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Peter Sodann und Gregor Gysi im Gespräch © picture alliance/ASSOCIATED PRESS|Gero BreloerFoto: picture alliance/ASSOCIATED PRESS|Gero Breloer

»Ein Leben lang ein Kämpfer«

Im Wortlaut von Gregor Gysi, stern,

Schon in der DDR war er Schauspieldirektor, in der Bundesrepublik wurde er ein beliebter Tatort-Kommissar. Aber er engagierte sich auch politisch. Jetzt ist Peter Sodann mit 87 Jahren gestorben. Der frühere Linke-Bundestagsfraktionschef Gregor Gysi erinnert an ihn.

 

Was mir als erstes zu Peter Sodann einfällt, ist die Tatsache, dass er sein Leben lang ein Kämpfer war. Dies lag vielleicht auch daran, dass er wie viele andere Menschen in der DDR eine gebrochene Biografie besaß – wobei in seinem Fall der Bruch besonders drastisch war. Er gehörte als junger Mann der SED an und leitete in Leipzig das Studentenkabarett, als er plötzlich inhaftiert und wegen angeblich staatsgefährdender Hetze zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde. Und das alles nur wegen ein paar Witzen auf Kosten der Partei.

Zwar wurde später die Strafe verkürzt, er bekam dann auch gute Engagements und konnte sogar als Schauspieldirektor in Halle arbeiten. Aber die Erfahrung der Haftzeit, das erzählte er mir, hat ihn trotzdem geprägt.

Umso spannender war es für mich, dass er nach 1989 zu jenen gehörte, die für eine differenziertere Sicht auf die DDR standen. Er relativierte nicht SED-Herrschaft, Stasi und Mauertote, aber er reduzierte den Staat auch nicht darauf. Er kannte eben auch das Leben in der DDR. Und er hatte keine Berührungsängste mit meiner Partei, obwohl er damit seine Karriere als Tatort-Kommissar in der Bundesrepublik zumindest nicht förderte.

Ich bin Peter Sodann auch unglaublich dankbar, dass er 2009 sogar für die Linke als Bundespräsident kandidierte, obwohl er natürlich wusste, dass er keine Chance hatte. Er war nicht nur als Künstler bedeutend, sondern auch als Politiker

Was mich besonders an ihm berührte, war der Eifer, mit dem er sein Lebensprojekt, die Peter-Sodann-Bibliothek, aufbaute und pflegte. Darin sammelte er alle Bücher, die zwischen 1945 und 1990 in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR erschienen waren. Ich war mehrfach dort, zuletzt zu seinem 87. Geburtstag am 1. Juni im vorigen Jahr. Kürzlich rief er mich an, und lud mich wieder ein, der Termin am 1. Juni 2024 steht noch in meinem Kalender. Aber leider kam nun sein Tod dazwischen.

 

stern,