Es ist unbestritten, dass der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge VDK mit dem Erhalt und der Pflege der Kriegsgräberstätten sowie der individuellen Schicksalsklärung insbesondere der Millionen sowjetischen Kriegsgefangenen in den vergangenen Jahren eine verdienstvolle und wichtige Arbeit leistet. Auch dem Satz im Antrag der Koalition, dass es wichtig sei, „in Deutschland und Europa gemeinsam der Opfer von Krieg und gewaltsamen Konflikten zu gedenken, gemeinsam zu lernen, zu verstehen und sich über Grenzen hinweg zusammen für eine friedliche Zukunft zu engagieren“, kann ich zustimmen. Es hat allerdings schon ein Geschmäckle, wenn die Koalition kurz vor den anstehenden Haushaltsberatungen per Antrag eine Erhöhung der Finanzierung des VDK quasi absegnet. Zumindest zeugt es von einer erfolgreichen Lobbyarbeit des VDK und einer entsprechenden Priorisierung aufseiten von Union und SPD. Das sollte mich aber nicht weiter stören, wenn dies nicht zulasten anderer Haushaltstitel führen würde. Das werden wir uns deshalb in Kürze genauer anschauen.
Womit wir aber ein Problem haben, ist die im Beschlussteil des Antrags erzählte, allzu glatte und lückenhafte Erfolgsgeschichte des VDK. Denn nicht erwähnt wird, was die Bundesregierung 2019 in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linken berichtete. Demnach gehören „rund 10 Prozent der geschätzt knapp 2 Millionen auf deutschen Kriegsgräberstätten ruhenden Toten des Zweiten Weltkriegs Verbänden der SS“ an. Eine entsprechende Auswertung bei den im Ausland gelegenen Kriegsgräbern gebe es nicht, weil der Volksbund nicht über die notwendigen Datensätze verfüge.
Ich finde es ehrlich gesagt unerträglich, dass mit öffentlichen Geldern Gräber von Personen gepflegt werden, die als KZ-Kommandanten oder Militärangehörige an schlimmsten Verbrechen der NS-Zeit beteiligt waren. Das ist zynisch und kommt einer Verhöhnung der Opfer der Naziherrschaft gleich. Deshalb erwarte ich, dass sich die Koalition im Zuge der parlamentarischen Befassung auch daran macht, endlich das Gräbergesetz zu ändern, damit NS-Massenmörder nicht länger als „Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft“ gelten und ihre Gräber mit Steuergeldern erhalten werden.
Aus historischen Gründen ist die Bundesregierung in der Pflicht, genau hinzuschauen, wessen Grab mit Bundesmitteln erhalten wird. Da die Kriegsgräberlisten auch im Bundesarchiv gesammelt werden, müsste sie hierzu auch in der Lage sein. Für die Bereitstellung zusätzlicher Mittel für diese überfällige Aufarbeitung hätten sie uns sofort mit im Boot.