzerne die Entwicklung von E-Autos verschlafen haben. Das Know-how für Lithium-Ionen-Batterien haben ostasiatische Firmen und Tesla. Ganz ohne Fördermittel des Bundes baut die chinesische Firma CATL für 1,3 Milliarden Euro eine Lithiumbatteriefabrik in meiner Heimat Thüringen. Dort werden zukünftig für BMW Batterien produziert. Diese Woche wurde bekannt, dass Tesla ein Fahrzeugwerk mit Batteriefertigung in Brandenburg bauen wird.
Wie steht Deutschland bei der Entwicklung von Lithiumbatterien im weltweiten Vergleich da? Die chinesische Firma Sunwoda hat fünf Forschungszentren in Shenzhen, schon eines hat 17 000 Testplätze für Batterieforschung. Das größte deutsche Labor in Münster hat 1 500. Der chinesische Weltmarktführer für Lithiumfahrzeugbatterien BYD hat über 10 000 Wissenschaftlerinnen in Forschung und Entwicklung. In Münster sollen einige 100 Wissenschaftlerinnen den Rückstand aufholen. Das ist aussichtslos, fürchte ich.
Aber Deutschland hat noch die Forschungsführung bei polymerbasierten Redox-Flow-Batterien. Redox-Flow-Batterien speichern Strom in einer Flüssigkeit. Stellen Sie sich vor: Sie fahren an die Tankstelle, die entladene Flüssigkeit wird abgesaugt, die geladene Flüssigkeit getankt. Sie tanken wie heute, bezahlen und weiter geht’s – elektrisch. Das wäre innovative E-Mobilität.
Thüringen und die EU haben diese Batterieentwicklung gefördert – vom Bundesforschungsministerium gab es keine Förderung. Als ich nachfragte, warum nicht, kam die Begründung: Die Bundesregierung fördert lieber Lithiumbatterien. – Kollegen und Kolleginnen der Union, das ist Inkompetenz in Wirtschaftsfragen. Für Nutzfahrzeuge, Züge, Landmaschinen und Busse sind Batteriesysteme ungeeignet. Batterien sind zu schwer. Brennstoffzellen für Wasserstoff sind eine Lösung.
Die Linke fordert, Forschungen zu effizienter Wasserstoffproduktion, zu Wasserstoffspeicherung unter Nutzung von fluktuierendem, erneuerbarem Strom massiv voranzutreiben. Aber das eigentliche Problem für den Einsatz von Brennstoffzellen sind fehlende Wasserstoffinfrastrukturen.
Der Stromnetzbetreiber MITNETZ startet in Sachsen-Anhalt im Chemiepark Bitterfeld-Wolfen mit dem Forschungsprojekt „HYPOS: H2-Netz“ die Erprobung einer solchen Wasserstoffinfrastruktur, und auch hier könnten massive Bundeszuschüsse effizient helfen. Der Industriestandort, der weltweit als Erstes eine flächendeckende Wasserstoffinfrastruktur installiert hat, ist ganz vorn dabei. Und ganz nebenbei könnten mit dieser Wasserstoffinfrastruktur die CO2-Emissionen für Mobilität gegen null gehen.
Kolleginnen und Kollegen der Koalition: Lenken wir die Forschungsförderung für Mobilität gemeinsam um. Kopieren Sie einfach unsere Vorschläge.