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Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung:– des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung von Stromsteuerbefreiungen sowie zur Änderung energiesteuerrechtlicher Vorschriften– des Antrags der Abgeordneten Sandra Weeser, Michael Theurer, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Stromsteuer senken – Bürger entlasten(Tagesordnungspunkt 16 und Zusatztagesordnungspunkt 9)

Archiv Linksfraktion - Rede von Jörg Cezanne,

Es ist natürlich äußerst wünschenswert, dass Unternehmen moderne und umweltfreundliche Energieerzeugung unterstützen und selbst realisieren. Aber hier entsteht auch ein Problem: Durch die vielfältigen Befreiungen von Umlagen und Abgaben für Verbraucher selbst erzeugten Stroms gerät der gesellschaftliche Finanzierungsmechanismus für die Energiewende unter Druck.

Wenn zum Beispiel ein größerer Gewerbebetrieb bislang Strom und Wärme vom örtlichen Stadtwerk bezogen hat, dann aber ein KWK-Kraftwerk zur Selbstversorgung errichtet, so profitiert er von diesen wegfallenden Umlagen und Abgaben. Gleiches gilt für einen Betrieb, der sich große und moderne PV-Anlagen aufs Dach setzt. Für diesen fällt nicht nur die Stromsteuer weg. Er braucht auch nur noch eine auf 40 Prozent ermäßigte EEG-Umlage zahlen. Die EEG-Umlage finanziert aber nicht nur neue Ökostromanlagen, sondern auch die Vergütungen für die seinerzeit noch sehr teuren älteren PV-Anlagen. Deren Betreiber erhalten ihre Vergütung schließlich 20 Jahre lang.

Es war eine Art Gesellschaftsvertrag, dass solche Energiewendekosten auf alle Stromverbraucher umgelegt werden, und zwar mit dem Fremdstrombezug als Bemessungsgrundlage. Ähnliches gilt für die Netzkosten, die ja real zu 90 Prozent Fixkosten sind. Wenn nun aber der Fremdstrombezug wegbricht – unter anderem durch die Flucht in die Eigenversorgung –, so bröckelt zunehmend die Finanzierungsgrundlage der Energiewende. Der Wegfall der Stromsteuer für den Eigenverbrauch kommt dann als eines der lukrativen Eigenstromprivilege noch obendrauf.

Wenn nun Unternehmen wegen der Vorteile aus dem Eigenverbrauch reihenweise in Eigenstrommodelle wechseln, so kann das vielleicht die Ausbauraten erhöhen. Gleichzeitig verabschieden sich die Unternehmen aber – ob gewollt oder nicht – aus der solidarischen Finanzierung der Energiewende.

Wir rutschen da in ein bislang ungelöstes Problem rein, welches durch Eigenstromspeicher künftig noch verschärft wird.

Aus unserer Sicht braucht dieser ganze Komplex darum eine grundsätzliche Lösung. Bei der kann dann vielleicht sogar die Stromsteuer komplett wegfallen zugunsten einer CO 2 -Abgabe. Zuvor wäre aber eben zu klären, wie man künftig insgesamt mit der Eigenstromproblematik und den einzelnen Kostenbestandteilen umgeht.

Abgesehen davon halten wir die Industrieprivilegien, die es ja auch noch gibt beim EEG, bei der Stromsteuer, bei den Netzentgelten, bei der KWK-Umlage und im Emissionshandel, verteilungspolitisch für ein noch größeres Problem. Aber die sind hier heute nicht das Thema.

Ich denke, wir sollten in der weiteren Beratung des Gesetzentwurfs versuchen, diese Probleme zu besprechen. In diesem Sinne bin ich auf eine konstruktive Beratung in den Ausschüssen sehr gespannt.